Es lehrt uns dieß des Himmels Blau, worinn sich das Gesicht verlieret, Wenn uns, selbst seine Dunkelheit, mit einer Art von Ehr- furcht, rühret. Die Sonne, die, durch ihre Ferne, wie groß sie gleich, uns dennoch klein, Durch den Betrug der Augen, scheint, hört nimmer auf, den Lebens-Schein An allen Orten zu verbreiten. Die Nacht läßt, mitten in dem Dunkeln, Die Stern', und zwar fast alle Wochen den Augen andre Sterne funkeln. Der Tages-Wechsel macht, daß wir zur Ruhe von der Arbeit gehn, Des Jahres Wechsel, daß von Arbeit verschiedne Arten stets geschehn. Berufet dieses uns nun gleich zu neuen Sorgen; so ent- stehn Daraus auch neue Lieblichkeiten, Belohnungen und neuer Segen, Worunter denn die Erde selbst, die so geschmückt, so reich, so schön, Fast ungezählte Seltenheiten gewohnet ist uns darzu- legen. Dieselbe giebt uns ihre Bluhmen, auch ihre Früchte, Wiesen, Felder, Erhabne Hügel, sanfte Flächen, Gebürge, Thäler, Büsch' und Wälder. Da sind die Wasser überall, die sich, wie eine Schlange, winden, Die Erde schön sowohl, als fruchtbar zu machen, überall zu finden.
Die
Nuͤtzliche Betrachtung
Es lehrt uns dieß des Himmels Blau, worinn ſich das Geſicht verlieret, Wenn uns, ſelbſt ſeine Dunkelheit, mit einer Art von Ehr- furcht, ruͤhret. Die Sonne, die, durch ihre Ferne, wie groß ſie gleich, uns dennoch klein, Durch den Betrug der Augen, ſcheint, hoͤrt nimmer auf, den Lebens-Schein An allen Orten zu verbreiten. Die Nacht laͤßt, mitten in dem Dunkeln, Die Stern’, und zwar faſt alle Wochen den Augen andre Sterne funkeln. Der Tages-Wechſel macht, daß wir zur Ruhe von der Arbeit gehn, Des Jahres Wechſel, daß von Arbeit verſchiedne Arten ſtets geſchehn. Berufet dieſes uns nun gleich zu neuen Sorgen; ſo ent- ſtehn Daraus auch neue Lieblichkeiten, Belohnungen und neuer Segen, Worunter denn die Erde ſelbſt, die ſo geſchmuͤckt, ſo reich, ſo ſchoͤn, Faſt ungezaͤhlte Seltenheiten gewohnet iſt uns darzu- legen. Dieſelbe giebt uns ihre Bluhmen, auch ihre Fruͤchte, Wieſen, Felder, Erhabne Huͤgel, ſanfte Flaͤchen, Gebuͤrge, Thaͤler, Buͤſch’ und Waͤlder. Da ſind die Waſſer uͤberall, die ſich, wie eine Schlange, winden, Die Erde ſchoͤn ſowohl, als fruchtbar zu machen, uͤberall zu finden.
Die
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Nuͤtzliche Betrachtung
Es lehrt uns dieß des Himmels Blau, worinn ſich das
Geſicht verlieret,
Wenn uns, ſelbſt ſeine Dunkelheit, mit einer Art von Ehr-
furcht, ruͤhret.
Die Sonne, die, durch ihre Ferne, wie groß ſie gleich,
uns dennoch klein,
Durch den Betrug der Augen, ſcheint, hoͤrt nimmer auf,
den Lebens-Schein
An allen Orten zu verbreiten. Die Nacht laͤßt, mitten
in dem Dunkeln,
Die Stern’, und zwar faſt alle Wochen den Augen andre
Sterne funkeln.
Der Tages-Wechſel macht, daß wir zur Ruhe von der
Arbeit gehn,
Des Jahres Wechſel, daß von Arbeit verſchiedne Arten
ſtets geſchehn.
Berufet dieſes uns nun gleich zu neuen Sorgen; ſo ent-
ſtehn
Daraus auch neue Lieblichkeiten, Belohnungen und neuer
Segen,
Worunter denn die Erde ſelbſt, die ſo geſchmuͤckt, ſo reich,
ſo ſchoͤn,
Faſt ungezaͤhlte Seltenheiten gewohnet iſt uns darzu-
legen.
Dieſelbe giebt uns ihre Bluhmen, auch ihre Fruͤchte,
Wieſen, Felder,
Erhabne Huͤgel, ſanfte Flaͤchen, Gebuͤrge, Thaͤler, Buͤſch’
und Waͤlder.
Da ſind die Waſſer uͤberall, die ſich, wie eine Schlange,
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Die Erde ſchoͤn ſowohl, als fruchtbar zu machen, uͤberall
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 706. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/724>, abgerufen am 22.11.2024.
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