Das seiner würdig, uns begreiflich. Gott ist ein Geist, das lehren wir, Die Seele gleichfalls, kommt dann dir Von einer allgemeinen Seele das Denkbild widerspre- chend für? Du wirst, wenn du es wohl erwägst, unmöglich dich entlegen können, Der wahren Gottheit wahres Wesen den allgemeinen Geist zu nennen. Es gründet die Natur der Menschen sich eigentlich auf diese Lehre: Die alleredelst' Eigenschaft der Menschen Seel' ist Lieb und Ehre. Zum Gegenstande haben beyde den Werth deß, den sie ehrt und liebt, So weit in Handlungen und Wesen er ihr sich zu erken- nen giebt. Wie können nun vernünft'ge Seelen, Die hier mit Körpern sich vermählen, Der wahren Gottheit Ehr' und Liebe doch zu erweisen fähig seyn; Wenn solche Lieb' und Ehre sich nicht auf ein sinnliches Empfinden Der weisen Ordnung in den Werken sowohl, als auf das Wesen gründen Deß, der die Ordnungen gewirkt, und dessen Macht und Weisheitschein Aus allem unaufhörlich stralt. Wenn die Vernunft sich eine Welt, Die von der Gottheit nicht beseelt und nicht belebt, vor Augen stellt; Würd' eine solche Welt nicht todt, ja würde nicht ein göttlichs Wesen,
Ohn
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Das ſeiner wuͤrdig, uns begreiflich. Gott iſt ein Geiſt, das lehren wir, Die Seele gleichfalls, kommt dann dir Von einer allgemeinen Seele das Denkbild widerſpre- chend fuͤr? Du wirſt, wenn du es wohl erwaͤgſt, unmoͤglich dich entlegen koͤnnen, Der wahren Gottheit wahres Weſen den allgemeinen Geiſt zu nennen. Es gruͤndet die Natur der Menſchen ſich eigentlich auf dieſe Lehre: Die alleredelſt’ Eigenſchaft der Menſchen Seel’ iſt Lieb und Ehre. Zum Gegenſtande haben beyde den Werth deß, den ſie ehrt und liebt, So weit in Handlungen und Weſen er ihr ſich zu erken- nen giebt. Wie koͤnnen nun vernuͤnft’ge Seelen, Die hier mit Koͤrpern ſich vermaͤhlen, Der wahren Gottheit Ehr’ und Liebe doch zu erweiſen faͤhig ſeyn; Wenn ſolche Lieb’ und Ehre ſich nicht auf ein ſinnliches Empfinden Der weiſen Ordnung in den Werken ſowohl, als auf das Weſen gruͤnden Deß, der die Ordnungen gewirkt, und deſſen Macht und Weisheitſchein Aus allem unaufhoͤrlich ſtralt. Wenn die Vernunft ſich eine Welt, Die von der Gottheit nicht beſeelt und nicht belebt, vor Augen ſtellt; Wuͤrd’ eine ſolche Welt nicht todt, ja wuͤrde nicht ein goͤttlichs Weſen,
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[515/0535]
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Das ſeiner wuͤrdig, uns begreiflich. Gott iſt ein Geiſt,
das lehren wir,
Die Seele gleichfalls, kommt dann dir
Von einer allgemeinen Seele das Denkbild widerſpre-
chend fuͤr?
Du wirſt, wenn du es wohl erwaͤgſt, unmoͤglich dich
entlegen koͤnnen,
Der wahren Gottheit wahres Weſen den allgemeinen
Geiſt zu nennen.
Es gruͤndet die Natur der Menſchen ſich eigentlich auf
dieſe Lehre:
Die alleredelſt’ Eigenſchaft der Menſchen Seel’ iſt Lieb
und Ehre.
Zum Gegenſtande haben beyde den Werth deß, den ſie
ehrt und liebt,
So weit in Handlungen und Weſen er ihr ſich zu erken-
nen giebt.
Wie koͤnnen nun vernuͤnft’ge Seelen,
Die hier mit Koͤrpern ſich vermaͤhlen,
Der wahren Gottheit Ehr’ und Liebe doch zu erweiſen
faͤhig ſeyn;
Wenn ſolche Lieb’ und Ehre ſich nicht auf ein ſinnliches
Empfinden
Der weiſen Ordnung in den Werken ſowohl, als auf das
Weſen gruͤnden
Deß, der die Ordnungen gewirkt, und deſſen Macht
und Weisheitſchein
Aus allem unaufhoͤrlich ſtralt. Wenn die Vernunft
ſich eine Welt,
Die von der Gottheit nicht beſeelt und nicht belebt, vor
Augen ſtellt;
Wuͤrd’ eine ſolche Welt nicht todt, ja wuͤrde nicht ein
goͤttlichs Weſen,
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/535>, abgerufen am 22.11.2024.
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