Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.Vorwerks-Betrachtungen. Das Werkzeug, welches wohl recht zu bewundern wehrt, Ja, daß insonderheit noch der Verstand, Der alles überlegt und ordnet, uns beschehrt. Die Weis', auf welche Art nun alles dieß geschicht, Begreift gewiß der Geist des Menschen nicht. Es ist daran auch nichts gelegen: Wenn wir nur so viel thun, und dankbarlich erwegen, Daß in der Thiere Reich so wohl für uns ein Segen Von einem liebenden, allmächt'gen Wesen steckt, Als daß man auch zugleich ein helles Weisheit-Licht, So aus dem grossen Werk, mit vollen Strahlen, bricht, Zu unsers Schöpfers Preis und Ruhm, darinn entdeckt, Nicht minder eine Macht, die über alles geht, Jn Ehrfurcht-voller Lust bewundert und erhöht. Es muß Bewunderung, nebst Lust und Dank, allein Für so viel Guts, mit Recht, der Menschen Opfer seyn. Ach, so bestrebt euch doch auf Erden Empfind-erkenntlicher und dankbarer zu werden! Zu diesem nützlichen Geschäfte Gebrauchet eurer Seelen Kräfte, Und nicht nur bloß die Gründe zu erfinden, Wie alles dieß geschicht, nicht alles zu ergründen, Wie GOttes Weisheit wirkt, Weil dieses mehrentheils aus Hochmuht bloß geschicht. Es wird ja unsre Kraft des Geistes und sein Licht Durch seinen Kraft-Kreis so bezirkt, Daß, wenn er redlich denkt, er überzeuglich findet: Die Gottheit werde nur bewundert, nicht ergründet. Zu-
Vorwerks-Betrachtungen. Das Werkzeug, welches wohl recht zu bewundern wehrt, Ja, daß inſonderheit noch der Verſtand, Der alles uͤberlegt und ordnet, uns beſchehrt. Die Weiſ’, auf welche Art nun alles dieß geſchicht, Begreift gewiß der Geiſt des Menſchen nicht. Es iſt daran auch nichts gelegen: Wenn wir nur ſo viel thun, und dankbarlich erwegen, Daß in der Thiere Reich ſo wohl fuͤr uns ein Segen Von einem liebenden, allmaͤcht’gen Weſen ſteckt, Als daß man auch zugleich ein helles Weisheit-Licht, So aus dem groſſen Werk, mit vollen Strahlen, bricht, Zu unſers Schoͤpfers Preis und Ruhm, darinn entdeckt, Nicht minder eine Macht, die uͤber alles geht, Jn Ehrfurcht-voller Luſt bewundert und erhoͤht. Es muß Bewunderung, nebſt Luſt und Dank, allein Fuͤr ſo viel Guts, mit Recht, der Menſchen Opfer ſeyn. Ach, ſo beſtrebt euch doch auf Erden Empfind-erkenntlicher und dankbarer zu werden! Zu dieſem nuͤtzlichen Geſchaͤfte Gebrauchet eurer Seelen Kraͤfte, Und nicht nur bloß die Gruͤnde zu erfinden, Wie alles dieß geſchicht, nicht alles zu ergruͤnden, Wie GOttes Weisheit wirkt, Weil dieſes mehrentheils aus Hochmuht bloß geſchicht. Es wird ja unſre Kraft des Geiſtes und ſein Licht Durch ſeinen Kraft-Kreis ſo bezirkt, Daß, wenn er redlich denkt, er uͤberzeuglich findet: Die Gottheit werde nur bewundert, nicht ergruͤndet. Zu-
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Vorwerks-Betrachtungen.
Das Werkzeug, welches wohl recht zu bewundern wehrt,
Ja, daß inſonderheit noch der Verſtand,
Der alles uͤberlegt und ordnet, uns beſchehrt.
Die Weiſ’, auf welche Art nun alles dieß geſchicht,
Begreift gewiß der Geiſt des Menſchen nicht.
Es iſt daran auch nichts gelegen:
Wenn wir nur ſo viel thun, und dankbarlich erwegen,
Daß in der Thiere Reich ſo wohl fuͤr uns ein Segen
Von einem liebenden, allmaͤcht’gen Weſen ſteckt,
Als daß man auch zugleich ein helles Weisheit-Licht,
So aus dem groſſen Werk, mit vollen Strahlen, bricht,
Zu unſers Schoͤpfers Preis und Ruhm, darinn entdeckt,
Nicht minder eine Macht, die uͤber alles geht,
Jn Ehrfurcht-voller Luſt bewundert und erhoͤht.
Es muß Bewunderung, nebſt Luſt und Dank, allein
Fuͤr ſo viel Guts, mit Recht, der Menſchen Opfer ſeyn.
Ach, ſo beſtrebt euch doch auf Erden
Empfind-erkenntlicher und dankbarer zu werden!
Zu dieſem nuͤtzlichen Geſchaͤfte
Gebrauchet eurer Seelen Kraͤfte,
Und nicht nur bloß die Gruͤnde zu erfinden,
Wie alles dieß geſchicht, nicht alles zu ergruͤnden,
Wie GOttes Weisheit wirkt,
Weil dieſes mehrentheils aus Hochmuht bloß geſchicht.
Es wird ja unſre Kraft des Geiſtes und ſein Licht
Durch ſeinen Kraft-Kreis ſo bezirkt,
Daß, wenn er redlich denkt, er uͤberzeuglich findet:
Die Gottheit werde nur bewundert, nicht ergruͤndet.
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