Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Rose.
Wie ich nun den geschärften Blick,
Da, wo der Blätter Heer am stärksten sich verschrenkte,
Jn eine dunkle Tiefe senkte;
Bog sich von ungefehr, vom Wind, ein Ast zurück.
Gleich sprang, als wie ein Blitz, ein kleines rothes Licht
Jn mein erstaunt Gesicht.
Ein Rosen-Busch, vom Sonnen-Strahl beschienen,
Noch kräftiger erhöht von dem vertieften Grünen,
Drang durch die Oeffnungen der Blätterchen so schnell,
Glänzt durch die Dunkelheit derselbigen so hell,
Daß es ein wahres Feur, beym ersten Blick, formierte,
Und meinen innern Geist, so wie die Augen, rührte.
Es brennet, schimmert, glänzt und glüht,
Schon vor sich selbst, von eignem Schimmer reich,
Die Rose, wenn man selbe gleich,
Von Sonnen-Strahlen nicht geschmücket,
Nur beym bedeckten Tage sieht,
Beym allgemeinen Licht erblicket.
Viel größer aber wird, in ihrer Pracht,
Die schöne Loh, ihr Feur weit heller angefacht,
Wenn, bey entwölktem heiterm Wetter,
Ein Sonnen-Strahl der Rosen lichte Blätter,
Voll Gluht und Feuer, trifft. Hier aber, wo der Grund,
Durch welche man sie sah, worauf sie stund,
Fast schwarz und dunkel mehr, als wie begrünet,
Jhr noch zu einer Fulge dienet;
Weiß ich, sie würdig zu beschreiben,
So Farb' als Reim nicht hoch genug zu treiben.
Der
8 Theil. H
Die Roſe.
Wie ich nun den geſchaͤrften Blick,
Da, wo der Blaͤtter Heer am ſtaͤrkſten ſich verſchrenkte,
Jn eine dunkle Tiefe ſenkte;
Bog ſich von ungefehr, vom Wind, ein Aſt zuruͤck.
Gleich ſprang, als wie ein Blitz, ein kleines rothes Licht
Jn mein erſtaunt Geſicht.
Ein Roſen-Buſch, vom Sonnen-Strahl beſchienen,
Noch kraͤftiger erhoͤht von dem vertieften Gruͤnen,
Drang durch die Oeffnungen der Blaͤtterchen ſo ſchnell,
Glaͤnzt durch die Dunkelheit derſelbigen ſo hell,
Daß es ein wahres Feur, beym erſten Blick, formierte,
Und meinen innern Geiſt, ſo wie die Augen, ruͤhrte.
Es brennet, ſchimmert, glaͤnzt und gluͤht,
Schon vor ſich ſelbſt, von eignem Schimmer reich,
Die Roſe, wenn man ſelbe gleich,
Von Sonnen-Strahlen nicht geſchmuͤcket,
Nur beym bedeckten Tage ſieht,
Beym allgemeinen Licht erblicket.
Viel groͤßer aber wird, in ihrer Pracht,
Die ſchoͤne Loh, ihr Feur weit heller angefacht,
Wenn, bey entwoͤlktem heiterm Wetter,
Ein Sonnen-Strahl der Roſen lichte Blaͤtter,
Voll Gluht und Feuer, trifft. Hier aber, wo der Grund,
Durch welche man ſie ſah, worauf ſie ſtund,
Faſt ſchwarz und dunkel mehr, als wie begruͤnet,
Jhr noch zu einer Fulge dienet;
Weiß ich, ſie wuͤrdig zu beſchreiben,
So Farb’ als Reim nicht hoch genug zu treiben.
Der
8 Theil. H
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0127" n="113"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Ro&#x017F;e.</hi> </fw><lb/>
              <lg n="4">
                <l>Wie ich nun den ge&#x017F;cha&#x0364;rften Blick,</l><lb/>
                <l>Da, wo der Bla&#x0364;tter Heer am &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten &#x017F;ich ver&#x017F;chrenkte,</l><lb/>
                <l>Jn eine dunkle Tiefe &#x017F;enkte;</l><lb/>
                <l>Bog &#x017F;ich von ungefehr, vom Wind, ein A&#x017F;t zuru&#x0364;ck.</l><lb/>
                <l>Gleich &#x017F;prang, als wie ein Blitz, ein kleines rothes Licht</l><lb/>
                <l>Jn mein er&#x017F;taunt Ge&#x017F;icht.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="5">
                <l>Ein Ro&#x017F;en-Bu&#x017F;ch, vom Sonnen-Strahl be&#x017F;chienen,</l><lb/>
                <l>Noch kra&#x0364;ftiger erho&#x0364;ht von dem vertieften Gru&#x0364;nen,</l><lb/>
                <l>Drang durch die Oeffnungen der Bla&#x0364;tterchen &#x017F;o &#x017F;chnell,</l><lb/>
                <l>Gla&#x0364;nzt durch die Dunkelheit der&#x017F;elbigen &#x017F;o hell,</l><lb/>
                <l>Daß es ein wahres Feur, beym er&#x017F;ten Blick, formierte,</l><lb/>
                <l>Und meinen innern Gei&#x017F;t, &#x017F;o wie die Augen, ru&#x0364;hrte.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="6">
                <l>Es brennet, &#x017F;chimmert, gla&#x0364;nzt und glu&#x0364;ht,</l><lb/>
                <l>Schon vor &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, von eignem Schimmer reich,</l><lb/>
                <l>Die Ro&#x017F;e, wenn man &#x017F;elbe gleich,</l><lb/>
                <l>Von Sonnen-Strahlen nicht ge&#x017F;chmu&#x0364;cket,</l><lb/>
                <l>Nur beym bedeckten Tage &#x017F;ieht,</l><lb/>
                <l>Beym allgemeinen Licht erblicket.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="7">
                <l>Viel gro&#x0364;ßer aber wird, in ihrer Pracht,</l><lb/>
                <l>Die &#x017F;cho&#x0364;ne Loh, ihr Feur weit heller angefacht,</l><lb/>
                <l>Wenn, bey entwo&#x0364;lktem heiterm Wetter,</l><lb/>
                <l>Ein Sonnen-Strahl der Ro&#x017F;en lichte Bla&#x0364;tter,</l><lb/>
                <l>Voll Gluht und Feuer, trifft. Hier aber, wo der Grund,</l><lb/>
                <l>Durch welche man &#x017F;ie &#x017F;ah, worauf &#x017F;ie &#x017F;tund,</l><lb/>
                <l>Fa&#x017F;t &#x017F;chwarz und dunkel mehr, als wie begru&#x0364;net,</l><lb/>
                <l>Jhr noch zu einer Fulge dienet;</l><lb/>
                <l>Weiß ich, &#x017F;ie wu&#x0364;rdig zu be&#x017F;chreiben,</l><lb/>
                <l>So Farb&#x2019; als Reim nicht hoch genug zu treiben.</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">8 Theil. H</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113/0127] Die Roſe. Wie ich nun den geſchaͤrften Blick, Da, wo der Blaͤtter Heer am ſtaͤrkſten ſich verſchrenkte, Jn eine dunkle Tiefe ſenkte; Bog ſich von ungefehr, vom Wind, ein Aſt zuruͤck. Gleich ſprang, als wie ein Blitz, ein kleines rothes Licht Jn mein erſtaunt Geſicht. Ein Roſen-Buſch, vom Sonnen-Strahl beſchienen, Noch kraͤftiger erhoͤht von dem vertieften Gruͤnen, Drang durch die Oeffnungen der Blaͤtterchen ſo ſchnell, Glaͤnzt durch die Dunkelheit derſelbigen ſo hell, Daß es ein wahres Feur, beym erſten Blick, formierte, Und meinen innern Geiſt, ſo wie die Augen, ruͤhrte. Es brennet, ſchimmert, glaͤnzt und gluͤht, Schon vor ſich ſelbſt, von eignem Schimmer reich, Die Roſe, wenn man ſelbe gleich, Von Sonnen-Strahlen nicht geſchmuͤcket, Nur beym bedeckten Tage ſieht, Beym allgemeinen Licht erblicket. Viel groͤßer aber wird, in ihrer Pracht, Die ſchoͤne Loh, ihr Feur weit heller angefacht, Wenn, bey entwoͤlktem heiterm Wetter, Ein Sonnen-Strahl der Roſen lichte Blaͤtter, Voll Gluht und Feuer, trifft. Hier aber, wo der Grund, Durch welche man ſie ſah, worauf ſie ſtund, Faſt ſchwarz und dunkel mehr, als wie begruͤnet, Jhr noch zu einer Fulge dienet; Weiß ich, ſie wuͤrdig zu beſchreiben, So Farb’ als Reim nicht hoch genug zu treiben. Der 8 Theil. H

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/127
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/127>, abgerufen am 21.11.2024.