Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
zum irdischen Vergnügen in Gott.
Zwar die Figur von einem Stern, wovon doch jedes
hinterwerts,
Gemeinschaftlich mit seinem Nachbar, fast an Gestalt ein
grünes Herz,
Das hol, und an dem Rand gekrümmt verwunderlich for-
miret hat.
Recht da wo sich die Blätter biegen,
Wenn man sie in der Queer durchschnitten, sieht man, wie
im gevierten Platz,
Jn zierlich abgetheilten Fächern, als einen da verborgnen
Schatz,
Den ungezählten Samen liegen;
Der, wegen seiner Kleinheit, werth, daß man denselbigen
beachtet
Und, daß solch eine große Staud' in ihm verborgen liegt,
betrachtet,
Nebst so viel Blättern, Stengeln, Blumen, Kein mensch-
licher Verstand kann fassen,
Wie doch so viel und große Theile so enge sich verschrän-
ken lassen.
Man sollte, da dieß unbegreiflich, wohl gar auf die Ge-
danken kommen,
Es würd', im Wachsen, aller Stoff von ihnen aus der Luft
genommen,
Und, auf Magneten Art, gezogen; indem dieß möglicher
noch scheint,
Daß eine Menge vieler Theile mit ihr von außen sich
vereint,
Als daß sie in ihr eingeschlossen, in solchem engen Raum
verschränket,
Ganz unbegreiflich liegen sollten. Allein, wie tief man
immer denket,
Wird
A a 2
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Zwar die Figur von einem Stern, wovon doch jedes
hinterwerts,
Gemeinſchaftlich mit ſeinem Nachbar, faſt an Geſtalt ein
gruͤnes Herz,
Das hol, und an dem Rand gekruͤmmt verwunderlich for-
miret hat.
Recht da wo ſich die Blaͤtter biegen,
Wenn man ſie in der Queer durchſchnitten, ſieht man, wie
im gevierten Platz,
Jn zierlich abgetheilten Faͤchern, als einen da verborgnen
Schatz,
Den ungezaͤhlten Samen liegen;
Der, wegen ſeiner Kleinheit, werth, daß man denſelbigen
beachtet
Und, daß ſolch eine große Staud’ in ihm verborgen liegt,
betrachtet,
Nebſt ſo viel Blaͤttern, Stengeln, Blumen, Kein menſch-
licher Verſtand kann faſſen,
Wie doch ſo viel und große Theile ſo enge ſich verſchraͤn-
ken laſſen.
Man ſollte, da dieß unbegreiflich, wohl gar auf die Ge-
danken kommen,
Es wuͤrd’, im Wachſen, aller Stoff von ihnen aus der Luft
genommen,
Und, auf Magneten Art, gezogen; indem dieß moͤglicher
noch ſcheint,
Daß eine Menge vieler Theile mit ihr von außen ſich
vereint,
Als daß ſie in ihr eingeſchloſſen, in ſolchem engen Raum
verſchraͤnket,
Ganz unbegreiflich liegen ſollten. Allein, wie tief man
immer denket,
Wird
A a 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0391" n="371"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">zum irdi&#x017F;chen Vergnu&#x0364;gen in Gott.</hi> </fw><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Zwar die Figur von einem Stern, wovon doch jedes</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">hinterwerts,</hi> </l><lb/>
            <l>Gemein&#x017F;chaftlich mit &#x017F;einem Nachbar, fa&#x017F;t an Ge&#x017F;talt ein</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">gru&#x0364;nes Herz,</hi> </l><lb/>
            <l>Das hol, und an dem Rand gekru&#x0364;mmt verwunderlich for-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">miret hat.</hi> </l><lb/>
            <l>Recht da wo &#x017F;ich die Bla&#x0364;tter biegen,</l><lb/>
            <l>Wenn man &#x017F;ie in der Queer durch&#x017F;chnitten, &#x017F;ieht man, wie</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">im gevierten Platz,</hi> </l><lb/>
            <l>Jn zierlich abgetheilten Fa&#x0364;chern, als einen da verborgnen</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Schatz,</hi> </l><lb/>
            <l>Den ungeza&#x0364;hlten Samen liegen;</l><lb/>
            <l>Der, wegen &#x017F;einer Kleinheit, werth, daß man den&#x017F;elbigen</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">beachtet</hi> </l><lb/>
            <l>Und, daß &#x017F;olch eine große Staud&#x2019; in ihm verborgen liegt,</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">betrachtet,</hi> </l><lb/>
            <l>Neb&#x017F;t &#x017F;o viel Bla&#x0364;ttern, Stengeln, Blumen, Kein men&#x017F;ch-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">licher Ver&#x017F;tand kann fa&#x017F;&#x017F;en,</hi> </l><lb/>
            <l>Wie doch &#x017F;o viel und große Theile &#x017F;o enge &#x017F;ich ver&#x017F;chra&#x0364;n-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">ken la&#x017F;&#x017F;en.</hi> </l><lb/>
            <l>Man &#x017F;ollte, da dieß unbegreiflich, wohl gar auf die Ge-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">danken kommen,</hi> </l><lb/>
            <l>Es wu&#x0364;rd&#x2019;, im Wach&#x017F;en, aller Stoff von ihnen aus der Luft</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">genommen,</hi> </l><lb/>
            <l>Und, auf Magneten Art, gezogen; indem dieß mo&#x0364;glicher</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">noch &#x017F;cheint,</hi> </l><lb/>
            <l>Daß eine Menge vieler Theile mit ihr von außen &#x017F;ich</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">vereint,</hi> </l><lb/>
            <l>Als daß &#x017F;ie in ihr einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, in &#x017F;olchem engen Raum</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">ver&#x017F;chra&#x0364;nket,</hi> </l><lb/>
            <l>Ganz unbegreiflich liegen &#x017F;ollten. Allein, wie tief man</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">immer denket,</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">A a 2</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Wird</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[371/0391] zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott. Zwar die Figur von einem Stern, wovon doch jedes hinterwerts, Gemeinſchaftlich mit ſeinem Nachbar, faſt an Geſtalt ein gruͤnes Herz, Das hol, und an dem Rand gekruͤmmt verwunderlich for- miret hat. Recht da wo ſich die Blaͤtter biegen, Wenn man ſie in der Queer durchſchnitten, ſieht man, wie im gevierten Platz, Jn zierlich abgetheilten Faͤchern, als einen da verborgnen Schatz, Den ungezaͤhlten Samen liegen; Der, wegen ſeiner Kleinheit, werth, daß man denſelbigen beachtet Und, daß ſolch eine große Staud’ in ihm verborgen liegt, betrachtet, Nebſt ſo viel Blaͤttern, Stengeln, Blumen, Kein menſch- licher Verſtand kann faſſen, Wie doch ſo viel und große Theile ſo enge ſich verſchraͤn- ken laſſen. Man ſollte, da dieß unbegreiflich, wohl gar auf die Ge- danken kommen, Es wuͤrd’, im Wachſen, aller Stoff von ihnen aus der Luft genommen, Und, auf Magneten Art, gezogen; indem dieß moͤglicher noch ſcheint, Daß eine Menge vieler Theile mit ihr von außen ſich vereint, Als daß ſie in ihr eingeſchloſſen, in ſolchem engen Raum verſchraͤnket, Ganz unbegreiflich liegen ſollten. Allein, wie tief man immer denket, Wird A a 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/391
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/391>, abgerufen am 22.11.2024.