Die Weiße, die wir an dem Schnee, am Schwan, an allen Blüten sehn, Jst schuldig deinem Glanz zu weichen, Und kurz, was weiß ist auf der Welt, kann nicht an deiner Weiße reichen. Es scheint die bildende Natur, um dich für andre zu er- heben, Mit recht darauf gelenkter Absicht sich alles Ernstes zu be- streben, Darum hat sie, in deiner Mitten, ein dunkles Maus- fahl angebracht Jn einem aus viel finstern Zäsern sehr ordentlich gezognen Kreise, Damit, durch diese schnelle Schwärze, dein Weißes sich noch weißer weise. Dein Licht erhebt sich in der That noch mehr, durch diese kleine Nacht. Nun ist noch mehr beträchtliches in dieses dunklen Kreises Ründe, Jndem ich seinen Mittelpunkt mit Gelb als Gold gefüllet finde. Dadurch nun glänzest du zugleich in silberner und güldner Pracht: Ja, was noch mehr, man sieht, im Gelben, aufs neu, auf kleinen dunklen Spitzen, Jm abermalgen Silberschimmer, verschiedne weiße Sternchen blitzen. Aus diesem güldnen Mittelpunkt und dessen dunklen Rand, verbreiten Sich ordentlich von allen Seiten Die weißen Blätter, deren jedes geformt als wie ein heller Stral, Und immer funfzehn an der Zahl.
Sie
Vermiſchte Gedichte
Die Weiße, die wir an dem Schnee, am Schwan, an allen Bluͤten ſehn, Jſt ſchuldig deinem Glanz zu weichen, Und kurz, was weiß iſt auf der Welt, kann nicht an deiner Weiße reichen. Es ſcheint die bildende Natur, um dich fuͤr andre zu er- heben, Mit recht darauf gelenkter Abſicht ſich alles Ernſtes zu be- ſtreben, Darum hat ſie, in deiner Mitten, ein dunkles Maus- fahl angebracht Jn einem aus viel finſtern Zaͤſern ſehr ordentlich gezognen Kreiſe, Damit, durch dieſe ſchnelle Schwaͤrze, dein Weißes ſich noch weißer weiſe. Dein Licht erhebt ſich in der That noch mehr, durch dieſe kleine Nacht. Nun iſt noch mehr betraͤchtliches in dieſes dunklen Kreiſes Ruͤnde, Jndem ich ſeinen Mittelpunkt mit Gelb als Gold gefuͤllet finde. Dadurch nun glaͤnzeſt du zugleich in ſilberner und guͤldner Pracht: Ja, was noch mehr, man ſieht, im Gelben, aufs neu, auf kleinen dunklen Spitzen, Jm abermalgen Silberſchimmer, verſchiedne weiße Sternchen blitzen. Aus dieſem guͤldnen Mittelpunkt und deſſen dunklen Rand, verbreiten Sich ordentlich von allen Seiten Die weißen Blaͤtter, deren jedes geformt als wie ein heller Stral, Und immer funfzehn an der Zahl.
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Vermiſchte Gedichte
Die Weiße, die wir an dem Schnee, am Schwan, an
allen Bluͤten ſehn,
Jſt ſchuldig deinem Glanz zu weichen,
Und kurz, was weiß iſt auf der Welt, kann nicht an
deiner Weiße reichen.
Es ſcheint die bildende Natur, um dich fuͤr andre zu er-
heben,
Mit recht darauf gelenkter Abſicht ſich alles Ernſtes zu be-
ſtreben,
Darum hat ſie, in deiner Mitten, ein dunkles Maus-
fahl angebracht
Jn einem aus viel finſtern Zaͤſern ſehr ordentlich gezognen
Kreiſe,
Damit, durch dieſe ſchnelle Schwaͤrze, dein Weißes ſich
noch weißer weiſe.
Dein Licht erhebt ſich in der That noch mehr, durch dieſe
kleine Nacht.
Nun iſt noch mehr betraͤchtliches in dieſes dunklen Kreiſes
Ruͤnde,
Jndem ich ſeinen Mittelpunkt mit Gelb als Gold gefuͤllet
finde.
Dadurch nun glaͤnzeſt du zugleich in ſilberner und guͤldner
Pracht:
Ja, was noch mehr, man ſieht, im Gelben, aufs neu,
auf kleinen dunklen Spitzen,
Jm abermalgen Silberſchimmer, verſchiedne weiße
Sternchen blitzen.
Aus dieſem guͤldnen Mittelpunkt und deſſen dunklen Rand,
verbreiten
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Die weißen Blaͤtter, deren jedes geformt als wie ein
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/394>, abgerufen am 17.07.2024.
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