Durch einen kühlen dunklen Wald floß, mit fast un- vermerktem Lauf, Ein klarer Bach. Des Ortes Anmuth schien recht, ob hielt sie ihn, im Rennen, Und seinem sonst nie stillen Wallen, durch gar zu holde Schönheit, auf; Mit Mühe schien er von den kühlen und grünen Schat- ten sich zu trennen.
Der still- und reinen Fluth Chrystallen-gleiches Naß, Von mannichfachem Schmuck der Nachbarschaft gezieret, Nimmt Form und Farben an, verschönert sich; formieret Ein flach- und reines Spiegel-Glas, Worinn von Bäumen, Büschen, Hügeln, Und allem Schmuck, den sie erhalten, Sich die anmuthigen natürlichen Gestalten Fast mehr verdoppeln, als sich spiegeln: Worinn ein weises Aug' und aufgeweckt Gemüth, Von Himmel, Erde, Bäum' und Büsche, Ein wunderbar vermengt Gemische, Ein liebliches und neues Chaos, sieht.
Man glaubt, auf hohen Bäumen, Fische, Und Vögel in der Fluth, zu sehn; Man zweifelt oft, (getäuschet, mit Vergnügen) Ob nicht ein Vogel schwimmt, ob nicht die Fische fliegen, Und sich nicht in der Luft erhöhn.
Hier
Der Wiederſchein.
Durch einen kuͤhlen dunklen Wald floß, mit faſt un- vermerktem Lauf, Ein klarer Bach. Des Ortes Anmuth ſchien recht, ob hielt ſie ihn, im Rennen, Und ſeinem ſonſt nie ſtillen Wallen, durch gar zu holde Schoͤnheit, auf; Mit Muͤhe ſchien er von den kuͤhlen und gruͤnen Schat- ten ſich zu trennen.
Der ſtill- und reinen Fluth Chryſtallen-gleiches Naß, Von mannichfachem Schmuck der Nachbarſchaft gezieret, Nimmt Form und Farben an, verſchoͤnert ſich; formieret Ein flach- und reines Spiegel-Glas, Worinn von Baͤumen, Buͤſchen, Huͤgeln, Und allem Schmuck, den ſie erhalten, Sich die anmuthigen natuͤrlichen Geſtalten Faſt mehr verdoppeln, als ſich ſpiegeln: Worinn ein weiſes Aug’ und aufgeweckt Gemuͤth, Von Himmel, Erde, Baͤum’ und Buͤſche, Ein wunderbar vermengt Gemiſche, Ein liebliches und neues Chaos, ſieht.
Man glaubt, auf hohen Baͤumen, Fiſche, Und Voͤgel in der Fluth, zu ſehn; Man zweifelt oft, (getaͤuſchet, mit Vergnuͤgen) Ob nicht ein Vogel ſchwimmt, ob nicht die Fiſche fliegen, Und ſich nicht in der Luft erhoͤhn.
Hier
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Der Wiederſchein.
Durch einen kuͤhlen dunklen Wald floß, mit faſt un-
vermerktem Lauf,
Ein klarer Bach. Des Ortes Anmuth ſchien recht, ob
hielt ſie ihn, im Rennen,
Und ſeinem ſonſt nie ſtillen Wallen, durch gar zu holde
Schoͤnheit, auf;
Mit Muͤhe ſchien er von den kuͤhlen und gruͤnen Schat-
ten ſich zu trennen.
Der ſtill- und reinen Fluth Chryſtallen-gleiches Naß,
Von mannichfachem Schmuck der Nachbarſchaft gezieret,
Nimmt Form und Farben an, verſchoͤnert ſich; formieret
Ein flach- und reines Spiegel-Glas,
Worinn von Baͤumen, Buͤſchen, Huͤgeln,
Und allem Schmuck, den ſie erhalten,
Sich die anmuthigen natuͤrlichen Geſtalten
Faſt mehr verdoppeln, als ſich ſpiegeln:
Worinn ein weiſes Aug’ und aufgeweckt Gemuͤth,
Von Himmel, Erde, Baͤum’ und Buͤſche,
Ein wunderbar vermengt Gemiſche,
Ein liebliches und neues Chaos, ſieht.
Man glaubt, auf hohen Baͤumen, Fiſche,
Und Voͤgel in der Fluth, zu ſehn;
Man zweifelt oft, (getaͤuſchet, mit Vergnuͤgen)
Ob nicht ein Vogel ſchwimmt, ob nicht die Fiſche fliegen,
Und ſich nicht in der Luft erhoͤhn.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/155>, abgerufen am 16.02.2025.
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