Kann man sie von einander trennen? den Willen so ge- nau bezirken, Daß er ohn andrer Beytrag handle? Wirkt er nun nicht für sich allein, So wird er auch von uns ja müssen nicht ferner angese- hen seyn, Als wär er fast ein' eigne Seele, da doch, nach des Verstandes Schlüssen, Er möge treffen oder fehlen, wir meistens werden wollen müssen.
Noch ehe wir nun weiter gehen, wird noch zu unter- suchen seyn, Ob wir nicht auch wohl, ohn Verstand und Ueberlegung, wollen können? Ob aber auch ein solches Wollen wohl etwas anders sey zu nennen, Als wie bey Thieren der Jnstinct? Ja, ob wir Men- schen dieß allein Vor Thieren nicht zum Vorzug haben, daß wir, durch des Verstandes Kraft, Den Trieb, den Willen, zähmen können: und ob wir nicht fast deutlich fassen, Daß unsers Willens Eigenschaft, Noch mehr, als in dem Wollen fast, besteh: ein Ding zu unterlassen, Und nicht zu wollen, wenn es schädlich, so aber bey den Thieren nicht, Wie die Erfahrung lehrt, geschicht.
Ja wenn wir unsers Geistes Zustand auf eine Weise, wie wir sollen, Und gründlich untersuchen wollen;
So
G g
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Kann man ſie von einander trennen? den Willen ſo ge- nau bezirken, Daß er ohn andrer Beytrag handle? Wirkt er nun nicht fuͤr ſich allein, So wird er auch von uns ja muͤſſen nicht ferner angeſe- hen ſeyn, Als waͤr er faſt ein’ eigne Seele, da doch, nach des Verſtandes Schluͤſſen, Er moͤge treffen oder fehlen, wir meiſtens werden wollen muͤſſen.
Noch ehe wir nun weiter gehen, wird noch zu unter- ſuchen ſeyn, Ob wir nicht auch wohl, ohn Verſtand und Ueberlegung, wollen koͤnnen? Ob aber auch ein ſolches Wollen wohl etwas anders ſey zu nennen, Als wie bey Thieren der Jnſtinct? Ja, ob wir Men- ſchen dieß allein Vor Thieren nicht zum Vorzug haben, daß wir, durch des Verſtandes Kraft, Den Trieb, den Willen, zaͤhmen koͤnnen: und ob wir nicht faſt deutlich faſſen, Daß unſers Willens Eigenſchaft, Noch mehr, als in dem Wollen faſt, beſteh: ein Ding zu unterlaſſen, Und nicht zu wollen, wenn es ſchaͤdlich, ſo aber bey den Thieren nicht, Wie die Erfahrung lehrt, geſchicht.
Ja wenn wir unſers Geiſtes Zuſtand auf eine Weiſe, wie wir ſollen, Und gruͤndlich unterſuchen wollen;
So
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Kann man ſie von einander trennen? den Willen ſo ge-
nau bezirken,
Daß er ohn andrer Beytrag handle? Wirkt er nun nicht
fuͤr ſich allein,
So wird er auch von uns ja muͤſſen nicht ferner angeſe-
hen ſeyn,
Als waͤr er faſt ein’ eigne Seele, da doch, nach des
Verſtandes Schluͤſſen,
Er moͤge treffen oder fehlen, wir meiſtens werden wollen
muͤſſen.
Noch ehe wir nun weiter gehen, wird noch zu unter-
ſuchen ſeyn,
Ob wir nicht auch wohl, ohn Verſtand und Ueberlegung,
wollen koͤnnen?
Ob aber auch ein ſolches Wollen wohl etwas anders ſey
zu nennen,
Als wie bey Thieren der Jnſtinct? Ja, ob wir Men-
ſchen dieß allein
Vor Thieren nicht zum Vorzug haben, daß wir, durch
des Verſtandes Kraft,
Den Trieb, den Willen, zaͤhmen koͤnnen: und ob wir nicht
faſt deutlich faſſen,
Daß unſers Willens Eigenſchaft,
Noch mehr, als in dem Wollen faſt, beſteh: ein Ding
zu unterlaſſen,
Und nicht zu wollen, wenn es ſchaͤdlich, ſo aber bey den
Thieren nicht,
Wie die Erfahrung lehrt, geſchicht.
Ja wenn wir unſers Geiſtes Zuſtand auf eine Weiſe,
wie wir ſollen,
Und gruͤndlich unterſuchen wollen;
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/485>, abgerufen am 22.11.2024.
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