Denkend und empfindend Pünctchen, das sich selber Seele nennet, Das sich selber zwar bewußt, aber sich dennoch nicht kennet, Komm einmal, dring' in dich selbst; laß von deinem wahren Wesen, Jn so fern du dir begreiflich, uns doch etwas gründlichs lesen!
Da wir uns auf dich verlassen; da, was du für wahr erklärt, Wir für wahr und richtig halten; ist es wohl der Mühe wehrt, Deine Kraft zu untersuchen: da wir, ohne dich zu kennen, Wenn du dich wo selbst betrögst, auch betrogen werden können.
Dir ist selbst daran gelegen, deine Kinder, die Ge- danken, Einst mit Ernst auf dich zu wenden; deine Kräfte, deine Schranken, Ordentlich zu untersuchen. Sprich nicht, um zu wi- derstreben: "Wem soll ich von meinem Wesen und Verfah- ren Rechnung geben? "Der mich fragt, der bin ich selbst; und zwar bin ich es allein: "Denn mein Körper kann unmöglich über mich ein Richter seyn.
Gut!
Seelen-Betrachtung.
Denkend und empfindend Puͤnctchen, das ſich ſelber Seele nennet, Das ſich ſelber zwar bewußt, aber ſich dennoch nicht kennet, Komm einmal, dring’ in dich ſelbſt; laß von deinem wahren Weſen, Jn ſo fern du dir begreiflich, uns doch etwas gruͤndlichs leſen!
Da wir uns auf dich verlaſſen; da, was du fuͤr wahr erklaͤrt, Wir fuͤr wahr und richtig halten; iſt es wohl der Muͤhe wehrt, Deine Kraft zu unterſuchen: da wir, ohne dich zu kennen, Wenn du dich wo ſelbſt betroͤgſt, auch betrogen werden koͤnnen.
Dir iſt ſelbſt daran gelegen, deine Kinder, die Ge- danken, Einſt mit Ernſt auf dich zu wenden; deine Kraͤfte, deine Schranken, Ordentlich zu unterſuchen. Sprich nicht, um zu wi- derſtreben: “Wem ſoll ich von meinem Weſen und Verfah- ren Rechnung geben? “Der mich fragt, der bin ich ſelbſt; und zwar bin ich es allein: “Denn mein Koͤrper kann unmoͤglich uͤber mich ein Richter ſeyn.
Gut!
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Seelen-Betrachtung.
Denkend und empfindend Puͤnctchen, das ſich ſelber
Seele nennet,
Das ſich ſelber zwar bewußt, aber ſich dennoch nicht
kennet,
Komm einmal, dring’ in dich ſelbſt; laß von deinem
wahren Weſen,
Jn ſo fern du dir begreiflich, uns doch etwas gruͤndlichs
leſen!
Da wir uns auf dich verlaſſen; da, was du fuͤr wahr
erklaͤrt,
Wir fuͤr wahr und richtig halten; iſt es wohl der Muͤhe
wehrt,
Deine Kraft zu unterſuchen: da wir, ohne dich zu kennen,
Wenn du dich wo ſelbſt betroͤgſt, auch betrogen werden
koͤnnen.
Dir iſt ſelbſt daran gelegen, deine Kinder, die Ge-
danken,
Einſt mit Ernſt auf dich zu wenden; deine Kraͤfte,
deine Schranken,
Ordentlich zu unterſuchen. Sprich nicht, um zu wi-
derſtreben:
“Wem ſoll ich von meinem Weſen und Verfah-
ren Rechnung geben?
“Der mich fragt, der bin ich ſelbſt; und zwar
bin ich es allein:
“Denn mein Koͤrper kann unmoͤglich uͤber mich
ein Richter ſeyn.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/574>, abgerufen am 24.11.2024.
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