Der Götter, aus Erkenntlichkeit, so gar dafür versetzet worden. So weit sah man die Dankbarkeit für dieß so nützlichs Werkzeug geh'n, Das wir itzt, durch Gewohnheit blind, kaum würdigen recht anzuseh'n.
Nachdem ich dieses überdacht'; erhub ich mich, das Säen und Egen, Mit ebenmäßiger Betrachtung, zu sehen und zu über- legen. Da ich denn, mit vergnügten Blicken, des Sä'manns abgemeßnen Tritt Jn stets gerader Linie, und wie die Hand den festen Schritt, Ohn' allen Fehl, begleitete, das aus dem Sack gegriffne Korn Jn richt'ger Ebenmaasse streute, daß nicht zu wenig, nicht zu viel, Daß nicht zu dicht, und nicht zu weit, der scharf geworfn[e] Saame fiel. Oft füllet er von seinem Rücken das weisse Sä'tuch, das ihm vorn, Zum schnellen Griff, eröffnet hing. Mir schien das Säen leicht zu seyn, Und nicht so schwehr, als wie das Pflügen, und anders Ackerwerk; allein, Wie ich darüber mich befragte, ward mir ein anders bald belehret, Daß auch zu dieser Arbeit Kraft und viele Wissenschaf[t] gehöret.
Dem
Gedanken uͤber das Pfluͤgen und Saͤen.
Der Goͤtter, aus Erkenntlichkeit, ſo gar dafuͤr verſetzet worden. So weit ſah man die Dankbarkeit fuͤr dieß ſo nuͤtzlichs Werkzeug geh’n, Das wir itzt, durch Gewohnheit blind, kaum wuͤrdigen recht anzuſeh’n.
Nachdem ich dieſes uͤberdacht’; erhub ich mich, das Saͤen und Egen, Mit ebenmaͤßiger Betrachtung, zu ſehen und zu uͤber- legen. Da ich denn, mit vergnuͤgten Blicken, des Saͤ’manns abgemeßnen Tritt Jn ſtets gerader Linie, und wie die Hand den feſten Schritt, Ohn’ allen Fehl, begleitete, das aus dem Sack gegriffne Korn Jn richt’ger Ebenmaaſſe ſtreute, daß nicht zu wenig, nicht zu viel, Daß nicht zu dicht, und nicht zu weit, der ſcharf geworfn[e] Saame fiel. Oft fuͤllet er von ſeinem Ruͤcken das weiſſe Saͤ’tuch, das ihm vorn, Zum ſchnellen Griff, eroͤffnet hing. Mir ſchien das Saͤen leicht zu ſeyn, Und nicht ſo ſchwehr, als wie das Pfluͤgen, und anders Ackerwerk; allein, Wie ich daruͤber mich befragte, ward mir ein anders bald belehret, Daß auch zu dieſer Arbeit Kraft und viele Wiſſenſchaf[t] gehoͤret.
Dem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0514"n="496"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Gedanken uͤber das Pfluͤgen und Saͤen.</hi></fw><lb/><lgn="4"><l>Der Goͤtter, aus Erkenntlichkeit, ſo gar dafuͤr verſetzet</l><lb/><l><hirendition="#et">worden.</hi></l><lb/><l>So weit ſah man die Dankbarkeit fuͤr dieß ſo nuͤtzlichs</l><lb/><l><hirendition="#et">Werkzeug geh’n,</hi></l><lb/><l>Das wir itzt, durch Gewohnheit blind, kaum wuͤrdigen</l><lb/><l><hirendition="#et">recht anzuſeh’n.</hi></l></lg><lb/><lgn="5"><l>Nachdem ich dieſes uͤberdacht’; erhub ich mich, das</l><lb/><l><hirendition="#et">Saͤen und Egen,</hi></l><lb/><l>Mit ebenmaͤßiger Betrachtung, zu ſehen und zu uͤber-</l><lb/><l><hirendition="#et">legen.</hi></l><lb/><l>Da ich denn, mit vergnuͤgten Blicken, des Saͤ’manns</l><lb/><l><hirendition="#et">abgemeßnen Tritt</hi></l><lb/><l>Jn ſtets gerader Linie, und wie die Hand den feſten</l><lb/><l><hirendition="#et">Schritt,</hi></l><lb/><l>Ohn’ allen Fehl, begleitete, das aus dem Sack gegriffne</l><lb/><l><hirendition="#et">Korn</hi></l><lb/><l>Jn richt’ger Ebenmaaſſe ſtreute, daß nicht zu wenig, nicht</l><lb/><l><hirendition="#et">zu viel,</hi></l><lb/><l>Daß nicht zu dicht, und nicht zu weit, der ſcharf geworfn<supplied>e</supplied></l><lb/><l><hirendition="#et">Saame fiel.</hi></l><lb/><l>Oft fuͤllet er von ſeinem Ruͤcken das weiſſe Saͤ’tuch, das</l><lb/><l><hirendition="#et">ihm vorn,</hi></l><lb/><l>Zum ſchnellen Griff, eroͤffnet hing. Mir ſchien das</l><lb/><l><hirendition="#et">Saͤen leicht zu ſeyn,</hi></l><lb/><l>Und nicht ſo ſchwehr, als wie das Pfluͤgen, und anders</l><lb/><l><hirendition="#et">Ackerwerk; allein,</hi></l><lb/><l>Wie ich daruͤber mich befragte, ward mir ein anders bald</l><lb/><l><hirendition="#et">belehret,</hi></l><lb/><l>Daß auch zu dieſer Arbeit Kraft und viele Wiſſenſchaf<supplied>t</supplied></l><lb/><l><hirendition="#et">gehoͤret.</hi></l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Dem</fw><lb/></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[496/0514]
Gedanken uͤber das Pfluͤgen und Saͤen.
Der Goͤtter, aus Erkenntlichkeit, ſo gar dafuͤr verſetzet
worden.
So weit ſah man die Dankbarkeit fuͤr dieß ſo nuͤtzlichs
Werkzeug geh’n,
Das wir itzt, durch Gewohnheit blind, kaum wuͤrdigen
recht anzuſeh’n.
Nachdem ich dieſes uͤberdacht’; erhub ich mich, das
Saͤen und Egen,
Mit ebenmaͤßiger Betrachtung, zu ſehen und zu uͤber-
legen.
Da ich denn, mit vergnuͤgten Blicken, des Saͤ’manns
abgemeßnen Tritt
Jn ſtets gerader Linie, und wie die Hand den feſten
Schritt,
Ohn’ allen Fehl, begleitete, das aus dem Sack gegriffne
Korn
Jn richt’ger Ebenmaaſſe ſtreute, daß nicht zu wenig, nicht
zu viel,
Daß nicht zu dicht, und nicht zu weit, der ſcharf geworfne
Saame fiel.
Oft fuͤllet er von ſeinem Ruͤcken das weiſſe Saͤ’tuch, das
ihm vorn,
Zum ſchnellen Griff, eroͤffnet hing. Mir ſchien das
Saͤen leicht zu ſeyn,
Und nicht ſo ſchwehr, als wie das Pfluͤgen, und anders
Ackerwerk; allein,
Wie ich daruͤber mich befragte, ward mir ein anders bald
belehret,
Daß auch zu dieſer Arbeit Kraft und viele Wiſſenſchaft
gehoͤret.
Dem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/514>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.