Als eine ganz besondre Kraft der Seelen, solch ein Schluß geschicht, Und ob die Schlüsse, da wir wollen, nicht meistens an- zusehen seyn Als bloße Folgen der Vernunft, da, wenn sie was, als gut, erkennet, Sie solch ein Gut verlangen kann, verlangt und es sich selber gönnet; Hingegen was ihr nicht gefällt, Verabscheut, und zu meiden sucht, was sie ihr etwan schädlich hält.
Wir haben wirklich eine Freyheit, zu untersuchen, zu erwägen, Was uns die Phantasie gezeigt, und, ob es gut, zu über- legen, Es unnütz oder nütz zu schätzen: Allein, wenn dieses nun geschehn, Wird man den Willen sich sogleich zum Guterkannten lenken sehn, Weil er für sich nicht anders kann. Ein freyer Will', als wovon hier die Rede ganz alleine nur, Scheint nicht ein ganz besonders Wesen, noch eine fast selbständge Kraft Von einer eigenen Natur, Auch keine von den andern Kräften ganz unterschiedne Eigenschaft.
Wie der Verstand nicht ohn Gedächtniß, auch nimmer sonder Phantasey; Die Phantasey nicht ohn Verstand noch ohn Gedächtniß; eben auch
Ge-
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Als eine ganz beſondre Kraft der Seelen, ſolch ein Schluß geſchicht, Und ob die Schluͤſſe, da wir wollen, nicht meiſtens an- zuſehen ſeyn Als bloße Folgen der Vernunft, da, wenn ſie was, als gut, erkennet, Sie ſolch ein Gut verlangen kann, verlangt und es ſich ſelber goͤnnet; Hingegen was ihr nicht gefaͤllt, Verabſcheut, und zu meiden ſucht, was ſie ihr etwan ſchaͤdlich haͤlt.
Wir haben wirklich eine Freyheit, zu unterſuchen, zu erwaͤgen, Was uns die Phantaſie gezeigt, und, ob es gut, zu uͤber- legen, Es unnuͤtz oder nuͤtz zu ſchaͤtzen: Allein, wenn dieſes nun geſchehn, Wird man den Willen ſich ſogleich zum Guterkannten lenken ſehn, Weil er fuͤr ſich nicht anders kann. Ein freyer Will’, als wovon hier die Rede ganz alleine nur, Scheint nicht ein ganz beſonders Weſen, noch eine faſt ſelbſtaͤndge Kraft Von einer eigenen Natur, Auch keine von den andern Kraͤften ganz unterſchiedne Eigenſchaft.
Wie der Verſtand nicht ohn Gedaͤchtniß, auch nimmer ſonder Phantaſey; Die Phantaſey nicht ohn Verſtand noch ohn Gedaͤchtniß; eben auch
Ge-
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Als eine ganz beſondre Kraft der Seelen, ſolch ein Schluß
geſchicht,
Und ob die Schluͤſſe, da wir wollen, nicht meiſtens an-
zuſehen ſeyn
Als bloße Folgen der Vernunft, da, wenn ſie was, als
gut, erkennet,
Sie ſolch ein Gut verlangen kann, verlangt und es ſich
ſelber goͤnnet;
Hingegen was ihr nicht gefaͤllt,
Verabſcheut, und zu meiden ſucht, was ſie ihr etwan
ſchaͤdlich haͤlt.
Wir haben wirklich eine Freyheit, zu unterſuchen,
zu erwaͤgen,
Was uns die Phantaſie gezeigt, und, ob es gut, zu uͤber-
legen,
Es unnuͤtz oder nuͤtz zu ſchaͤtzen: Allein, wenn dieſes
nun geſchehn,
Wird man den Willen ſich ſogleich zum Guterkannten
lenken ſehn,
Weil er fuͤr ſich nicht anders kann.
Ein freyer Will’, als wovon hier die Rede ganz alleine
nur,
Scheint nicht ein ganz beſonders Weſen, noch eine faſt
ſelbſtaͤndge Kraft
Von einer eigenen Natur,
Auch keine von den andern Kraͤften ganz unterſchiedne
Eigenſchaft.
Wie der Verſtand nicht ohn Gedaͤchtniß, auch nimmer
ſonder Phantaſey;
Die Phantaſey nicht ohn Verſtand noch ohn Gedaͤchtniß;
eben auch
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/483>, abgerufen am 22.11.2024.
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