Jst es wahr, daß eine Seele, die so sorglos hier gelebt, Die, in ihrer Lust den Schöpfer zu erhöhn, sich nicht bestrebt, (Wenn sie sich vom Körper trennet, und zugleich von allem dem, Was ihr hier so lieb gewesen, so beliebt, so angenehm) Müß', erstaunet, nur allein ob den Unterlassungs-Sünden, Jn ihr selbst, ein schreckend Leer, eine tiefe Wüste, finden?
"Jst dieß, sag' ich, alles wahr; ach! wie kann es möglich seyn, "Daß wir uns der schönen Welt nicht gebrauchen Gott zu Ehren, "Daß wir nicht, in unsrer Lust, Seines Namens Ruhm vermehren: "Da wir, durch so schnöden Wandel, nicht allein in irdschen Dingen, "Aller Freuden uns berauben; sondern uns, nach die- ser Zeit, "Um die uns, zum Lohn der Lust, dort verheißne Se- ligkeit, "Ja zugleich, so viel an uns, Gott um Seine Ehre, bringen?
Unter-
Betruͤbte Fragen.
Jſt es wahr, daß eine Seele, die ſo ſorglos hier gelebt, Die, in ihrer Luſt den Schoͤpfer zu erhoͤhn, ſich nicht beſtrebt, (Wenn ſie ſich vom Koͤrper trennet, und zugleich von allem dem, Was ihr hier ſo lieb geweſen, ſo beliebt, ſo angenehm) Muͤß’, erſtaunet, nur allein ob den Unterlaſſungs-Suͤnden, Jn ihr ſelbſt, ein ſchreckend Leer, eine tiefe Wuͤſte, finden?
“Jſt dieß, ſag’ ich, alles wahr; ach! wie kann es moͤglich ſeyn, “Daß wir uns der ſchoͤnen Welt nicht gebrauchen Gott zu Ehren, “Daß wir nicht, in unſrer Luſt, Seines Namens Ruhm vermehren: “Da wir, durch ſo ſchnoͤden Wandel, nicht allein in irdſchen Dingen, “Aller Freuden uns berauben; ſondern uns, nach die- ſer Zeit, “Um die uns, zum Lohn der Luſt, dort verheißne Se- ligkeit, “Ja zugleich, ſo viel an uns, Gott um Seine Ehre, bringen?
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Betruͤbte Fragen.
Jſt es wahr, daß eine Seele, die ſo ſorglos hier gelebt,
Die, in ihrer Luſt den Schoͤpfer zu erhoͤhn, ſich nicht
beſtrebt,
(Wenn ſie ſich vom Koͤrper trennet, und zugleich von
allem dem,
Was ihr hier ſo lieb geweſen, ſo beliebt, ſo angenehm)
Muͤß’, erſtaunet, nur allein ob den Unterlaſſungs-Suͤnden,
Jn ihr ſelbſt, ein ſchreckend Leer, eine tiefe Wuͤſte, finden?
“Jſt dieß, ſag’ ich, alles wahr; ach! wie kann es
moͤglich ſeyn,
“Daß wir uns der ſchoͤnen Welt nicht gebrauchen
Gott zu Ehren,
“Daß wir nicht, in unſrer Luſt, Seines Namens Ruhm
vermehren:
“Da wir, durch ſo ſchnoͤden Wandel, nicht allein in
irdſchen Dingen,
“Aller Freuden uns berauben; ſondern uns, nach die-
ſer Zeit,
“Um die uns, zum Lohn der Luſt, dort verheißne Se-
ligkeit,
“Ja zugleich, ſo viel an uns, Gott um Seine Ehre,
bringen?
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/521>, abgerufen am 22.11.2024.
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