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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

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im Frühlinge.
Allein, werft die erstaunten Blicke
Auf jene Bäume dort zurücke!
Die Knospen liefern uns nicht Blätterchen allein;
Sie stoßen, in gefärbtem Schein,
Und wunderschön formiertem Flor,
Ein ganzes Bluhmen-Heer hervor.
Seht Birn-Bäum', Aprikosen, Kirschen,
Jn weissen Rosen schimmernd, blühn!
Seht dorten Mandel-Bäum' und Pfirschen,
Jn rothen Rosen, lieblich glühn,
Und dort, auf Aepfel-Bäum- und Büschen,
Sich beyder Farben zärtlich mischen;
Ja, wie dort, auf den schwanken Feigen,
Die Früchte selbst schon, statt der Knospen, steigen.
Erwäget doch, in dieser Frühlings-Zeit,
Derselben Drang, der Farben Lieblichkeit,
Der Form- und Arten Unterscheid!
Will man denn, zu des Schöpfers Ehren,
Der Knospen liebliches Gebähren,
Mit Andacht, und mit Lust, nicht sehn,
Jhn, durch Bewundrung, nicht erhöhn;
Und, da derselben schöne Früchte,
So wie die Blühte, dem Gesichte
Ergetzlich, sich nicht dran ergetzen,
Nicht darinn Gottes Macht und weise Liebe
schätzen?


Mancher-
im Fruͤhlinge.
Allein, werft die erſtaunten Blicke
Auf jene Baͤume dort zuruͤcke!
Die Knoſpen liefern uns nicht Blaͤtterchen allein;
Sie ſtoßen, in gefaͤrbtem Schein,
Und wunderſchoͤn formiertem Flor,
Ein ganzes Bluhmen-Heer hervor.
Seht Birn-Baͤum’, Aprikoſen, Kirſchen,
Jn weiſſen Roſen ſchimmernd, bluͤhn!
Seht dorten Mandel-Baͤum’ und Pfirſchen,
Jn rothen Roſen, lieblich gluͤhn,
Und dort, auf Aepfel-Baͤum- und Buͤſchen,
Sich beyder Farben zaͤrtlich miſchen;
Ja, wie dort, auf den ſchwanken Feigen,
Die Fruͤchte ſelbſt ſchon, ſtatt der Knoſpen, ſteigen.
Erwaͤget doch, in dieſer Fruͤhlings-Zeit,
Derſelben Drang, der Farben Lieblichkeit,
Der Form- und Arten Unterſcheid!
Will man denn, zu des Schoͤpfers Ehren,
Der Knoſpen liebliches Gebaͤhren,
Mit Andacht, und mit Luſt, nicht ſehn,
Jhn, durch Bewundrung, nicht erhoͤhn;
Und, da derſelben ſchoͤne Fruͤchte,
So wie die Bluͤhte, dem Geſichte
Ergetzlich, ſich nicht dran ergetzen,
Nicht darinn Gottes Macht und weiſe Liebe
ſchaͤtzen?


Mancher-
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[47/0061] im Fruͤhlinge. Allein, werft die erſtaunten Blicke Auf jene Baͤume dort zuruͤcke! Die Knoſpen liefern uns nicht Blaͤtterchen allein; Sie ſtoßen, in gefaͤrbtem Schein, Und wunderſchoͤn formiertem Flor, Ein ganzes Bluhmen-Heer hervor. Seht Birn-Baͤum’, Aprikoſen, Kirſchen, Jn weiſſen Roſen ſchimmernd, bluͤhn! Seht dorten Mandel-Baͤum’ und Pfirſchen, Jn rothen Roſen, lieblich gluͤhn, Und dort, auf Aepfel-Baͤum- und Buͤſchen, Sich beyder Farben zaͤrtlich miſchen; Ja, wie dort, auf den ſchwanken Feigen, Die Fruͤchte ſelbſt ſchon, ſtatt der Knoſpen, ſteigen. Erwaͤget doch, in dieſer Fruͤhlings-Zeit, Derſelben Drang, der Farben Lieblichkeit, Der Form- und Arten Unterſcheid! Will man denn, zu des Schoͤpfers Ehren, Der Knoſpen liebliches Gebaͤhren, Mit Andacht, und mit Luſt, nicht ſehn, Jhn, durch Bewundrung, nicht erhoͤhn; Und, da derſelben ſchoͤne Fruͤchte, So wie die Bluͤhte, dem Geſichte Ergetzlich, ſich nicht dran ergetzen, Nicht darinn Gottes Macht und weiſe Liebe ſchaͤtzen? Mancher-

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/61>, abgerufen am 24.11.2024.