Nichts freuen noch ergetzen kann? Er selbst ist seines Elends Meister, Er schmiedet selbst sein Unglücksjoch mit Müh, Er zeuget selbst sein' eigne Plagegeister, Kein andrer, als er selbst, ernähret sie.
Um aber nun es bey der Lehr und gutem Rath nicht bloß zu lassen, So laßt uns uns annoch bemühn, mit ernstlichem Be- dacht zu fassen, Was eigentlich die Phantasey, und wie mans etwan an- zufangen, Zu einer Kraft und Fertigkeit, sie zu verbessern, zu ge- langen.
Die Kraft, uns etwas vorzustellen, scheint fast der Seelen beste Kraft, Doch hat sie, wenn man sie betrachtet, die ganz be- sondre Eigenschaft, Daß sie sich mit dem Sinnlichen in ihrer Handlung meist verbindet, Und in demselben wenigstens den Anfang ihrer Wirkung findet. Durchs Sinnliche scheint sie nachher sich vollenkommener zu zeigen, Und allgemach, recht staffelweise, durch sie zum Geistigen zu steigen, Da denn, wann sie sich allgemach von dem, was kör- perlich, entfernt, Sie wohlgebundne Schlüsse machen, und ohne Bilder wirken lernt. Ob solches nun, dem Spiegel gleich, durch geistigs Bilderwerk geschehe,
Wie
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Nichts freuen noch ergetzen kann? Er ſelbſt iſt ſeines Elends Meiſter, Er ſchmiedet ſelbſt ſein Ungluͤcksjoch mit Muͤh, Er zeuget ſelbſt ſein’ eigne Plagegeiſter, Kein andrer, als er ſelbſt, ernaͤhret ſie.
Um aber nun es bey der Lehr und gutem Rath nicht bloß zu laſſen, So laßt uns uns annoch bemuͤhn, mit ernſtlichem Be- dacht zu faſſen, Was eigentlich die Phantaſey, und wie mans etwan an- zufangen, Zu einer Kraft und Fertigkeit, ſie zu verbeſſern, zu ge- langen.
Die Kraft, uns etwas vorzuſtellen, ſcheint faſt der Seelen beſte Kraft, Doch hat ſie, wenn man ſie betrachtet, die ganz be- ſondre Eigenſchaft, Daß ſie ſich mit dem Sinnlichen in ihrer Handlung meiſt verbindet, Und in demſelben wenigſtens den Anfang ihrer Wirkung findet. Durchs Sinnliche ſcheint ſie nachher ſich vollenkommener zu zeigen, Und allgemach, recht ſtaffelweiſe, durch ſie zum Geiſtigen zu ſteigen, Da denn, wann ſie ſich allgemach von dem, was koͤr- perlich, entfernt, Sie wohlgebundne Schluͤſſe machen, und ohne Bilder wirken lernt. Ob ſolches nun, dem Spiegel gleich, durch geiſtigs Bilderwerk geſchehe,
Wie
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Nichts freuen noch ergetzen kann?
Er ſelbſt iſt ſeines Elends Meiſter,
Er ſchmiedet ſelbſt ſein Ungluͤcksjoch mit Muͤh,
Er zeuget ſelbſt ſein’ eigne Plagegeiſter,
Kein andrer, als er ſelbſt, ernaͤhret ſie.
Um aber nun es bey der Lehr und gutem Rath nicht
bloß zu laſſen,
So laßt uns uns annoch bemuͤhn, mit ernſtlichem Be-
dacht zu faſſen,
Was eigentlich die Phantaſey, und wie mans etwan an-
zufangen,
Zu einer Kraft und Fertigkeit, ſie zu verbeſſern, zu ge-
langen.
Die Kraft, uns etwas vorzuſtellen, ſcheint faſt der
Seelen beſte Kraft,
Doch hat ſie, wenn man ſie betrachtet, die ganz be-
ſondre Eigenſchaft,
Daß ſie ſich mit dem Sinnlichen in ihrer Handlung
meiſt verbindet,
Und in demſelben wenigſtens den Anfang ihrer Wirkung
findet.
Durchs Sinnliche ſcheint ſie nachher ſich vollenkommener
zu zeigen,
Und allgemach, recht ſtaffelweiſe, durch ſie zum Geiſtigen
zu ſteigen,
Da denn, wann ſie ſich allgemach von dem, was koͤr-
perlich, entfernt,
Sie wohlgebundne Schluͤſſe machen, und ohne Bilder
wirken lernt.
Ob ſolches nun, dem Spiegel gleich, durch geiſtigs
Bilderwerk geſchehe,
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/495>, abgerufen am 31.10.2024.
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