Daß auch dergleichen schönes Schauspiel nicht unvermer- ket mögte schwinden, Nein! auch von andern auf der Erden Noch mögt' auf lange Zeit erblickt, betrachtet und bewun- dert werden; Beschloß ich, um so mich, als andre, auf lange Zeit noch zu ergetzen, Jn nicht so bald geschmolznen Wörtern hier einen Abdruck herzusetzen, Damit ich, auch im strengen Frost, des Schöpfers Wunder zu erheben, Und uns in ihnen zu vergnügen, dadurch mögt' einen Anlaß geben.
Jch sah bewegliche, theils glatt- theils rauhe weiß- be- schneite Schollen Jm dunkel- blauen regen Fluß hier treiben, dort sich stossend rollen, Hier, durch des Wassers Last und Drang, sich öfters an ein- ander stämmen, Dort krachend brechen und zertrümmern, hier oft des Wassers Zug verdämmen, Bald sich in schnelle Wirbeln drehn, bald schwirrend in die Höh' geschoben, Wodurch denn Eis-Berg' hie und da gethürmt sich plötzlich aufwerts hoben, Durch deren glänzend-schroffe Spitzen, durch deren glatt' und rauhe Höh'n, Der Bau der Erden öd' und prächtig, vergnüglich-wild, entsetzlich-schön, Gefällig- greßlich, schreckend- lieblich, zugleich auf einmahl anzusehn.
Jch
Winter-Gedicht.
Daß auch dergleichen ſchoͤnes Schauſpiel nicht unvermer- ket moͤgte ſchwinden, Nein! auch von andern auf der Erden Noch moͤgt’ auf lange Zeit erblickt, betrachtet und bewun- dert werden; Beſchloß ich, um ſo mich, als andre, auf lange Zeit noch zu ergetzen, Jn nicht ſo bald geſchmolznen Woͤrtern hier einen Abdruck herzuſetzen, Damit ich, auch im ſtrengen Froſt, des Schoͤpfers Wunder zu erheben, Und uns in ihnen zu vergnuͤgen, dadurch moͤgt’ einen Anlaß geben.
Jch ſah bewegliche, theils glatt- theils rauhe weiß- be- ſchneite Schollen Jm dunkel- blauen regen Fluß hier treiben, dort ſich ſtoſſend rollen, Hier, durch des Waſſers Laſt und Drang, ſich oͤfters an ein- ander ſtaͤmmen, Dort krachend brechen und zertruͤmmern, hier oft des Waſſers Zug verdaͤmmen, Bald ſich in ſchnelle Wirbeln drehn, bald ſchwirrend in die Hoͤh’ geſchoben, Wodurch denn Eis-Berg’ hie und da gethuͤrmt ſich ploͤtzlich aufwerts hoben, Durch deren glaͤnzend-ſchroffe Spitzen, durch deren glatt’ und rauhe Hoͤh’n, Der Bau der Erden oͤd’ und praͤchtig, vergnuͤglich-wild, entſetzlich-ſchoͤn, Gefaͤllig- greßlich, ſchreckend- lieblich, zugleich auf einmahl anzuſehn.
Jch
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Winter-Gedicht.
Daß auch dergleichen ſchoͤnes Schauſpiel nicht unvermer-
ket moͤgte ſchwinden,
Nein! auch von andern auf der Erden
Noch moͤgt’ auf lange Zeit erblickt, betrachtet und bewun-
dert werden;
Beſchloß ich, um ſo mich, als andre, auf lange Zeit noch
zu ergetzen,
Jn nicht ſo bald geſchmolznen Woͤrtern hier einen Abdruck
herzuſetzen,
Damit ich, auch im ſtrengen Froſt, des Schoͤpfers Wunder
zu erheben,
Und uns in ihnen zu vergnuͤgen, dadurch moͤgt’ einen
Anlaß geben.
Jch ſah bewegliche, theils glatt- theils rauhe weiß- be-
ſchneite Schollen
Jm dunkel- blauen regen Fluß hier treiben, dort ſich ſtoſſend
rollen,
Hier, durch des Waſſers Laſt und Drang, ſich oͤfters an ein-
ander ſtaͤmmen,
Dort krachend brechen und zertruͤmmern, hier oft des
Waſſers Zug verdaͤmmen,
Bald ſich in ſchnelle Wirbeln drehn, bald ſchwirrend in die
Hoͤh’ geſchoben,
Wodurch denn Eis-Berg’ hie und da gethuͤrmt ſich ploͤtzlich
aufwerts hoben,
Durch deren glaͤnzend-ſchroffe Spitzen, durch deren glatt’
und rauhe Hoͤh’n,
Der Bau der Erden oͤd’ und praͤchtig, vergnuͤglich-wild,
entſetzlich-ſchoͤn,
Gefaͤllig- greßlich, ſchreckend- lieblich, zugleich auf einmahl
anzuſehn.
Jch
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/598>, abgerufen am 22.11.2024.
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