Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Gedichte
Die Weiße, die wir an dem Schnee, am Schwan, an
allen Blüten sehn,

Jst schuldig deinem Glanz zu weichen,
Und kurz, was weiß ist auf der Welt, kann nicht an
deiner Weiße reichen.

Es scheint die bildende Natur, um dich für andre zu er-
heben,

Mit recht darauf gelenkter Absicht sich alles Ernstes zu be-
streben,

Darum hat sie, in deiner Mitten, ein dunkles Maus-
fahl angebracht

Jn einem aus viel finstern Zäsern sehr ordentlich gezognen
Kreise,

Damit, durch diese schnelle Schwärze, dein Weißes sich
noch weißer weise.

Dein Licht erhebt sich in der That noch mehr, durch diese
kleine Nacht.

Nun ist noch mehr beträchtliches in dieses dunklen Kreises
Ründe,

Jndem ich seinen Mittelpunkt mit Gelb als Gold gefüllet
finde.

Dadurch nun glänzest du zugleich in silberner und güldner
Pracht:

Ja, was noch mehr, man sieht, im Gelben, aufs neu,
auf kleinen dunklen Spitzen,

Jm abermalgen Silberschimmer, verschiedne weiße
Sternchen blitzen.

Aus diesem güldnen Mittelpunkt und dessen dunklen Rand,
verbreiten

Sich ordentlich von allen Seiten
Die weißen Blätter, deren jedes geformt als wie ein
heller Stral,

Und immer funfzehn an der Zahl.
Sie
Vermiſchte Gedichte
Die Weiße, die wir an dem Schnee, am Schwan, an
allen Bluͤten ſehn,

Jſt ſchuldig deinem Glanz zu weichen,
Und kurz, was weiß iſt auf der Welt, kann nicht an
deiner Weiße reichen.

Es ſcheint die bildende Natur, um dich fuͤr andre zu er-
heben,

Mit recht darauf gelenkter Abſicht ſich alles Ernſtes zu be-
ſtreben,

Darum hat ſie, in deiner Mitten, ein dunkles Maus-
fahl angebracht

Jn einem aus viel finſtern Zaͤſern ſehr ordentlich gezognen
Kreiſe,

Damit, durch dieſe ſchnelle Schwaͤrze, dein Weißes ſich
noch weißer weiſe.

Dein Licht erhebt ſich in der That noch mehr, durch dieſe
kleine Nacht.

Nun iſt noch mehr betraͤchtliches in dieſes dunklen Kreiſes
Ruͤnde,

Jndem ich ſeinen Mittelpunkt mit Gelb als Gold gefuͤllet
finde.

Dadurch nun glaͤnzeſt du zugleich in ſilberner und guͤldner
Pracht:

Ja, was noch mehr, man ſieht, im Gelben, aufs neu,
auf kleinen dunklen Spitzen,

Jm abermalgen Silberſchimmer, verſchiedne weiße
Sternchen blitzen.

Aus dieſem guͤldnen Mittelpunkt und deſſen dunklen Rand,
verbreiten

Sich ordentlich von allen Seiten
Die weißen Blaͤtter, deren jedes geformt als wie ein
heller Stral,

Und immer funfzehn an der Zahl.
Sie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0394" n="374"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Gedichte</hi> </fw><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Die Weiße, die wir an dem Schnee, am Schwan, an<lb/><hi rendition="#et">allen Blu&#x0364;ten &#x017F;ehn,</hi></l><lb/>
            <l>J&#x017F;t &#x017F;chuldig deinem Glanz zu weichen,</l><lb/>
            <l>Und kurz, was weiß i&#x017F;t auf der Welt, kann nicht an<lb/><hi rendition="#et">deiner Weiße reichen.</hi></l><lb/>
            <l>Es &#x017F;cheint die bildende Natur, um dich fu&#x0364;r andre zu er-<lb/><hi rendition="#et">heben,</hi></l><lb/>
            <l>Mit recht darauf gelenkter Ab&#x017F;icht &#x017F;ich alles Ern&#x017F;tes zu be-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;treben,</hi></l><lb/>
            <l>Darum hat &#x017F;ie, in deiner Mitten, ein dunkles Maus-<lb/><hi rendition="#et">fahl angebracht</hi></l><lb/>
            <l>Jn einem aus viel fin&#x017F;tern Za&#x0364;&#x017F;ern &#x017F;ehr ordentlich gezognen<lb/><hi rendition="#et">Krei&#x017F;e,</hi></l><lb/>
            <l>Damit, durch die&#x017F;e &#x017F;chnelle Schwa&#x0364;rze, dein Weißes &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#et">noch weißer wei&#x017F;e.</hi></l><lb/>
            <l>Dein Licht erhebt &#x017F;ich in der That noch mehr, durch die&#x017F;e<lb/><hi rendition="#et">kleine Nacht.</hi></l><lb/>
            <l>Nun i&#x017F;t noch mehr betra&#x0364;chtliches in die&#x017F;es dunklen Krei&#x017F;es<lb/><hi rendition="#et">Ru&#x0364;nde,</hi></l><lb/>
            <l>Jndem ich &#x017F;einen Mittelpunkt mit Gelb als Gold gefu&#x0364;llet<lb/><hi rendition="#et">finde.</hi></l><lb/>
            <l>Dadurch nun gla&#x0364;nze&#x017F;t du zugleich in &#x017F;ilberner und gu&#x0364;ldner<lb/><hi rendition="#et">Pracht:</hi></l><lb/>
            <l>Ja, was noch mehr, man &#x017F;ieht, im Gelben, aufs neu,<lb/><hi rendition="#et">auf kleinen dunklen Spitzen,</hi></l><lb/>
            <l>Jm abermalgen Silber&#x017F;chimmer, ver&#x017F;chiedne weiße<lb/><hi rendition="#et">Sternchen blitzen.</hi></l><lb/>
            <l>Aus die&#x017F;em gu&#x0364;ldnen Mittelpunkt und de&#x017F;&#x017F;en dunklen Rand,<lb/><hi rendition="#et">verbreiten</hi></l><lb/>
            <l>Sich ordentlich von allen Seiten</l><lb/>
            <l>Die weißen Bla&#x0364;tter, deren jedes geformt als wie ein<lb/><hi rendition="#et">heller Stral,</hi></l><lb/>
            <l>Und immer funfzehn an der Zahl.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Sie</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[374/0394] Vermiſchte Gedichte Die Weiße, die wir an dem Schnee, am Schwan, an allen Bluͤten ſehn, Jſt ſchuldig deinem Glanz zu weichen, Und kurz, was weiß iſt auf der Welt, kann nicht an deiner Weiße reichen. Es ſcheint die bildende Natur, um dich fuͤr andre zu er- heben, Mit recht darauf gelenkter Abſicht ſich alles Ernſtes zu be- ſtreben, Darum hat ſie, in deiner Mitten, ein dunkles Maus- fahl angebracht Jn einem aus viel finſtern Zaͤſern ſehr ordentlich gezognen Kreiſe, Damit, durch dieſe ſchnelle Schwaͤrze, dein Weißes ſich noch weißer weiſe. Dein Licht erhebt ſich in der That noch mehr, durch dieſe kleine Nacht. Nun iſt noch mehr betraͤchtliches in dieſes dunklen Kreiſes Ruͤnde, Jndem ich ſeinen Mittelpunkt mit Gelb als Gold gefuͤllet finde. Dadurch nun glaͤnzeſt du zugleich in ſilberner und guͤldner Pracht: Ja, was noch mehr, man ſieht, im Gelben, aufs neu, auf kleinen dunklen Spitzen, Jm abermalgen Silberſchimmer, verſchiedne weiße Sternchen blitzen. Aus dieſem guͤldnen Mittelpunkt und deſſen dunklen Rand, verbreiten Sich ordentlich von allen Seiten Die weißen Blaͤtter, deren jedes geformt als wie ein heller Stral, Und immer funfzehn an der Zahl. Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/394
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/394>, abgerufen am 22.11.2024.