Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Beschreibung einer lieblichen
12 Am zwölften Januario war Erd' und Himmel aber-
mahl
Mit reiner Heiterkeit erfüllt, es funkelte der Sonnen
Strahl,
Es schienen die halb grünen Felder, in ihrem Schimmer,
fast vergüldet,
Man sah, im Spiegel-glatten Eise, den Sonnen-Cörper
selbst gebildet.
Und obgleich etwas mehr, als gestern, ein kühler Wind
aus Osten ging;
So hörte man doch, wie die Lerche schon lieblich anzu-
singen fing.
Es waren die enteisten Aecker nun auch nicht mehr von
Schnee bedecket,
Als den der sanfte Sonnen-Strahl schon aufgethaut
und aufgelecket.
Sie waren lucker, wie im Frühling. Jch ward, mit
Anmuht, hier und dar
Auf des gefrornen Wassers Fläche viel' kleine Prismata
gewahr,
Jndem auf den polierten Höhen das hell entwölkte Son-
nen-Licht
An ihren rein durchsichtgen Ecken, auf unterschiedne
Art, sich bricht,
Und viele bunte Farben zeugte. Und kurz: es war auch
dieser Tag
So lieblich, als, zu dieser Zeit, man ihn fast nie zu sehen
pflag.
13 Die Nacht gefror es ziemlich stark, den Morgen gleich-
falls; doch die Winde
Verblieben noch in ihrer Ruh, und war die Luft annoch
gelinde,
Des
Beſchreibung einer lieblichen
12 Am zwoͤlften Januario war Erd’ und Himmel aber-
mahl
Mit reiner Heiterkeit erfuͤllt, es funkelte der Sonnen
Strahl,
Es ſchienen die halb gruͤnen Felder, in ihrem Schimmer,
faſt verguͤldet,
Man ſah, im Spiegel-glatten Eiſe, den Sonnen-Coͤrper
ſelbſt gebildet.
Und obgleich etwas mehr, als geſtern, ein kuͤhler Wind
aus Oſten ging;
So hoͤrte man doch, wie die Lerche ſchon lieblich anzu-
ſingen fing.
Es waren die enteiſten Aecker nun auch nicht mehr von
Schnee bedecket,
Als den der ſanfte Sonnen-Strahl ſchon aufgethaut
und aufgelecket.
Sie waren lucker, wie im Fruͤhling. Jch ward, mit
Anmuht, hier und dar
Auf des gefrornen Waſſers Flaͤche viel’ kleine Prismata
gewahr,
Jndem auf den polierten Hoͤhen das hell entwoͤlkte Son-
nen-Licht
An ihren rein durchſichtgen Ecken, auf unterſchiedne
Art, ſich bricht,
Und viele bunte Farben zeugte. Und kurz: es war auch
dieſer Tag
So lieblich, als, zu dieſer Zeit, man ihn faſt nie zu ſehen
pflag.
13 Die Nacht gefror es ziemlich ſtark, den Morgen gleich-
falls; doch die Winde
Verblieben noch in ihrer Ruh, und war die Luft annoch
gelinde,
Des
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0564" n="546"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Be&#x017F;chreibung einer lieblichen</hi> </fw><lb/>
              <lg n="12">
                <l><note place="left">12</note> Am zwo&#x0364;lften Januario war Erd&#x2019; und Himmel aber-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">mahl</hi> </l><lb/>
                <l>Mit reiner Heiterkeit erfu&#x0364;llt, es funkelte der Sonnen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Strahl,</hi> </l><lb/>
                <l>Es &#x017F;chienen die halb gru&#x0364;nen Felder, in ihrem Schimmer,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">fa&#x017F;t vergu&#x0364;ldet,</hi> </l><lb/>
                <l>Man &#x017F;ah, im Spiegel-glatten Ei&#x017F;e, den Sonnen-Co&#x0364;rper</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;elb&#x017F;t gebildet.</hi> </l><lb/>
                <l>Und obgleich etwas mehr, als ge&#x017F;tern, ein ku&#x0364;hler Wind</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">aus O&#x017F;ten ging;</hi> </l><lb/>
                <l>So ho&#x0364;rte man doch, wie die Lerche &#x017F;chon lieblich anzu-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ingen fing.</hi> </l><lb/>
                <l>Es waren die entei&#x017F;ten Aecker nun auch nicht mehr von</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Schnee bedecket,</hi> </l><lb/>
                <l>Als den der &#x017F;anfte Sonnen-Strahl &#x017F;chon aufgethaut</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">und aufgelecket.</hi> </l><lb/>
                <l>Sie waren lucker, wie im Fru&#x0364;hling. Jch ward, mit</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Anmuht, hier und dar</hi> </l><lb/>
                <l>Auf des gefrornen Wa&#x017F;&#x017F;ers Fla&#x0364;che viel&#x2019; kleine Prismata</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">gewahr,</hi> </l><lb/>
                <l>Jndem auf den polierten Ho&#x0364;hen das hell entwo&#x0364;lkte Son-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">nen-Licht</hi> </l><lb/>
                <l>An ihren rein durch&#x017F;ichtgen Ecken, auf unter&#x017F;chiedne</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Art, &#x017F;ich bricht,</hi> </l><lb/>
                <l>Und viele bunte Farben zeugte. Und kurz: es war auch</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">die&#x017F;er Tag</hi> </l><lb/>
                <l>So lieblich, als, zu die&#x017F;er Zeit, man ihn fa&#x017F;t nie zu &#x017F;ehen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">pflag.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="13">
                <l><note place="left">13</note> Die Nacht gefror es ziemlich &#x017F;tark, den Morgen gleich-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">falls; doch die Winde</hi> </l><lb/>
                <l>Verblieben noch in ihrer Ruh, und war die Luft annoch</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">gelinde,</hi> </l><lb/>
                <fw place="bottom" type="catch">Des</fw><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[546/0564] Beſchreibung einer lieblichen Am zwoͤlften Januario war Erd’ und Himmel aber- mahl Mit reiner Heiterkeit erfuͤllt, es funkelte der Sonnen Strahl, Es ſchienen die halb gruͤnen Felder, in ihrem Schimmer, faſt verguͤldet, Man ſah, im Spiegel-glatten Eiſe, den Sonnen-Coͤrper ſelbſt gebildet. Und obgleich etwas mehr, als geſtern, ein kuͤhler Wind aus Oſten ging; So hoͤrte man doch, wie die Lerche ſchon lieblich anzu- ſingen fing. Es waren die enteiſten Aecker nun auch nicht mehr von Schnee bedecket, Als den der ſanfte Sonnen-Strahl ſchon aufgethaut und aufgelecket. Sie waren lucker, wie im Fruͤhling. Jch ward, mit Anmuht, hier und dar Auf des gefrornen Waſſers Flaͤche viel’ kleine Prismata gewahr, Jndem auf den polierten Hoͤhen das hell entwoͤlkte Son- nen-Licht An ihren rein durchſichtgen Ecken, auf unterſchiedne Art, ſich bricht, Und viele bunte Farben zeugte. Und kurz: es war auch dieſer Tag So lieblich, als, zu dieſer Zeit, man ihn faſt nie zu ſehen pflag. Die Nacht gefror es ziemlich ſtark, den Morgen gleich- falls; doch die Winde Verblieben noch in ihrer Ruh, und war die Luft annoch gelinde, Des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/564
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/564>, abgerufen am 16.06.2024.