Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Korn-Boden.
Wovon wir uns zwar vielerley von neuem vorzustellen
taugen;
Jedoch, wenn wir die Wahrheit sagen, sind sie nicht
minder unsern Augen,
So wohl, als wie vorher, verborgen. Denn, wenn wir
auch dieselben gleich
Jn fein' und gröbere zertheilen, die gröbere dem Pflanzen-
Reich,
Die feinere dem Reich der Thiere bloß zuzueignen uns
bemühn;
So wird man doch aus aller Theilung bey weiten nicht
den Nutzen ziehn,
Als wie wohl die Gelehrten meynen, weil eben eine solche
Kraft
Uns keine größre Wahrheit zeiget, als die verborgne Ei-
genschaft,
Die man am Stagyrit verlacht. Doch kommt von allen
diesen mir
Der Wahrheit am gemässesten und am begreiflichsten noch
für,
Daß im Getrayde solche Theile, die gleichsam einerley
Figur
Mit unsers Blutes Theilen haben, und etwan einerley
Natur
Und Harmonie mit ihnen hegen, wodurch sie Zung' und
Mund behäglich
Und angenehm im Schmecken sind; dem Magen eben-
falls erträglich
Nicht minder unsern innern Theilen, als Adern, Nerven,
Drüsen, Blut,
Womit, der Theile Gleichheit halber, vermuhtlich sich zu-
sammen thut,
Ver
S s 2
Der Korn-Boden.
Wovon wir uns zwar vielerley von neuem vorzuſtellen
taugen;
Jedoch, wenn wir die Wahrheit ſagen, ſind ſie nicht
minder unſern Augen,
So wohl, als wie vorher, verborgen. Denn, wenn wir
auch dieſelben gleich
Jn fein’ und groͤbere zertheilen, die groͤbere dem Pflanzen-
Reich,
Die feinere dem Reich der Thiere bloß zuzueignen uns
bemuͤhn;
So wird man doch aus aller Theilung bey weiten nicht
den Nutzen ziehn,
Als wie wohl die Gelehrten meynen, weil eben eine ſolche
Kraft
Uns keine groͤßre Wahrheit zeiget, als die verborgne Ei-
genſchaft,
Die man am Stagyrit verlacht. Doch kommt von allen
dieſen mir
Der Wahrheit am gemaͤſſeſten und am begreiflichſten noch
fuͤr,
Daß im Getrayde ſolche Theile, die gleichſam einerley
Figur
Mit unſers Blutes Theilen haben, und etwan einerley
Natur
Und Harmonie mit ihnen hegen, wodurch ſie Zung’ und
Mund behaͤglich
Und angenehm im Schmecken ſind; dem Magen eben-
falls ertraͤglich
Nicht minder unſern innern Theilen, als Adern, Nerven,
Druͤſen, Blut,
Womit, der Theile Gleichheit halber, vermuhtlich ſich zu-
ſammen thut,
Ver
S s 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0661" n="643"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Korn-Boden.</hi> </fw><lb/>
              <lg n="4">
                <l>Wovon wir uns zwar vielerley von neuem vorzu&#x017F;tellen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">taugen;</hi> </l><lb/>
                <l>Jedoch, wenn wir die Wahrheit &#x017F;agen, &#x017F;ind &#x017F;ie nicht</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">minder un&#x017F;ern Augen,</hi> </l><lb/>
                <l>So wohl, als wie vorher, verborgen. Denn, wenn wir</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">auch die&#x017F;elben gleich</hi> </l><lb/>
                <l>Jn fein&#x2019; und gro&#x0364;bere zertheilen, die gro&#x0364;bere dem Pflanzen-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Reich,</hi> </l><lb/>
                <l>Die feinere dem Reich der Thiere bloß zuzueignen uns</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">bemu&#x0364;hn;</hi> </l><lb/>
                <l>So wird man doch aus aller Theilung bey weiten nicht</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">den Nutzen ziehn,</hi> </l><lb/>
                <l>Als wie wohl die Gelehrten meynen, weil eben eine &#x017F;olche</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Kraft</hi> </l><lb/>
                <l>Uns keine gro&#x0364;ßre Wahrheit zeiget, als die verborgne Ei-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">gen&#x017F;chaft,</hi> </l><lb/>
                <l>Die man am Stagyrit verlacht. Doch kommt von allen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">die&#x017F;en mir</hi> </l><lb/>
                <l>Der Wahrheit am gema&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten und am begreiflich&#x017F;ten noch</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">fu&#x0364;r,</hi> </l><lb/>
                <l>Daß im Getrayde &#x017F;olche Theile, die gleich&#x017F;am einerley</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Figur</hi> </l><lb/>
                <l>Mit un&#x017F;ers Blutes Theilen haben, und etwan einerley</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Natur</hi> </l><lb/>
                <l>Und Harmonie mit ihnen hegen, wodurch &#x017F;ie Zung&#x2019; und</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Mund beha&#x0364;glich</hi> </l><lb/>
                <l>Und angenehm im Schmecken &#x017F;ind; dem Magen eben-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">falls ertra&#x0364;glich</hi> </l><lb/>
                <l>Nicht minder un&#x017F;ern innern Theilen, als Adern, Nerven,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Dru&#x0364;&#x017F;en, Blut,</hi> </l><lb/>
                <l>Womit, der Theile Gleichheit halber, vermuhtlich &#x017F;ich zu-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ammen thut,</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">S s 2</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Ver</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[643/0661] Der Korn-Boden. Wovon wir uns zwar vielerley von neuem vorzuſtellen taugen; Jedoch, wenn wir die Wahrheit ſagen, ſind ſie nicht minder unſern Augen, So wohl, als wie vorher, verborgen. Denn, wenn wir auch dieſelben gleich Jn fein’ und groͤbere zertheilen, die groͤbere dem Pflanzen- Reich, Die feinere dem Reich der Thiere bloß zuzueignen uns bemuͤhn; So wird man doch aus aller Theilung bey weiten nicht den Nutzen ziehn, Als wie wohl die Gelehrten meynen, weil eben eine ſolche Kraft Uns keine groͤßre Wahrheit zeiget, als die verborgne Ei- genſchaft, Die man am Stagyrit verlacht. Doch kommt von allen dieſen mir Der Wahrheit am gemaͤſſeſten und am begreiflichſten noch fuͤr, Daß im Getrayde ſolche Theile, die gleichſam einerley Figur Mit unſers Blutes Theilen haben, und etwan einerley Natur Und Harmonie mit ihnen hegen, wodurch ſie Zung’ und Mund behaͤglich Und angenehm im Schmecken ſind; dem Magen eben- falls ertraͤglich Nicht minder unſern innern Theilen, als Adern, Nerven, Druͤſen, Blut, Womit, der Theile Gleichheit halber, vermuhtlich ſich zu- ſammen thut, Ver S s 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/661
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 643. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/661>, abgerufen am 17.06.2024.