Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Der beträchtliche Verlust,
in dem
betrübten und frühzeitigen Ableben
des weiland
S. T. Herrn Hof-Raths
Drollingers.
Auf diesem regen Erd-Planeten, worauf wir uns
gesetzet sehn,
Jst, vom Materialischen, fast alles ordentlich und schön.
Das aber, welches man, bey uns, vernünftig, klug und
geistig nennet,
Jst manchem Fehler unterworfen, und selten nur davon
getrennet.
Jn unsers Geistes Schwachheit bloß, hat jedes Laster
seinen Sitz:
Stolz, Arglist, Ungerechtigkeit, Verfolgung, Bosheit,
eitler Witz,
Der Unglaub' und der Aberglaub'. Es bringen, da sie
stets sich häufen,
Die Leidenschaften ihn dazu, fast unauf hörlich auszu-
schweifen.
Der Leim der Lust, der Wind der Ehre, die strenge Gold-
und Silber-Sucht,
Sind, nebst derselben schlimmen Folgen, bloß des ver-
führten Geistes Frucht.
Der
Der betraͤchtliche Verluſt,
in dem
betruͤbten und fruͤhzeitigen Ableben
des weiland
S. T. Herrn Hof-Raths
Drollingers.
Auf dieſem regen Erd-Planeten, worauf wir uns
geſetzet ſehn,
Jſt, vom Materialiſchen, faſt alles ordentlich und ſchoͤn.
Das aber, welches man, bey uns, vernuͤnftig, klug und
geiſtig nennet,
Jſt manchem Fehler unterworfen, und ſelten nur davon
getrennet.
Jn unſers Geiſtes Schwachheit bloß, hat jedes Laſter
ſeinen Sitz:
Stolz, Argliſt, Ungerechtigkeit, Verfolgung, Bosheit,
eitler Witz,
Der Unglaub’ und der Aberglaub’. Es bringen, da ſie
ſtets ſich haͤufen,
Die Leidenſchaften ihn dazu, faſt unauf hoͤrlich auszu-
ſchweifen.
Der Leim der Luſt, der Wind der Ehre, die ſtrenge Gold-
und Silber-Sucht,
Sind, nebſt derſelben ſchlimmen Folgen, bloß des ver-
fuͤhrten Geiſtes Frucht.
Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0550" n="536"/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#b">Der betra&#x0364;chtliche Verlu&#x017F;t,</hi><lb/>
in dem<lb/><hi rendition="#b">betru&#x0364;bten und fru&#x0364;hzeitigen Ableben</hi><lb/>
des weiland<lb/><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">S. T.</hi> Herrn Hof-Raths<lb/>
Drollingers.</hi></head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">A</hi>uf die&#x017F;em regen Erd-Planeten, worauf wir uns<lb/><hi rendition="#et">ge&#x017F;etzet &#x017F;ehn,</hi></l><lb/>
                <l>J&#x017F;t, vom Materiali&#x017F;chen, fa&#x017F;t alles ordentlich und &#x017F;cho&#x0364;n.</l><lb/>
                <l>Das aber, welches man, bey uns, vernu&#x0364;nftig, klug und<lb/><hi rendition="#et">gei&#x017F;tig nennet,</hi></l><lb/>
                <l>J&#x017F;t manchem Fehler unterworfen, und &#x017F;elten nur davon<lb/><hi rendition="#et">getrennet.</hi></l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Jn un&#x017F;ers Gei&#x017F;tes Schwachheit bloß, hat jedes La&#x017F;ter<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;einen Sitz:</hi></l><lb/>
                <l>Stolz, Argli&#x017F;t, Ungerechtigkeit, Verfolgung, Bosheit,<lb/><hi rendition="#et">eitler Witz,</hi></l><lb/>
                <l>Der Unglaub&#x2019; und der Aberglaub&#x2019;. Es bringen, da &#x017F;ie<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tets &#x017F;ich ha&#x0364;ufen,</hi></l><lb/>
                <l>Die Leiden&#x017F;chaften ihn dazu, fa&#x017F;t unauf ho&#x0364;rlich auszu-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chweifen.</hi></l><lb/>
                <l>Der Leim der Lu&#x017F;t, der Wind der Ehre, die &#x017F;trenge Gold-<lb/><hi rendition="#et">und Silber-Sucht,</hi></l><lb/>
                <l>Sind, neb&#x017F;t der&#x017F;elben &#x017F;chlimmen Folgen, bloß des ver-<lb/><hi rendition="#et">fu&#x0364;hrten Gei&#x017F;tes Frucht.</hi></l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[536/0550] Der betraͤchtliche Verluſt, in dem betruͤbten und fruͤhzeitigen Ableben des weiland S. T. Herrn Hof-Raths Drollingers. Auf dieſem regen Erd-Planeten, worauf wir uns geſetzet ſehn, Jſt, vom Materialiſchen, faſt alles ordentlich und ſchoͤn. Das aber, welches man, bey uns, vernuͤnftig, klug und geiſtig nennet, Jſt manchem Fehler unterworfen, und ſelten nur davon getrennet. Jn unſers Geiſtes Schwachheit bloß, hat jedes Laſter ſeinen Sitz: Stolz, Argliſt, Ungerechtigkeit, Verfolgung, Bosheit, eitler Witz, Der Unglaub’ und der Aberglaub’. Es bringen, da ſie ſtets ſich haͤufen, Die Leidenſchaften ihn dazu, faſt unauf hoͤrlich auszu- ſchweifen. Der Leim der Luſt, der Wind der Ehre, die ſtrenge Gold- und Silber-Sucht, Sind, nebſt derſelben ſchlimmen Folgen, bloß des ver- fuͤhrten Geiſtes Frucht. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/550
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 536. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/550>, abgerufen am 22.11.2024.