Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.Frühlings-Gedicht. Wir sehen sie hüpfen und springen. Wir hören Den lange nicht gehörten Schall; Von ihren hell-pfeifenden gurgelnden Chören Ertönt der rege Wiederhall. Vor andern bezaubert mit wirbelndem Klingen Die angenehme Nachtigall; Es füllt ihr durchdringendes schmetterndes Singen Die Büsch und Wälder überall. Jtzt wallen von neuem die sprudlenden Quellen, Von Eis und Schlamm nicht mehr verdämmt, Jn hurtigen, cirkelnden, wirbelnden Fällen, Durch glatte Kiesel, ungehemmt. Zum öftern beschäumet, voll glänzender Blasen, Fließt ihr zwar klar- doch dunkles Naß Auf schimmerndem Sande. Von grünenden Rasen Bedeckt es oft das junge Gras. Durch ihre durchsichtige rege Crystallen Läßt sich der bunte Boden sehn. Man höret ein rauschendes murmelndes Schallen, Durch manche kleine Fäll', entstehn. Sie rinnen geschäftig, sie rieseln, sie eilen, Bis daß sich endlich nach und nach, Durch ebenern Boden, die Triebe zertheilen; Denn stillt ihr Laut sich allgemach. Dann werden die Flächen zu glänzenden Spiegeln, Worinn wir Erd und Himmel sehn, Und, zwischen bebüschten und blühmigten Hügeln, Wird das, was schön ist, doppelt schön. Bald zeigen, von schattigten Wäldern, die Wipfel Sich deutlich auf der klaren Fluht, Bald zeigt sie, von Bergen, erhabene Gipfel, Bestrahlet von der Sonnen Gluht. Hier
Fruͤhlings-Gedicht. Wir ſehen ſie huͤpfen und ſpringen. Wir hoͤren Den lange nicht gehoͤrten Schall; Von ihren hell-pfeifenden gurgelnden Choͤren Ertoͤnt der rege Wiederhall. Vor andern bezaubert mit wirbelndem Klingen Die angenehme Nachtigall; Es fuͤllt ihr durchdringendes ſchmetterndes Singen Die Buͤſch und Waͤlder uͤberall. Jtzt wallen von neuem die ſprudlenden Quellen, Von Eis und Schlamm nicht mehr verdaͤmmt, Jn hurtigen, cirkelnden, wirbelnden Faͤllen, Durch glatte Kieſel, ungehemmt. Zum oͤftern beſchaͤumet, voll glaͤnzender Blaſen, Fließt ihr zwar klar- doch dunkles Naß Auf ſchimmerndem Sande. Von gruͤnenden Raſen Bedeckt es oft das junge Gras. Durch ihre durchſichtige rege Cryſtallen Laͤßt ſich der bunte Boden ſehn. Man hoͤret ein rauſchendes murmelndes Schallen, Durch manche kleine Faͤll’, entſtehn. Sie rinnen geſchaͤftig, ſie rieſeln, ſie eilen, Bis daß ſich endlich nach und nach, Durch ebenern Boden, die Triebe zertheilen; Denn ſtillt ihr Laut ſich allgemach. Dann werden die Flaͤchen zu glaͤnzenden Spiegeln, Worinn wir Erd und Himmel ſehn, Und, zwiſchen bebuͤſchten und bluͤhmigten Huͤgeln, Wird das, was ſchoͤn iſt, doppelt ſchoͤn. Bald zeigen, von ſchattigten Waͤldern, die Wipfel Sich deutlich auf der klaren Fluht, Bald zeigt ſie, von Bergen, erhabene Gipfel, Beſtrahlet von der Sonnen Gluht. Hier
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Fruͤhlings-Gedicht.
Wir ſehen ſie huͤpfen und ſpringen. Wir hoͤren
Den lange nicht gehoͤrten Schall;
Von ihren hell-pfeifenden gurgelnden Choͤren
Ertoͤnt der rege Wiederhall.
Vor andern bezaubert mit wirbelndem Klingen
Die angenehme Nachtigall;
Es fuͤllt ihr durchdringendes ſchmetterndes Singen
Die Buͤſch und Waͤlder uͤberall.
Jtzt wallen von neuem die ſprudlenden Quellen,
Von Eis und Schlamm nicht mehr verdaͤmmt,
Jn hurtigen, cirkelnden, wirbelnden Faͤllen,
Durch glatte Kieſel, ungehemmt.
Zum oͤftern beſchaͤumet, voll glaͤnzender Blaſen,
Fließt ihr zwar klar- doch dunkles Naß
Auf ſchimmerndem Sande. Von gruͤnenden Raſen
Bedeckt es oft das junge Gras.
Durch ihre durchſichtige rege Cryſtallen
Laͤßt ſich der bunte Boden ſehn.
Man hoͤret ein rauſchendes murmelndes Schallen,
Durch manche kleine Faͤll’, entſtehn.
Sie rinnen geſchaͤftig, ſie rieſeln, ſie eilen,
Bis daß ſich endlich nach und nach,
Durch ebenern Boden, die Triebe zertheilen;
Denn ſtillt ihr Laut ſich allgemach.
Dann werden die Flaͤchen zu glaͤnzenden Spiegeln,
Worinn wir Erd und Himmel ſehn,
Und, zwiſchen bebuͤſchten und bluͤhmigten Huͤgeln,
Wird das, was ſchoͤn iſt, doppelt ſchoͤn.
Bald zeigen, von ſchattigten Waͤldern, die Wipfel
Sich deutlich auf der klaren Fluht,
Bald zeigt ſie, von Bergen, erhabene Gipfel,
Beſtrahlet von der Sonnen Gluht.
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