Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

Winter-Witterung in Ritzebüttel.
Und endlich, daß sie von dem Frost allein geredt, die Deutung
machten,
Der für das Unkraut zu vertilgen, wie sie vermeynt, nicht
stark genug
Gewesen, und sie noch dazu gehindert hätt' ihr Land zu
düngen,
Und so, wie's gewöhnlich wäre, bequehmlich auf ihr Feld
zu bringen.
Es mogte dieß am mittlern Tage des Februars geredet
seyn,
So stellt in wenig Tagen drauf der so verlangte Frost sich
ein,
So daß man gleichsam sagen konnt', es richtete das Wetter
sich
Jn diesem Jahr nach unserm Wunsch, und zwar recht ausser-
ordentlich.
Acht Tage, welche diesen folgten, fror es beständig, bis
sich früh
Den fünf und zwanzigsten am Himmel ein Luft-Gesicht,
so ich noch nie
Gesehn, doch wohl davon gehört, ganz unvermuhtlich
sehen ließ,
Jndem die Sonne neben sich ganz deutlich noch zwo Sonnen
wies
Jn dem polierten Wolken-Spiegel. Es sahe dieses jeder-
mann,
Jndem es etwas seltenes, nebst mir, nicht ohn Bewundern,
an.
Verschiedne, so wie es der Brauch, begunten gleich zu pro-
phezeyen,
Und allerhand Bedeutungen von schlimmer Wittrung aus-
zustreuen,

Allein,
N n 4

Winter-Witterung in Ritzebuͤttel.
Und endlich, daß ſie von dem Froſt allein geredt, die Deutung
machten,
Der fuͤr das Unkraut zu vertilgen, wie ſie vermeynt, nicht
ſtark genug
Geweſen, und ſie noch dazu gehindert haͤtt’ ihr Land zu
duͤngen,
Und ſo, wie’s gewoͤhnlich waͤre, bequehmlich auf ihr Feld
zu bringen.
Es mogte dieß am mittlern Tage des Februars geredet
ſeyn,
So ſtellt in wenig Tagen drauf der ſo verlangte Froſt ſich
ein,
So daß man gleichſam ſagen konnt’, es richtete das Wetter
ſich
Jn dieſem Jahr nach unſerm Wunſch, und zwar recht auſſer-
ordentlich.
Acht Tage, welche dieſen folgten, fror es beſtaͤndig, bis
ſich fruͤh
Den fuͤnf und zwanzigſten am Himmel ein Luft-Geſicht,
ſo ich noch nie
Geſehn, doch wohl davon gehoͤrt, ganz unvermuhtlich
ſehen ließ,
Jndem die Sonne neben ſich ganz deutlich noch zwo Sonnen
wies
Jn dem polierten Wolken-Spiegel. Es ſahe dieſes jeder-
mann,
Jndem es etwas ſeltenes, nebſt mir, nicht ohn Bewundern,
an.
Verſchiedne, ſo wie es der Brauch, begunten gleich zu pro-
phezeyen,
Und allerhand Bedeutungen von ſchlimmer Wittrung aus-
zuſtreuen,

Allein,
N n 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="46">
                <pb facs="#f0585" n="567"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Winter-Witterung in Ritzebu&#x0364;ttel.</hi> </fw><lb/>
                <l>Und endlich, daß &#x017F;ie von dem Fro&#x017F;t allein geredt, die Deutung</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">machten,</hi> </l><lb/>
                <l>Der fu&#x0364;r das Unkraut zu vertilgen, wie &#x017F;ie vermeynt, nicht</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;tark genug</hi> </l><lb/>
                <l>Gewe&#x017F;en, und &#x017F;ie noch dazu gehindert ha&#x0364;tt&#x2019; ihr Land zu</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">du&#x0364;ngen,</hi> </l><lb/>
                <l>Und &#x017F;o, wie&#x2019;s gewo&#x0364;hnlich wa&#x0364;re, bequehmlich auf ihr Feld</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">zu bringen.</hi> </l><lb/>
                <l>Es mogte dieß am mittlern Tage des Februars geredet</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;eyn,</hi> </l><lb/>
                <l>So &#x017F;tellt in wenig Tagen drauf der &#x017F;o verlangte Fro&#x017F;t &#x017F;ich</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">ein,</hi> </l><lb/>
                <l>So daß man gleich&#x017F;am &#x017F;agen konnt&#x2019;, es richtete das Wetter</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ich</hi> </l><lb/>
                <l>Jn die&#x017F;em Jahr nach un&#x017F;erm Wun&#x017F;ch, und zwar recht au&#x017F;&#x017F;er-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">ordentlich.</hi> </l><lb/>
                <l>Acht Tage, welche die&#x017F;en folgten, fror es be&#x017F;ta&#x0364;ndig, bis</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ich fru&#x0364;h</hi> </l><lb/>
                <l>Den fu&#x0364;nf und zwanzig&#x017F;ten am Himmel ein Luft-Ge&#x017F;icht,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;o ich noch nie</hi> </l><lb/>
                <l>Ge&#x017F;ehn, doch wohl davon geho&#x0364;rt, ganz unvermuhtlich</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ehen ließ,</hi> </l><lb/>
                <l>Jndem die Sonne neben &#x017F;ich ganz deutlich noch zwo Sonnen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">wies</hi> </l><lb/>
                <l>Jn dem polierten Wolken-Spiegel. Es &#x017F;ahe die&#x017F;es jeder-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">mann,</hi> </l><lb/>
                <l>Jndem es etwas &#x017F;eltenes, neb&#x017F;t mir, nicht ohn Bewundern,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">an.</hi> </l><lb/>
                <l>Ver&#x017F;chiedne, &#x017F;o wie es der Brauch, begunten gleich zu pro-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">phezeyen,</hi> </l><lb/>
                <l>Und allerhand Bedeutungen von &#x017F;chlimmer Wittrung aus-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">zu&#x017F;treuen,</hi> </l><lb/>
                <fw place="bottom" type="sig">N n 4</fw>
                <fw place="bottom" type="catch">Allein,</fw><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[567/0585] Winter-Witterung in Ritzebuͤttel. Und endlich, daß ſie von dem Froſt allein geredt, die Deutung machten, Der fuͤr das Unkraut zu vertilgen, wie ſie vermeynt, nicht ſtark genug Geweſen, und ſie noch dazu gehindert haͤtt’ ihr Land zu duͤngen, Und ſo, wie’s gewoͤhnlich waͤre, bequehmlich auf ihr Feld zu bringen. Es mogte dieß am mittlern Tage des Februars geredet ſeyn, So ſtellt in wenig Tagen drauf der ſo verlangte Froſt ſich ein, So daß man gleichſam ſagen konnt’, es richtete das Wetter ſich Jn dieſem Jahr nach unſerm Wunſch, und zwar recht auſſer- ordentlich. Acht Tage, welche dieſen folgten, fror es beſtaͤndig, bis ſich fruͤh Den fuͤnf und zwanzigſten am Himmel ein Luft-Geſicht, ſo ich noch nie Geſehn, doch wohl davon gehoͤrt, ganz unvermuhtlich ſehen ließ, Jndem die Sonne neben ſich ganz deutlich noch zwo Sonnen wies Jn dem polierten Wolken-Spiegel. Es ſahe dieſes jeder- mann, Jndem es etwas ſeltenes, nebſt mir, nicht ohn Bewundern, an. Verſchiedne, ſo wie es der Brauch, begunten gleich zu pro- phezeyen, Und allerhand Bedeutungen von ſchlimmer Wittrung aus- zuſtreuen, Allein, N n 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/585
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/585>, abgerufen am 16.06.2024.