Denn es gab auch unter ihnen, die es besser nicht ver- stunden. Haben aber etliche sie, aus Geiz und Stolz, erdacht; Haben sie vom wahren Gott das geringste nicht ge- macht, Und gar keinen Gott geglaubet: Denn kein Mensch ist so verwegen, Daß er gegen Gott, den er als Gott kennt, sich sollte legen. Da die Menschheit denn hierinn sich aus Bosheit nicht verschuldet, Sondern sie, aus Einfalt bloß, Gott so klein sich vor- gestellt; Jst vielleicht dieß eine Ursach, daß der Schöpfer in der Welt Vielerley Religionen leidet, und, aus Langmuth, dul- det.
Ein
Vermiſchte Gedichte
Denn es gab auch unter ihnen, die es beſſer nicht ver- ſtunden. Haben aber etliche ſie, aus Geiz und Stolz, erdacht; Haben ſie vom wahren Gott das geringſte nicht ge- macht, Und gar keinen Gott geglaubet: Denn kein Menſch iſt ſo verwegen, Daß er gegen Gott, den er als Gott kennt, ſich ſollte legen. Da die Menſchheit denn hierinn ſich aus Bosheit nicht verſchuldet, Sondern ſie, aus Einfalt bloß, Gott ſo klein ſich vor- geſtellt; Jſt vielleicht dieß eine Urſach, daß der Schoͤpfer in der Welt Vielerley Religionen leidet, und, aus Langmuth, dul- det.
Ein
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0446"n="426"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vermiſchte Gedichte</hi></fw><lb/><lgtype="poem"><l>Denn es gab auch unter ihnen, die es beſſer nicht ver-</l><lb/><l><hirendition="#et">ſtunden.</hi></l><lb/><l>Haben aber etliche ſie, aus Geiz und Stolz, erdacht;</l><lb/><l>Haben ſie vom wahren Gott das geringſte nicht ge-</l><lb/><l><hirendition="#et">macht,</hi></l><lb/><l>Und gar keinen Gott geglaubet: Denn kein Menſch iſt ſo</l><lb/><l><hirendition="#et">verwegen,</hi></l><lb/><l>Daß er gegen Gott, den er als Gott kennt, ſich ſollte</l><lb/><l><hirendition="#et">legen.</hi></l><lb/><l>Da die Menſchheit denn hierinn ſich aus Bosheit nicht</l><lb/><l><hirendition="#et">verſchuldet,</hi></l><lb/><l>Sondern ſie, aus Einfalt bloß, Gott ſo klein ſich vor-</l><lb/><l><hirendition="#et">geſtellt;</hi></l><lb/><l>Jſt vielleicht dieß eine Urſach, daß der Schoͤpfer in der</l><lb/><l><hirendition="#et">Welt</hi></l><lb/><l>Vielerley Religionen leidet, und, aus Langmuth, dul-</l><lb/><l><hirendition="#et">det.</hi></l></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">Ein</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[426/0446]
Vermiſchte Gedichte
Denn es gab auch unter ihnen, die es beſſer nicht ver-
ſtunden.
Haben aber etliche ſie, aus Geiz und Stolz, erdacht;
Haben ſie vom wahren Gott das geringſte nicht ge-
macht,
Und gar keinen Gott geglaubet: Denn kein Menſch iſt ſo
verwegen,
Daß er gegen Gott, den er als Gott kennt, ſich ſollte
legen.
Da die Menſchheit denn hierinn ſich aus Bosheit nicht
verſchuldet,
Sondern ſie, aus Einfalt bloß, Gott ſo klein ſich vor-
geſtellt;
Jſt vielleicht dieß eine Urſach, daß der Schoͤpfer in der
Welt
Vielerley Religionen leidet, und, aus Langmuth, dul-
det.
Ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/446>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.