Verderben und verkommen müssen. Es wäre denn durchs Metzgers Hand, Von seinem mörderischen Messer zerstückt, ins Todten- Reich gesandt. Die Menschheit leidet, das ist wahr; doch da ihr Leiden allgemein, Wird dennoch eine Art von Trost selbst in der Allgemein- heit seyn. Wenn alle leiden; fühlt man minder Beschwerde, Sorg' und Bitterkeit, Als wenn ein Unglückseliger, bey seiner Noht, den Unter- scheid Des weit beglücktern Nachbarn sieht, wodurch er fast gedoppelt leidet, Sich noch von ihm verachtet glaubt, den Gram mehrt, da er ihn beneidet. Jm Felde fühlt, so gar den Mangel des Brodts, so stark nicht ein Soldat, Jndem der Mangel allgemein, und auch der Nachbar keines hat.
Ja, wenn die Menschen auch so gar durch solchen Unfall sterben müßten, So noch das größte Unglück scheinet; so dienet doch dem Atheisten Auch dieß zu seiner Absicht nicht. Wir müssen doch die Welt verlassen, Woselbst nicht unsers Bleibens ist. Wir kommen näher zu dem Ziel, Wozu, die Seelen zu ersehen, es GOttes ew'ger Huld gefiel, Jn einen Stand voll Ruh und Frieden, woselbst der Mangel und das Leiden
(So
Aufloͤſung eines gemachten
Verderben und verkommen muͤſſen. Es waͤre denn durchs Metzgers Hand, Von ſeinem moͤrderiſchen Meſſer zerſtuͤckt, ins Todten- Reich geſandt. Die Menſchheit leidet, das iſt wahr; doch da ihr Leiden allgemein, Wird dennoch eine Art von Troſt ſelbſt in der Allgemein- heit ſeyn. Wenn alle leiden; fuͤhlt man minder Beſchwerde, Sorg’ und Bitterkeit, Als wenn ein Ungluͤckſeliger, bey ſeiner Noht, den Unter- ſcheid Des weit begluͤcktern Nachbarn ſieht, wodurch er faſt gedoppelt leidet, Sich noch von ihm verachtet glaubt, den Gram mehrt, da er ihn beneidet. Jm Felde fuͤhlt, ſo gar den Mangel des Brodts, ſo ſtark nicht ein Soldat, Jndem der Mangel allgemein, und auch der Nachbar keines hat.
Ja, wenn die Menſchen auch ſo gar durch ſolchen Unfall ſterben muͤßten, So noch das groͤßte Ungluͤck ſcheinet; ſo dienet doch dem Atheiſten Auch dieß zu ſeiner Abſicht nicht. Wir muͤſſen doch die Welt verlaſſen, Woſelbſt nicht unſers Bleibens iſt. Wir kommen naͤher zu dem Ziel, Wozu, die Seelen zu erſehen, es GOttes ew’ger Huld gefiel, Jn einen Stand voll Ruh und Frieden, woſelbſt der Mangel und das Leiden
(So
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Aufloͤſung eines gemachten
Verderben und verkommen muͤſſen. Es waͤre denn durchs
Metzgers Hand,
Von ſeinem moͤrderiſchen Meſſer zerſtuͤckt, ins Todten-
Reich geſandt.
Die Menſchheit leidet, das iſt wahr; doch da ihr Leiden
allgemein,
Wird dennoch eine Art von Troſt ſelbſt in der Allgemein-
heit ſeyn.
Wenn alle leiden; fuͤhlt man minder Beſchwerde, Sorg’
und Bitterkeit,
Als wenn ein Ungluͤckſeliger, bey ſeiner Noht, den Unter-
ſcheid
Des weit begluͤcktern Nachbarn ſieht, wodurch er faſt
gedoppelt leidet,
Sich noch von ihm verachtet glaubt, den Gram mehrt,
da er ihn beneidet.
Jm Felde fuͤhlt, ſo gar den Mangel des Brodts, ſo ſtark nicht
ein Soldat,
Jndem der Mangel allgemein, und auch der Nachbar keines
hat.
Ja, wenn die Menſchen auch ſo gar durch ſolchen Unfall
ſterben muͤßten,
So noch das groͤßte Ungluͤck ſcheinet; ſo dienet doch dem
Atheiſten
Auch dieß zu ſeiner Abſicht nicht. Wir muͤſſen doch die Welt
verlaſſen,
Woſelbſt nicht unſers Bleibens iſt. Wir kommen naͤher zu
dem Ziel,
Wozu, die Seelen zu erſehen, es GOttes ew’ger Huld gefiel,
Jn einen Stand voll Ruh und Frieden, woſelbſt der Mangel
und das Leiden
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 636. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/654>, abgerufen am 22.11.2024.
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