Es können Leute, die nicht schreiben, noch auf der Laute spielen können, Nicht, ohn' ein Wunder, beydes thun, so denen doch so leichte fällt, Die schreiben können und auch spielen. Wenn die Natur nun auf der Welt So viele sonderbare Dinge, und die wir, weil wir sie nicht kennen, Wofern nicht Wunder in der That, doch wunderbar mit Rechte nennen, Hervorgebracht und täglich bringet; wenn sie, zum Beyspiel, eine Biene Aus ungeformten Stoff formiert; so scheinet es fast einer- ley, Und daß, ob es gleich uns unmöglich, es ihr dennoch ein leichtes sey. Mir kommt es vor, daß dieß Exempel uns wenigstens zum Beyspiel diene, Daß, ob wir gleich nicht, wie sie wirke, und die geheime Art verstehn; Wir doch, daß die gewirkten Dinge darum durch Wunder nicht geschehn, Nein, daß der ewige Verstand Jhr Fähigkeiten zugetheilet, daß, wie wir Menschen mit der Hand, Sie, sonder Hände, wirken könne, wie wir aus der Er- fahrung sehn,
Ob
Ein andrer Hochmuhts-Zuͤgel.
Es koͤnnen Leute, die nicht ſchreiben, noch auf der Laute ſpielen koͤnnen, Nicht, ohn’ ein Wunder, beydes thun, ſo denen doch ſo leichte faͤllt, Die ſchreiben koͤnnen und auch ſpielen. Wenn die Natur nun auf der Welt So viele ſonderbare Dinge, und die wir, weil wir ſie nicht kennen, Wofern nicht Wunder in der That, doch wunderbar mit Rechte nennen, Hervorgebracht und taͤglich bringet; wenn ſie, zum Beyſpiel, eine Biene Aus ungeformten Stoff formiert; ſo ſcheinet es faſt einer- ley, Und daß, ob es gleich uns unmoͤglich, es ihr dennoch ein leichtes ſey. Mir kommt es vor, daß dieß Exempel uns wenigſtens zum Beyſpiel diene, Daß, ob wir gleich nicht, wie ſie wirke, und die geheime Art verſtehn; Wir doch, daß die gewirkten Dinge darum durch Wunder nicht geſchehn, Nein, daß der ewige Verſtand Jhr Faͤhigkeiten zugetheilet, daß, wie wir Menſchen mit der Hand, Sie, ſonder Haͤnde, wirken koͤnne, wie wir aus der Er- fahrung ſehn,
Ob
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Ein andrer Hochmuhts-Zuͤgel.
Es koͤnnen Leute, die nicht ſchreiben, noch auf der Laute
ſpielen koͤnnen,
Nicht, ohn’ ein Wunder, beydes thun, ſo denen doch ſo
leichte faͤllt,
Die ſchreiben koͤnnen und auch ſpielen. Wenn die Natur
nun auf der Welt
So viele ſonderbare Dinge, und die wir, weil wir ſie nicht
kennen,
Wofern nicht Wunder in der That, doch wunderbar mit
Rechte nennen,
Hervorgebracht und taͤglich bringet; wenn ſie, zum Beyſpiel,
eine Biene
Aus ungeformten Stoff formiert; ſo ſcheinet es faſt einer-
ley,
Und daß, ob es gleich uns unmoͤglich, es ihr dennoch ein
leichtes ſey.
Mir kommt es vor, daß dieß Exempel uns wenigſtens
zum Beyſpiel diene,
Daß, ob wir gleich nicht, wie ſie wirke, und die geheime
Art verſtehn;
Wir doch, daß die gewirkten Dinge darum durch Wunder
nicht geſchehn,
Nein, daß der ewige Verſtand
Jhr Faͤhigkeiten zugetheilet, daß, wie wir Menſchen mit
der Hand,
Sie, ſonder Haͤnde, wirken koͤnne, wie wir aus der Er-
fahrung ſehn,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 699. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/717>, abgerufen am 22.11.2024.
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