Was wesentliches untersuchen, und deine Schlüss' er- grübeln wollte; Würd' es nicht unvermeidlich irren? würd' es gedenken, wie es sollte?
Sprich nicht: Ein Thier ist unvernünftig; wir ha- ben die Vernunft empfangen. Denn hör! ist dieses recht geschlossen: Wir denken bes- ser; darum kann Dein Geist, der, sonder Zweifel, endlich, zu dem Unend- lichen gelangen, Der Gottheit wahres Wesen kennen? Fürwahr! es geht der Schluß nicht an: Dieß ist ein Sprung, der unerlaubt. Ja, sprichst du: Dennoch wird man müssen Der Seelen Kräfte dazu brauchen, von Gott, so viel man kann, zu wissen. O nein, mein Freund! dieß folget nicht. Die Gränzen unsers Geistes zeigen, Jn Dingen, die nicht sinnlich sind, wenn er vom Leib- lichen sich zieht, Und abgezogne Schlüsse zeugt, wie ernstlich er sich auch bemüht, Daß wissen nicht für uns gehört: Dieß hieß die Schran- ken übersteigen, Die hier dem Geist von Gott gesetzt. Ein gründlichs Wissen ist vielleicht Den Engeln kaum noch zuzustehn; viel minder uns, in diesem Leben. Wird denn, was Engel nicht vermögen, von eines Men- schen Geist erreicht?
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Der vernuͤnftige Gottes-Dienſt.
Was weſentliches unterſuchen, und deine Schluͤſſ’ er- gruͤbeln wollte; Wuͤrd’ es nicht unvermeidlich irren? wuͤrd’ es gedenken, wie es ſollte?
Sprich nicht: Ein Thier iſt unvernuͤnftig; wir ha- ben die Vernunft empfangen. Denn hoͤr! iſt dieſes recht geſchloſſen: Wir denken beſ- ſer; darum kann Dein Geiſt, der, ſonder Zweifel, endlich, zu dem Unend- lichen gelangen, Der Gottheit wahres Weſen kennen? Fuͤrwahr! es geht der Schluß nicht an: Dieß iſt ein Sprung, der unerlaubt. Ja, ſprichſt du: Dennoch wird man muͤſſen Der Seelen Kraͤfte dazu brauchen, von Gott, ſo viel man kann, zu wiſſen. O nein, mein Freund! dieß folget nicht. Die Graͤnzen unſers Geiſtes zeigen, Jn Dingen, die nicht ſinnlich ſind, wenn er vom Leib- lichen ſich zieht, Und abgezogne Schluͤſſe zeugt, wie ernſtlich er ſich auch bemuͤht, Daß wiſſen nicht fuͤr uns gehoͤrt: Dieß hieß die Schran- ken uͤberſteigen, Die hier dem Geiſt von Gott geſetzt. Ein gruͤndlichs Wiſſen iſt vielleicht Den Engeln kaum noch zuzuſtehn; viel minder uns, in dieſem Leben. Wird denn, was Engel nicht vermoͤgen, von eines Men- ſchen Geiſt erreicht?
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Der vernuͤnftige Gottes-Dienſt.
Was weſentliches unterſuchen, und deine Schluͤſſ’ er-
gruͤbeln wollte;
Wuͤrd’ es nicht unvermeidlich irren? wuͤrd’ es gedenken,
wie es ſollte?
Sprich nicht: Ein Thier iſt unvernuͤnftig; wir ha-
ben die Vernunft empfangen.
Denn hoͤr! iſt dieſes recht geſchloſſen: Wir denken beſ-
ſer; darum kann
Dein Geiſt, der, ſonder Zweifel, endlich, zu dem Unend-
lichen gelangen,
Der Gottheit wahres Weſen kennen? Fuͤrwahr! es geht
der Schluß nicht an:
Dieß iſt ein Sprung, der unerlaubt. Ja, ſprichſt du:
Dennoch wird man muͤſſen
Der Seelen Kraͤfte dazu brauchen, von Gott, ſo viel
man kann, zu wiſſen.
O nein, mein Freund! dieß folget nicht. Die Graͤnzen
unſers Geiſtes zeigen,
Jn Dingen, die nicht ſinnlich ſind, wenn er vom Leib-
lichen ſich zieht,
Und abgezogne Schluͤſſe zeugt, wie ernſtlich er ſich auch
bemuͤht,
Daß wiſſen nicht fuͤr uns gehoͤrt: Dieß hieß die Schran-
ken uͤberſteigen,
Die hier dem Geiſt von Gott geſetzt. Ein gruͤndlichs
Wiſſen iſt vielleicht
Den Engeln kaum noch zuzuſtehn; viel minder uns, in
dieſem Leben.
Wird denn, was Engel nicht vermoͤgen, von eines Men-
ſchen Geiſt erreicht?
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/631>, abgerufen am 26.06.2024.
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