Und es uns vorher fast saget, daß er vor der Thüre sey. Da es nun ein solches Glück, wie du es dafür ja schä- tzest, Deinen Tod vorher zu wissen, so ist es ja einerley, Ob ein Engel ihn verkündigt, oder ob er durchs Ge- schrey Deiner Krankheit offenbaret und dir angedeutet sey, Wann du die gegebne Nachricht nur nicht aus den Augen setzest.
B. "Aber, muß ich hier noch sagen: diese Nach- richt ist zu spat, "Daß sie mich vergnügen sollte. Eine lange Zeit vor- her "Hätte mir die Todesstunde, daß sie mir bestimmet wär, "Angezeiget werden müssen. Meynst du dieß nicht in der That? A. Nun, wohlan, ich füge dir deines Lebens Ziel zu wissen, Hör! heut eben übers Jahr sollt du deine Augen schlies- sen. Diefes ist von Gott beschlossen. Also frag' ich ferner dich, Der du übers Jahr erblassest, was du nun in dieser Stunde, Die du lebst, zu thun gedenkst? thu das jetzt: und sicherlich Der du, sicher von der Stunde, wirst du nach ver- floßnem Leben, Auch nicht weniger gelassen, deine Seele von dir geben, Ob du von der letzten Stund' etwan einigen Bericht Hast erhalten, oder nicht.
Denn
zum vergnuͤgten und gelaſſenen Sterben.
Und es uns vorher faſt ſaget, daß er vor der Thuͤre ſey. Da es nun ein ſolches Gluͤck, wie du es dafuͤr ja ſchaͤ- tzeſt, Deinen Tod vorher zu wiſſen, ſo iſt es ja einerley, Ob ein Engel ihn verkuͤndigt, oder ob er durchs Ge- ſchrey Deiner Krankheit offenbaret und dir angedeutet ſey, Wann du die gegebne Nachricht nur nicht aus den Augen ſetzeſt.
B. „Aber, muß ich hier noch ſagen: dieſe Nach- richt iſt zu ſpat, „Daß ſie mich vergnuͤgen ſollte. Eine lange Zeit vor- her „Haͤtte mir die Todesſtunde, daß ſie mir beſtimmet waͤr, „Angezeiget werden muͤſſen. Meynſt du dieß nicht in der That? A. Nun, wohlan, ich fuͤge dir deines Lebens Ziel zu wiſſen, Hoͤr! heut eben uͤbers Jahr ſollt du deine Augen ſchlieſ- ſen. Diefes iſt von Gott beſchloſſen. Alſo frag’ ich ferner dich, Der du uͤbers Jahr erblaſſeſt, was du nun in dieſer Stunde, Die du lebſt, zu thun gedenkſt? thu das jetzt: und ſicherlich Der du, ſicher von der Stunde, wirſt du nach ver- floßnem Leben, Auch nicht weniger gelaſſen, deine Seele von dir geben, Ob du von der letzten Stund’ etwan einigen Bericht Haſt erhalten, oder nicht.
Denn
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zum vergnuͤgten und gelaſſenen Sterben.
Und es uns vorher faſt ſaget, daß er vor der Thuͤre
ſey.
Da es nun ein ſolches Gluͤck, wie du es dafuͤr ja ſchaͤ-
tzeſt,
Deinen Tod vorher zu wiſſen, ſo iſt es ja einerley,
Ob ein Engel ihn verkuͤndigt, oder ob er durchs Ge-
ſchrey
Deiner Krankheit offenbaret und dir angedeutet ſey,
Wann du die gegebne Nachricht nur nicht aus den Augen
ſetzeſt.
B. „Aber, muß ich hier noch ſagen: dieſe Nach-
richt iſt zu ſpat,
„Daß ſie mich vergnuͤgen ſollte. Eine lange Zeit vor-
her
„Haͤtte mir die Todesſtunde, daß ſie mir beſtimmet waͤr,
„Angezeiget werden muͤſſen. Meynſt du dieß nicht in
der That?
A. Nun, wohlan, ich fuͤge dir deines Lebens Ziel zu
wiſſen,
Hoͤr! heut eben uͤbers Jahr ſollt du deine Augen ſchlieſ-
ſen.
Diefes iſt von Gott beſchloſſen. Alſo frag’ ich ferner
dich,
Der du uͤbers Jahr erblaſſeſt, was du nun in dieſer
Stunde,
Die du lebſt, zu thun gedenkſt? thu das jetzt: und
ſicherlich
Der du, ſicher von der Stunde, wirſt du nach ver-
floßnem Leben,
Auch nicht weniger gelaſſen, deine Seele von dir geben,
Ob du von der letzten Stund’ etwan einigen Bericht
Haſt erhalten, oder nicht.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 607. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/627>, abgerufen am 22.11.2024.
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