Wer mit Andacht eine Blume Recht mit Menschenaugen sieht, Wie sie, zu des Schöpfers Ruhme, Jn so schönen Farben glüht, Wie die Glut der Granadiljen, Wie das Silber weißer Liljen So gar unbeschreiblich schön, Muß in ihnen Gott erhöhn.
Wer kann den Geruch ergründen, Der in solchem Unterscheid Jn der Blumen Heer zu finden, Und, mit solcher Lieblichkeit, Unser Herz und Hirn ergetzet, Ja fast in Erstaunen setzet, Denkt man, wie das, was man spürt, Aus verworfnem Koth herrührt?
Was der Blumen Meng' aushauchet, Balsamiret Luft und Wind: Welch ein Ambra dampft und rauchet Aus der frühen Hyacinth! Wie weis doch der Dunst der Rosen Unsrer Nasen liebzukosen! Hat nicht unsrer Nelken Kraft Des Gewürzes Eigenschaft?
Wie durchdringt der Aepfel Blüte, Tuberosen und Jesmin Nas' und Herz, Sinn und Gemüthe, Deren Duft wir an uns ziehn! Wie wird durch die Blüt der Linden, Durch Muskat und Zimmetrinden, Die der Luftkreis zu uns schickt, Unser Herze nicht erquickt!
Wie
G
uͤber das Reich der Pflanzen.
Wer mit Andacht eine Blume Recht mit Menſchenaugen ſieht, Wie ſie, zu des Schoͤpfers Ruhme, Jn ſo ſchoͤnen Farben gluͤht, Wie die Glut der Granadiljen, Wie das Silber weißer Liljen So gar unbeſchreiblich ſchoͤn, Muß in ihnen Gott erhoͤhn.
Wer kann den Geruch ergruͤnden, Der in ſolchem Unterſcheid Jn der Blumen Heer zu finden, Und, mit ſolcher Lieblichkeit, Unſer Herz und Hirn ergetzet, Ja faſt in Erſtaunen ſetzet, Denkt man, wie das, was man ſpuͤrt, Aus verworfnem Koth herruͤhrt?
Was der Blumen Meng’ aushauchet, Balſamiret Luft und Wind: Welch ein Ambra dampft und rauchet Aus der fruͤhen Hyacinth! Wie weis doch der Dunſt der Roſen Unſrer Naſen liebzukoſen! Hat nicht unſrer Nelken Kraft Des Gewuͤrzes Eigenſchaft?
Wie durchdringt der Aepfel Bluͤte, Tuberoſen und Jesmin Naſ’ und Herz, Sinn und Gemuͤthe, Deren Duft wir an uns ziehn! Wie wird durch die Bluͤt der Linden, Durch Muskat und Zimmetrinden, Die der Luftkreis zu uns ſchickt, Unſer Herze nicht erquickt!
Wie
G
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0117"n="97"/><fwplace="top"type="header">uͤber das Reich der Pflanzen.</fw><lb/><lgn="371"><l>Wer mit Andacht eine Blume</l><lb/><l>Recht mit Menſchenaugen ſieht,</l><lb/><l>Wie ſie, zu des Schoͤpfers Ruhme,</l><lb/><l>Jn ſo ſchoͤnen Farben gluͤht,</l><lb/><l>Wie die Glut der Granadiljen,</l><lb/><l>Wie das Silber weißer Liljen</l><lb/><l>So gar unbeſchreiblich ſchoͤn,</l><lb/><l>Muß in ihnen Gott erhoͤhn.</l></lg><lb/><lgn="372"><l>Wer kann den Geruch ergruͤnden,</l><lb/><l>Der in ſolchem Unterſcheid</l><lb/><l>Jn der Blumen Heer zu finden,</l><lb/><l>Und, mit ſolcher Lieblichkeit,</l><lb/><l>Unſer Herz und Hirn ergetzet,</l><lb/><l>Ja faſt in Erſtaunen ſetzet,</l><lb/><l>Denkt man, wie das, was man ſpuͤrt,</l><lb/><l>Aus verworfnem Koth herruͤhrt?</l></lg><lb/><lgn="373"><l>Was der Blumen Meng’ aushauchet,</l><lb/><l>Balſamiret Luft und Wind:</l><lb/><l>Welch ein Ambra dampft und rauchet</l><lb/><l>Aus der fruͤhen Hyacinth!</l><lb/><l>Wie weis doch der Dunſt der Roſen</l><lb/><l>Unſrer Naſen liebzukoſen!</l><lb/><l>Hat nicht unſrer Nelken Kraft</l><lb/><l>Des Gewuͤrzes Eigenſchaft?</l></lg><lb/><lgn="374"><l>Wie durchdringt der Aepfel Bluͤte,</l><lb/><l>Tuberoſen und Jesmin</l><lb/><l>Naſ’ und Herz, Sinn und Gemuͤthe,</l><lb/><l>Deren Duft wir an uns ziehn!</l><lb/><l>Wie wird durch die Bluͤt der Linden,</l><lb/><l>Durch Muskat und Zimmetrinden,</l><lb/><l>Die der Luftkreis zu uns ſchickt,</l><lb/><l>Unſer Herze nicht erquickt!</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig">G</fw><fwplace="bottom"type="catch">Wie</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[97/0117]
uͤber das Reich der Pflanzen.
Wer mit Andacht eine Blume
Recht mit Menſchenaugen ſieht,
Wie ſie, zu des Schoͤpfers Ruhme,
Jn ſo ſchoͤnen Farben gluͤht,
Wie die Glut der Granadiljen,
Wie das Silber weißer Liljen
So gar unbeſchreiblich ſchoͤn,
Muß in ihnen Gott erhoͤhn.
Wer kann den Geruch ergruͤnden,
Der in ſolchem Unterſcheid
Jn der Blumen Heer zu finden,
Und, mit ſolcher Lieblichkeit,
Unſer Herz und Hirn ergetzet,
Ja faſt in Erſtaunen ſetzet,
Denkt man, wie das, was man ſpuͤrt,
Aus verworfnem Koth herruͤhrt?
Was der Blumen Meng’ aushauchet,
Balſamiret Luft und Wind:
Welch ein Ambra dampft und rauchet
Aus der fruͤhen Hyacinth!
Wie weis doch der Dunſt der Roſen
Unſrer Naſen liebzukoſen!
Hat nicht unſrer Nelken Kraft
Des Gewuͤrzes Eigenſchaft?
Wie durchdringt der Aepfel Bluͤte,
Tuberoſen und Jesmin
Naſ’ und Herz, Sinn und Gemuͤthe,
Deren Duft wir an uns ziehn!
Wie wird durch die Bluͤt der Linden,
Durch Muskat und Zimmetrinden,
Die der Luftkreis zu uns ſchickt,
Unſer Herze nicht erquickt!
Wie
G
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/117>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.