Und unsers Schöpfers Lieb und Macht, Gelegenheit gehabt, noch ferner zu besingen.
Wo auf der Erden Licht und Schatten An einem Ort sich lieblich gatten, So ist dasselbe wunderschön, Jn einem dichten Wald, zu sehn. Ein jedes Blatt zeigt dem Gesicht, Bey manchem Schatten, manches Licht. Bald schwärzt ein Blatt sich halb, bald ganz, Bald schmückt es schnell ein heller Glanz, Bald, wenn der West-Wind lieblich kühlet, Und mit den schwanken Zweigen spielet, Wird dieß von jenem Blatt bedeckt, Das wiederum von dem versteckt. Bald sieht man einige sich gleichsam recht vergülden, Bald andre, die nicht da, im Schatten nett sich bilden, Die oft an weisse Stämm' auf Zweige deutlich fallen, Und öfters still, und oft sanft, hin und wieder wallen. Die Gipfel scheinen sich, zu diesem Zweck allein, So angenehm zu neigen und zu ründen, Daß, vor der Sonnen strengem Schein, Wir ein gesichert Schirm-Dach finden. Es scheint das zarte Laub sich, als mit Fleiß, Recht Schuppen-weis' und dicht, zu fügen und zu schliessen, Daß wir, wenn es zu schwühl und heiß, Der süssen Kühlung Lust geniessen, Uns in den grünen Schatten legen, Und Dessen Güte preisen mögen, Der vor der starken Sonnen-Gluht, Die unserm Korn und unsrer Saat zwar nützet, Und aller Frucht so nöhtig thut, Vor uns jedoch zu heftig blitzet,
Uns,
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Der neue Wald.
Und unſers Schoͤpfers Lieb und Macht, Gelegenheit gehabt, noch ferner zu beſingen.
Wo auf der Erden Licht und Schatten An einem Ort ſich lieblich gatten, So iſt daſſelbe wunderſchoͤn, Jn einem dichten Wald, zu ſehn. Ein jedes Blatt zeigt dem Geſicht, Bey manchem Schatten, manches Licht. Bald ſchwaͤrzt ein Blatt ſich halb, bald ganz, Bald ſchmuͤckt es ſchnell ein heller Glanz, Bald, wenn der Weſt-Wind lieblich kuͤhlet, Und mit den ſchwanken Zweigen ſpielet, Wird dieß von jenem Blatt bedeckt, Das wiederum von dem verſteckt. Bald ſieht man einige ſich gleichſam recht verguͤlden, Bald andre, die nicht da, im Schatten nett ſich bilden, Die oft an weiſſe Staͤmm’ auf Zweige deutlich fallen, Und oͤfters ſtill, und oft ſanft, hin und wieder wallen. Die Gipfel ſcheinen ſich, zu dieſem Zweck allein, So angenehm zu neigen und zu ruͤnden, Daß, vor der Sonnen ſtrengem Schein, Wir ein geſichert Schirm-Dach finden. Es ſcheint das zarte Laub ſich, als mit Fleiß, Recht Schuppen-weiſ’ und dicht, zu fuͤgen und zu ſchlieſſen, Daß wir, wenn es zu ſchwuͤhl und heiß, Der ſuͤſſen Kuͤhlung Luſt genieſſen, Uns in den gruͤnen Schatten legen, Und Deſſen Guͤte preiſen moͤgen, Der vor der ſtarken Sonnen-Gluht, Die unſerm Korn und unſrer Saat zwar nuͤtzet, Und aller Frucht ſo noͤhtig thut, Vor uns jedoch zu heftig blitzet,
Uns,
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Der neue Wald.
Und unſers Schoͤpfers Lieb und Macht,
Gelegenheit gehabt, noch ferner zu beſingen.
Wo auf der Erden Licht und Schatten
An einem Ort ſich lieblich gatten,
So iſt daſſelbe wunderſchoͤn,
Jn einem dichten Wald, zu ſehn.
Ein jedes Blatt zeigt dem Geſicht,
Bey manchem Schatten, manches Licht.
Bald ſchwaͤrzt ein Blatt ſich halb, bald ganz,
Bald ſchmuͤckt es ſchnell ein heller Glanz,
Bald, wenn der Weſt-Wind lieblich kuͤhlet,
Und mit den ſchwanken Zweigen ſpielet,
Wird dieß von jenem Blatt bedeckt,
Das wiederum von dem verſteckt.
Bald ſieht man einige ſich gleichſam recht verguͤlden,
Bald andre, die nicht da, im Schatten nett ſich bilden,
Die oft an weiſſe Staͤmm’ auf Zweige deutlich fallen,
Und oͤfters ſtill, und oft ſanft, hin und wieder wallen.
Die Gipfel ſcheinen ſich, zu dieſem Zweck allein,
So angenehm zu neigen und zu ruͤnden,
Daß, vor der Sonnen ſtrengem Schein,
Wir ein geſichert Schirm-Dach finden.
Es ſcheint das zarte Laub ſich, als mit Fleiß,
Recht Schuppen-weiſ’ und dicht, zu fuͤgen und zu ſchlieſſen,
Daß wir, wenn es zu ſchwuͤhl und heiß,
Der ſuͤſſen Kuͤhlung Luſt genieſſen,
Uns in den gruͤnen Schatten legen,
Und Deſſen Guͤte preiſen moͤgen,
Der vor der ſtarken Sonnen-Gluht,
Die unſerm Korn und unſrer Saat zwar nuͤtzet,
Und aller Frucht ſo noͤhtig thut,
Vor uns jedoch zu heftig blitzet,
Uns,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/87>, abgerufen am 19.07.2024.
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