Aus Gram, aus Jammer, Plag' und Quaal, die sein ver- dunkelt Feur belebet. Da denn die Larven Schaar zwar andre, doch ihn am aller- meisten kränkt. Besinne dich, geliebter N. erkenne, daß du krank, und schliesse: Daß ein Gelbsüchtiger von Farben zu sprechen sich enthalten müsse. Du bist entweder würklich krank, wo nicht, so ist es alle Welt, Als deren Meynung sich gerade der deinigen entgegen stellt.
Du melancholisches Geschöpfe sprichst selber deinem Schöpfer Hohn, Der dir sowohl, als allen, hie Sich Selbst in Seinen Wer- ken wiese. Du hast von deiner bittern Mühe doch einen gar betrüb- ten Lohn. Du baust, mit arbeitsamer Hand, recht sinnreich in dem Paradiese Dir selber eine eigne Hölle. Denn wenn mans nur erwegt; so ließ Des Schöpfers Huld uns auf der Erde annoch ein würklichs Paradies. Denn alle Dinge, die uns dort von Edens Lust-Revier beschrieben, Sind auf der Erden noch befindlich. Gras, Kraut und Bluhmen sind geblieben, Wir haben Frucht- und andre Bäume, wir haben Gärten, fette Felder, Bewachsne Berge, kühle Thäler, Fisch-reiche Flüsse, Büsch' und Wälder,
Uns
nebſt der Beantwortung.
Aus Gram, aus Jammer, Plag’ und Quaal, die ſein ver- dunkelt Feur belebet. Da denn die Larven Schaar zwar andre, doch ihn am aller- meiſten kraͤnkt. Beſinne dich, geliebter N. erkenne, daß du krank, und ſchlieſſe: Daß ein Gelbſuͤchtiger von Farben zu ſprechen ſich enthalten muͤſſe. Du biſt entweder wuͤrklich krank, wo nicht, ſo iſt es alle Welt, Als deren Meynung ſich gerade der deinigen entgegen ſtellt.
Du melancholiſches Geſchoͤpfe ſprichſt ſelber deinem Schoͤpfer Hohn, Der dir ſowohl, als allen, hie Sich Selbſt in Seinen Wer- ken wieſe. Du haſt von deiner bittern Muͤhe doch einen gar betruͤb- ten Lohn. Du bauſt, mit arbeitſamer Hand, recht ſinnreich in dem Paradieſe Dir ſelber eine eigne Hoͤlle. Denn wenn mans nur erwegt; ſo ließ Des Schoͤpfers Huld uns auf der Erde annoch ein wuͤrklichs Paradies. Denn alle Dinge, die uns dort von Edens Luſt-Revier beſchrieben, Sind auf der Erden noch befindlich. Gras, Kraut und Bluhmen ſind geblieben, Wir haben Frucht- und andre Baͤume, wir haben Gaͤrten, fette Felder, Bewachſne Berge, kuͤhle Thaͤler, Fiſch-reiche Fluͤſſe, Buͤſch’ und Waͤlder,
Uns
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nebſt der Beantwortung.
Aus Gram, aus Jammer, Plag’ und Quaal, die ſein ver-
dunkelt Feur belebet.
Da denn die Larven Schaar zwar andre, doch ihn am aller-
meiſten kraͤnkt.
Beſinne dich, geliebter N. erkenne, daß du krank, und
ſchlieſſe:
Daß ein Gelbſuͤchtiger von Farben zu ſprechen ſich enthalten
muͤſſe.
Du biſt entweder wuͤrklich krank, wo nicht, ſo iſt es alle
Welt,
Als deren Meynung ſich gerade der deinigen entgegen ſtellt.
Du melancholiſches Geſchoͤpfe ſprichſt ſelber deinem
Schoͤpfer Hohn,
Der dir ſowohl, als allen, hie Sich Selbſt in Seinen Wer-
ken wieſe.
Du haſt von deiner bittern Muͤhe doch einen gar betruͤb-
ten Lohn.
Du bauſt, mit arbeitſamer Hand, recht ſinnreich in dem
Paradieſe
Dir ſelber eine eigne Hoͤlle. Denn wenn mans nur erwegt;
ſo ließ
Des Schoͤpfers Huld uns auf der Erde annoch ein wuͤrklichs
Paradies.
Denn alle Dinge, die uns dort von Edens Luſt-Revier
beſchrieben,
Sind auf der Erden noch befindlich. Gras, Kraut und
Bluhmen ſind geblieben,
Wir haben Frucht- und andre Baͤume, wir haben Gaͤrten,
fette Felder,
Bewachſne Berge, kuͤhle Thaͤler, Fiſch-reiche Fluͤſſe, Buͤſch’
und Waͤlder,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 735. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/753>, abgerufen am 22.11.2024.
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