Jhr stets veränderter Gesang, Der Schnäbel mannigfacher Klang, Die Aendrungen der kleinen Kehlen Sind nicht zu fassen, nicht zu zählen. Oft rauschen gleichsam hin und wieder, Als wie ein Bach, die holden Lieder; Oft hört man ein vernehmlichs Singen, Oft hört man den gebrochnen Schall, Jn abgesetzter Höh' und Fall, Wie helle Clavicimbel, klingen. Oft folget eine kurze Ruh; Es scheint, ob horch' ihr ganzer Chor, Und höre mit geschärftem Ohr Der hellen Nachtigallen zu, Voll edlen Eifers sich zu zwingen, Jhr ja so lieblich nachzusingen, Wozu die wenigsten doch taugen.
Bey diesem hell- und reinen Klang Vernahm man, durch der Bienen Summen, Ein holdes süß-gedämpftes Brummen, Nicht anders, als wenn ihr Gesang, (So wie Bassons, beym Musiciren, Durch ihre dunkle Töne rühren) Dem helleren zum Grunde nützet, Den reinen Wohlklang unterstützet. Sie scheinen das, was hell und schön, Noch, durch die Tiefe, zu erhöhn. Hierunter macht annoch der Fliegen frohes Schwärmen Ein, uns nicht weniger vergnügend, sanftes Lermen, Und füllt die ganze Luft mit süssem Wohllaut an, Daß man, auch mit der größten Müh, Die allgemeine Harmonie Doch nie genug bewundern kann.
Mit
D 5
Anmuht des Gehoͤrs.
Jhr ſtets veraͤnderter Geſang, Der Schnaͤbel mannigfacher Klang, Die Aendrungen der kleinen Kehlen Sind nicht zu faſſen, nicht zu zaͤhlen. Oft rauſchen gleichſam hin und wieder, Als wie ein Bach, die holden Lieder; Oft hoͤrt man ein vernehmlichs Singen, Oft hoͤrt man den gebrochnen Schall, Jn abgeſetzter Hoͤh’ und Fall, Wie helle Clavicimbel, klingen. Oft folget eine kurze Ruh; Es ſcheint, ob horch’ ihr ganzer Chor, Und hoͤre mit geſchaͤrftem Ohr Der hellen Nachtigallen zu, Voll edlen Eifers ſich zu zwingen, Jhr ja ſo lieblich nachzuſingen, Wozu die wenigſten doch taugen.
Bey dieſem hell- und reinen Klang Vernahm man, durch der Bienen Summen, Ein holdes ſuͤß-gedaͤmpftes Brummen, Nicht anders, als wenn ihr Geſang, (So wie Baſſons, beym Muſiciren, Durch ihre dunkle Toͤne ruͤhren) Dem helleren zum Grunde nuͤtzet, Den reinen Wohlklang unterſtuͤtzet. Sie ſcheinen das, was hell und ſchoͤn, Noch, durch die Tiefe, zu erhoͤhn. Hierunter macht annoch der Fliegen frohes Schwaͤrmen Ein, uns nicht weniger vergnuͤgend, ſanftes Lermen, Und fuͤllt die ganze Luft mit ſuͤſſem Wohllaut an, Daß man, auch mit der groͤßten Muͤh, Die allgemeine Harmonie Doch nie genug bewundern kann.
Mit
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Anmuht des Gehoͤrs.
Jhr ſtets veraͤnderter Geſang,
Der Schnaͤbel mannigfacher Klang,
Die Aendrungen der kleinen Kehlen
Sind nicht zu faſſen, nicht zu zaͤhlen.
Oft rauſchen gleichſam hin und wieder,
Als wie ein Bach, die holden Lieder;
Oft hoͤrt man ein vernehmlichs Singen,
Oft hoͤrt man den gebrochnen Schall,
Jn abgeſetzter Hoͤh’ und Fall,
Wie helle Clavicimbel, klingen.
Oft folget eine kurze Ruh;
Es ſcheint, ob horch’ ihr ganzer Chor,
Und hoͤre mit geſchaͤrftem Ohr
Der hellen Nachtigallen zu,
Voll edlen Eifers ſich zu zwingen,
Jhr ja ſo lieblich nachzuſingen,
Wozu die wenigſten doch taugen.
Bey dieſem hell- und reinen Klang
Vernahm man, durch der Bienen Summen,
Ein holdes ſuͤß-gedaͤmpftes Brummen,
Nicht anders, als wenn ihr Geſang,
(So wie Baſſons, beym Muſiciren,
Durch ihre dunkle Toͤne ruͤhren)
Dem helleren zum Grunde nuͤtzet,
Den reinen Wohlklang unterſtuͤtzet.
Sie ſcheinen das, was hell und ſchoͤn,
Noch, durch die Tiefe, zu erhoͤhn.
Hierunter macht annoch der Fliegen frohes Schwaͤrmen
Ein, uns nicht weniger vergnuͤgend, ſanftes Lermen,
Und fuͤllt die ganze Luft mit ſuͤſſem Wohllaut an,
Daß man, auch mit der groͤßten Muͤh,
Die allgemeine Harmonie
Doch nie genug bewundern kann.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/75>, abgerufen am 24.11.2024.
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