Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Die schreckliche Gewalt
Von manchem Baum, der borst und brach,
Hört' man ein fürchterlich Gekrach.
Die Berge schrien, die Wälder heulten,
Die Wurzeln stiegen aus der Erden.
Hier welzten Häuser, dorten Heerden,
So wie die Fluhten sie ereilten.
Mit allgemeinem Klag-Geschrey
Sah man, von grossen Balken, Trümmer,
Da schwummen Dächer, halbe Zimmer,
Sie fuhren, wie ein Strahl, vorbey.
Hier schwung, mit weiß beschäumtem Grimm,
Ein strenger Strudel alles üm.
Die reife Saat ward unterdruckt,
Gemähte Garben weggespühlet,
Der Boden selbst ward aufgewühlet,
Die höchsten Ufer eingeschluckt.
Es füllt ein dunkler Wasser-Schwall
Die hohlen Tiefen überall,
Auch war von den erhabnen Höhen
Nicht eins die Stelle mehr zu sehen.
Feld, Aecker, Berg' und Thäler deckte
Ein' Ebne, die das Auge schreckte.
Jch sahe dieß erstaunet an,
Und dacht': Ein blosser Regen kann
Der Erden Fläche ganz verheeren,
Der Menschen Werk so schnell verstöhren,
Daß alles sinket, stürzet, bricht,
Und alles unterst oben kehren!
Mit welcher Ehrfurcht sollte nicht
Das
Die ſchreckliche Gewalt
Von manchem Baum, der borſt und brach,
Hoͤrt’ man ein fuͤrchterlich Gekrach.
Die Berge ſchrien, die Waͤlder heulten,
Die Wurzeln ſtiegen aus der Erden.
Hier welzten Haͤuſer, dorten Heerden,
So wie die Fluhten ſie ereilten.
Mit allgemeinem Klag-Geſchrey
Sah man, von groſſen Balken, Truͤmmer,
Da ſchwummen Daͤcher, halbe Zimmer,
Sie fuhren, wie ein Strahl, vorbey.
Hier ſchwung, mit weiß beſchaͤumtem Grimm,
Ein ſtrenger Strudel alles uͤm.
Die reife Saat ward unterdruckt,
Gemaͤhte Garben weggeſpuͤhlet,
Der Boden ſelbſt ward aufgewuͤhlet,
Die hoͤchſten Ufer eingeſchluckt.
Es fuͤllt ein dunkler Waſſer-Schwall
Die hohlen Tiefen uͤberall,
Auch war von den erhabnen Hoͤhen
Nicht eins die Stelle mehr zu ſehen.
Feld, Aecker, Berg’ und Thaͤler deckte
Ein’ Ebne, die das Auge ſchreckte.
Jch ſahe dieß erſtaunet an,
Und dacht’: Ein bloſſer Regen kann
Der Erden Flaͤche ganz verheeren,
Der Menſchen Werk ſo ſchnell verſtoͤhren,
Daß alles ſinket, ſtuͤrzet, bricht,
Und alles unterſt oben kehren!
Mit welcher Ehrfurcht ſollte nicht
Das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0518" n="500"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die &#x017F;chreckliche Gewalt</hi> </fw><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Von manchem Baum, der bor&#x017F;t und brach,</l><lb/>
                <l>Ho&#x0364;rt&#x2019; man ein fu&#x0364;rchterlich Gekrach.</l><lb/>
                <l>Die Berge &#x017F;chrien, die Wa&#x0364;lder heulten,</l><lb/>
                <l>Die Wurzeln &#x017F;tiegen aus der Erden.</l><lb/>
                <l>Hier welzten Ha&#x0364;u&#x017F;er, dorten Heerden,</l><lb/>
                <l>So wie die Fluhten &#x017F;ie ereilten.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="3">
                <l>Mit allgemeinem Klag-Ge&#x017F;chrey</l><lb/>
                <l>Sah man, von gro&#x017F;&#x017F;en Balken, Tru&#x0364;mmer,</l><lb/>
                <l>Da &#x017F;chwummen Da&#x0364;cher, halbe Zimmer,</l><lb/>
                <l>Sie fuhren, wie ein Strahl, vorbey.</l><lb/>
                <l>Hier &#x017F;chwung, mit weiß be&#x017F;cha&#x0364;umtem Grimm,</l><lb/>
                <l>Ein &#x017F;trenger Strudel alles u&#x0364;m.</l><lb/>
                <l>Die reife Saat ward unterdruckt,</l><lb/>
                <l>Gema&#x0364;hte Garben wegge&#x017F;pu&#x0364;hlet,</l><lb/>
                <l>Der Boden &#x017F;elb&#x017F;t ward aufgewu&#x0364;hlet,</l><lb/>
                <l>Die ho&#x0364;ch&#x017F;ten Ufer einge&#x017F;chluckt.</l><lb/>
                <l>Es fu&#x0364;llt ein dunkler Wa&#x017F;&#x017F;er-Schwall</l><lb/>
                <l>Die hohlen Tiefen u&#x0364;berall,</l><lb/>
                <l>Auch war von den erhabnen Ho&#x0364;hen</l><lb/>
                <l>Nicht eins die Stelle mehr zu &#x017F;ehen.</l><lb/>
                <l>Feld, Aecker, Berg&#x2019; und Tha&#x0364;ler deckte</l><lb/>
                <l>Ein&#x2019; Ebne, die das Auge &#x017F;chreckte.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="4">
                <l>Jch &#x017F;ahe dieß er&#x017F;taunet an,</l><lb/>
                <l>Und dacht&#x2019;: Ein blo&#x017F;&#x017F;er Regen kann</l><lb/>
                <l>Der Erden Fla&#x0364;che ganz verheeren,</l><lb/>
                <l>Der Men&#x017F;chen Werk &#x017F;o &#x017F;chnell ver&#x017F;to&#x0364;hren,</l><lb/>
                <l>Daß alles &#x017F;inket, &#x017F;tu&#x0364;rzet, bricht,</l><lb/>
                <l>Und alles unter&#x017F;t oben kehren!</l><lb/>
                <l>Mit welcher Ehrfurcht &#x017F;ollte nicht</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[500/0518] Die ſchreckliche Gewalt Von manchem Baum, der borſt und brach, Hoͤrt’ man ein fuͤrchterlich Gekrach. Die Berge ſchrien, die Waͤlder heulten, Die Wurzeln ſtiegen aus der Erden. Hier welzten Haͤuſer, dorten Heerden, So wie die Fluhten ſie ereilten. Mit allgemeinem Klag-Geſchrey Sah man, von groſſen Balken, Truͤmmer, Da ſchwummen Daͤcher, halbe Zimmer, Sie fuhren, wie ein Strahl, vorbey. Hier ſchwung, mit weiß beſchaͤumtem Grimm, Ein ſtrenger Strudel alles uͤm. Die reife Saat ward unterdruckt, Gemaͤhte Garben weggeſpuͤhlet, Der Boden ſelbſt ward aufgewuͤhlet, Die hoͤchſten Ufer eingeſchluckt. Es fuͤllt ein dunkler Waſſer-Schwall Die hohlen Tiefen uͤberall, Auch war von den erhabnen Hoͤhen Nicht eins die Stelle mehr zu ſehen. Feld, Aecker, Berg’ und Thaͤler deckte Ein’ Ebne, die das Auge ſchreckte. Jch ſahe dieß erſtaunet an, Und dacht’: Ein bloſſer Regen kann Der Erden Flaͤche ganz verheeren, Der Menſchen Werk ſo ſchnell verſtoͤhren, Daß alles ſinket, ſtuͤrzet, bricht, Und alles unterſt oben kehren! Mit welcher Ehrfurcht ſollte nicht Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/518
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/518>, abgerufen am 22.11.2024.