Denn ich darf ja von der Stunde, wenn ich wohl in ihr gelebt, Mir so wenig Sorgen machen, ob ich morgen sterben muß, Oder ob mir um zehn Jahren allererst des Lebens Schluß Von dem Himmel vorgeschrieben, und man mich sodann begräbt. Wann du aber itzt was thust, welches dich gereuen kann; O! so fange heute an, Sinn und Sitten zu verbessern, dann wird nichts vorhan- den seyn, Welches dich gereuen kann, bricht dein letzter Tages- schein Auch gleich erst nach vielen Jahren und nach langer Zeit herein. Denn was kann es dir doch nützen, um noch heute fromm zu leben, Ob man dir von deinem Tode Nachricht, oder nicht, ge- geben; Da dir doch nicht unbekannt, was der große Schöpfer wolle, Was man heute thun, und wie man heute sich betragen solle. Denn ich glaube dieß von dir, daß kein gröbliches Ver- gehn Dein Gewissen drücken werde, daß die Dinge wohl ge- schehn, Die von dir betrieben werden, daß du deines Amtes Pflichten Werdest ordentlich besorgen, und was dir gebührt, ver- richten. Laß uns nun einmal erwägen: Wenn nach eines Monats Zeit
Du
Anleitung
Denn ich darf ja von der Stunde, wenn ich wohl in ihr gelebt, Mir ſo wenig Sorgen machen, ob ich morgen ſterben muß, Oder ob mir um zehn Jahren allererſt des Lebens Schluß Von dem Himmel vorgeſchrieben, und man mich ſodann begraͤbt. Wann du aber itzt was thuſt, welches dich gereuen kann; O! ſo fange heute an, Sinn und Sitten zu verbeſſern, dann wird nichts vorhan- den ſeyn, Welches dich gereuen kann, bricht dein letzter Tages- ſchein Auch gleich erſt nach vielen Jahren und nach langer Zeit herein. Denn was kann es dir doch nuͤtzen, um noch heute fromm zu leben, Ob man dir von deinem Tode Nachricht, oder nicht, ge- geben; Da dir doch nicht unbekannt, was der große Schoͤpfer wolle, Was man heute thun, und wie man heute ſich betragen ſolle. Denn ich glaube dieß von dir, daß kein groͤbliches Ver- gehn Dein Gewiſſen druͤcken werde, daß die Dinge wohl ge- ſchehn, Die von dir betrieben werden, daß du deines Amtes Pflichten Werdeſt ordentlich beſorgen, und was dir gebuͤhrt, ver- richten. Laß uns nun einmal erwaͤgen: Wenn nach eines Monats Zeit
Du
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Denn ich darf ja von der Stunde, wenn ich wohl in ihr
gelebt,
Mir ſo wenig Sorgen machen, ob ich morgen ſterben
muß,
Oder ob mir um zehn Jahren allererſt des Lebens Schluß
Von dem Himmel vorgeſchrieben, und man mich ſodann
begraͤbt.
Wann du aber itzt was thuſt, welches dich gereuen kann;
O! ſo fange heute an,
Sinn und Sitten zu verbeſſern, dann wird nichts vorhan-
den ſeyn,
Welches dich gereuen kann, bricht dein letzter Tages-
ſchein
Auch gleich erſt nach vielen Jahren und nach langer Zeit
herein.
Denn was kann es dir doch nuͤtzen, um noch heute fromm
zu leben,
Ob man dir von deinem Tode Nachricht, oder nicht, ge-
geben;
Da dir doch nicht unbekannt, was der große Schoͤpfer
wolle,
Was man heute thun, und wie man heute ſich betragen
ſolle.
Denn ich glaube dieß von dir, daß kein groͤbliches Ver-
gehn
Dein Gewiſſen druͤcken werde, daß die Dinge wohl ge-
ſchehn,
Die von dir betrieben werden, daß du deines Amtes
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 608. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/628>, abgerufen am 22.11.2024.
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