Die nimmermehr gezählte Menge von so viel niedlichen Gerichten, Woran sie sich vergnügen sollen, auch von den Blumen vorgestellt; Nicht minder, das so mancherley zu ihrer Lust erschaffne Vieh, Der süsse Wohllaut der Musik, und sonderlich die holden Triebe, Die Lüste, die nicht auszudrücken, von einer zugelaßnen Liebe. Was meynt mein Leser, würden sie Nach einem solchen Aufenthalt mit vieler Sehnsucht, ohn Verweilen, Nach aller Möglichkeit nicht eilen? Wir aber, die wir wirklich da, und die wir alle diese Gaben Jn unserm wirklichen Besitz, zu unsrer Lust, unleugbar haben, Ja, die wir glauben, daß der Schöpfer sie uns zur Lust geschenkt und wolle, Daß man in seinen schönen Werken, zu seinem Ruhm, sich freuen solle, Seyn, so für sie, als ihrem Geber, so unempfindlich als ein Stein: Was muß daran wohl Ursach seyn?
Noth-
Vermiſchte Gedichte
Die nimmermehr gezaͤhlte Menge von ſo viel niedlichen Gerichten, Woran ſie ſich vergnuͤgen ſollen, auch von den Blumen vorgeſtellt; Nicht minder, das ſo mancherley zu ihrer Luſt erſchaffne Vieh, Der ſuͤſſe Wohllaut der Muſik, und ſonderlich die holden Triebe, Die Luͤſte, die nicht auszudruͤcken, von einer zugelaßnen Liebe. Was meynt mein Leſer, wuͤrden ſie Nach einem ſolchen Aufenthalt mit vieler Sehnſucht, ohn Verweilen, Nach aller Moͤglichkeit nicht eilen? Wir aber, die wir wirklich da, und die wir alle dieſe Gaben Jn unſerm wirklichen Beſitz, zu unſrer Luſt, unleugbar haben, Ja, die wir glauben, daß der Schoͤpfer ſie uns zur Luſt geſchenkt und wolle, Daß man in ſeinen ſchoͤnen Werken, zu ſeinem Ruhm, ſich freuen ſolle, Seyn, ſo fuͤr ſie, als ihrem Geber, ſo unempfindlich als ein Stein: Was muß daran wohl Urſach ſeyn?
Noth-
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Vermiſchte Gedichte
Die nimmermehr gezaͤhlte Menge von ſo viel niedlichen
Gerichten,
Woran ſie ſich vergnuͤgen ſollen, auch von den Blumen
vorgeſtellt;
Nicht minder, das ſo mancherley zu ihrer Luſt erſchaffne
Vieh,
Der ſuͤſſe Wohllaut der Muſik, und ſonderlich die holden
Triebe,
Die Luͤſte, die nicht auszudruͤcken, von einer zugelaßnen
Liebe.
Was meynt mein Leſer, wuͤrden ſie
Nach einem ſolchen Aufenthalt mit vieler Sehnſucht, ohn
Verweilen,
Nach aller Moͤglichkeit nicht eilen?
Wir aber, die wir wirklich da, und die wir alle dieſe
Gaben
Jn unſerm wirklichen Beſitz, zu unſrer Luſt, unleugbar
haben,
Ja, die wir glauben, daß der Schoͤpfer ſie uns zur Luſt
geſchenkt und wolle,
Daß man in ſeinen ſchoͤnen Werken, zu ſeinem Ruhm, ſich
freuen ſolle,
Seyn, ſo fuͤr ſie, als ihrem Geber, ſo unempfindlich als
ein Stein:
Was muß daran wohl Urſach ſeyn?
Noth-
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/360>, abgerufen am 22.11.2024.
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