Wenn ich das schwärmende Gewirre von nicht zu zehl'nden Theilen Schnee, Getrieben durch verschiedne Winde, wild durch einander fliegen seh, Und, mit unordentlichem Drang, von Millionen Orten eilen, Doch all' herabwerts fallen schau; fällt mir bey ihren Wirbeln ein: Welch ein entsetzliches Gemisch muß von des ersten Chaos Theilen, Wie aller Meer' und Erden Stoff sich durch einander hergelenkt, Und zum gemeinen Mittelpunct sich überall herabgesenkt, Auf ihres Schöpfers Allmacht-Wort, im Augenblick ent- standen seyn!
Es schwindelt der beherztste Geist, er stutzt, er weiß sich kaum zu lassen, Noch von den recht entsetzlichen Bewegungs-Kräften was zu fassen, Erstaunet ob der Theile Menge, doch bleibet ihm die Kraft allein, Die Allmacht-Kräfte zu bewundern, die sich in nichts so deutlich weisen, Als, in so greulicher Verwirrung, dennoch ein' Ordnung auszufinden, Und das, was nicht verbindlich scheint, so wunderbarlich zu verbinden,
Wahr-
7 Theil. O o
Zufaͤllige Gedanken, wie es ſtark ſchneiete.
Wenn ich das ſchwaͤrmende Gewirre von nicht zu zehl’nden Theilen Schnee, Getrieben durch verſchiedne Winde, wild durch einander fliegen ſeh, Und, mit unordentlichem Drang, von Millionen Orten eilen, Doch all’ herabwerts fallen ſchau; faͤllt mir bey ihren Wirbeln ein: Welch ein entſetzliches Gemiſch muß von des erſten Chaos Theilen, Wie aller Meer’ und Erden Stoff ſich durch einander hergelenkt, Und zum gemeinen Mittelpunct ſich uͤberall herabgeſenkt, Auf ihres Schoͤpfers Allmacht-Wort, im Augenblick ent- ſtanden ſeyn!
Es ſchwindelt der beherztſte Geiſt, er ſtutzt, er weiß ſich kaum zu laſſen, Noch von den recht entſetzlichen Bewegungs-Kraͤften was zu faſſen, Erſtaunet ob der Theile Menge, doch bleibet ihm die Kraft allein, Die Allmacht-Kraͤfte zu bewundern, die ſich in nichts ſo deutlich weiſen, Als, in ſo greulicher Verwirrung, dennoch ein’ Ordnung auszufinden, Und das, was nicht verbindlich ſcheint, ſo wunderbarlich zu verbinden,
Wahr-
7 Theil. O o
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Zufaͤllige Gedanken, wie es ſtark ſchneiete.
Wenn ich das ſchwaͤrmende Gewirre von nicht zu
zehl’nden Theilen Schnee,
Getrieben durch verſchiedne Winde, wild durch einander
fliegen ſeh,
Und, mit unordentlichem Drang, von Millionen Orten
eilen,
Doch all’ herabwerts fallen ſchau; faͤllt mir bey ihren
Wirbeln ein:
Welch ein entſetzliches Gemiſch muß von des erſten Chaos
Theilen,
Wie aller Meer’ und Erden Stoff ſich durch einander
hergelenkt,
Und zum gemeinen Mittelpunct ſich uͤberall herabgeſenkt,
Auf ihres Schoͤpfers Allmacht-Wort, im Augenblick ent-
ſtanden ſeyn!
Es ſchwindelt der beherztſte Geiſt, er ſtutzt, er weiß ſich
kaum zu laſſen,
Noch von den recht entſetzlichen Bewegungs-Kraͤften was
zu faſſen,
Erſtaunet ob der Theile Menge, doch bleibet ihm die Kraft
allein,
Die Allmacht-Kraͤfte zu bewundern, die ſich in nichts ſo
deutlich weiſen,
Als, in ſo greulicher Verwirrung, dennoch ein’ Ordnung
auszufinden,
Und das, was nicht verbindlich ſcheint, ſo wunderbarlich
zu verbinden,
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7 Theil. O o
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/595>, abgerufen am 22.11.2024.
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