nehmen Mode, bis es der Czar aufhob und den jun- gen Leuten erlaubte ihre Werbungen persönlich zu thun, ohne einander eine Heirath wider ihre Neigun- gen aufzudringen, wodurch denn viele unglückliche Heirathen verhütet wurden; die alte Mode ist indessen noch bey Niedrigen üblich. Wenn die Jungfer mannbar wird, so schicken die Aeltern nach einem Kuppler, (welches gemeiniglich eine alte Frau ist,) und sagen ihr, daß sie einen geschickten Ehemann für ihre Tochter suchen soll. Sie übergeben ihr zugleich ein Verzeichniß, was sie der Jungfer an Gelde, Ju- welen, Geschirre, Hausrath und Kleidern, auch so gar an Hemden, mitgeben wollen, desgleichen auch die Anzahl der Bauern oder Vasallen, deren einer gemeiniglich auf zehn Rubel des Jahres geschätzt wird. Mit diesem Verzeichnisse gehet diese Frau von einem Junggesellen zu dem andern, von welchen sie glaubt, daß sie sich zur Heirath für dieses Frauen- zimmer schicken, und fragt sie, ob sie gesonnen sind, zu heirathen, indem sie sie einem schönen jungen Frauenzimmer mit einem ansehnlichen Vermögen em- pfehlen könne, und zeigt ihnen zugleich das Verzeich- niß. Wenn das Verzeichniß den jungen Menschen gefällt, so schreibt er seinen Nahmen dazu, und nach- dem sich also verschiedene unterschrieben haben, so übergiebt sie das Papier denjenigen wieder, die sie schickten; hierauf untersuchen die Aeltern den Charak- ter und die Umstände derer, so sich unterschrieben ha- ben, und wenn sie deren dreye oder viere gewählet ha- ben, so werden sie vom Vater auf ein Gastgebot ge- beten, da denn die Freunde zusammen kommen und bey dieser Gelegenheit tüchtig herum getrunken wird.
Die
nehmen Mode, bis es der Czar aufhob und den jun- gen Leuten erlaubte ihre Werbungen perſoͤnlich zu thun, ohne einander eine Heirath wider ihre Neigun- gen aufzudringen, wodurch denn viele ungluͤckliche Heirathen verhuͤtet wurden; die alte Mode iſt indeſſen noch bey Niedrigen uͤblich. Wenn die Jungfer mannbar wird, ſo ſchicken die Aeltern nach einem Kuppler, (welches gemeiniglich eine alte Frau iſt,) und ſagen ihr, daß ſie einen geſchickten Ehemann fuͤr ihre Tochter ſuchen ſoll. Sie uͤbergeben ihr zugleich ein Verzeichniß, was ſie der Jungfer an Gelde, Ju- welen, Geſchirre, Hausrath und Kleidern, auch ſo gar an Hemden, mitgeben wollen, desgleichen auch die Anzahl der Bauern oder Vaſallen, deren einer gemeiniglich auf zehn Rubel des Jahres geſchaͤtzt wird. Mit dieſem Verzeichniſſe gehet dieſe Frau von einem Junggeſellen zu dem andern, von welchen ſie glaubt, daß ſie ſich zur Heirath fuͤr dieſes Frauen- zimmer ſchicken, und fragt ſie, ob ſie geſonnen ſind, zu heirathen, indem ſie ſie einem ſchoͤnen jungen Frauenzimmer mit einem anſehnlichen Vermoͤgen em- pfehlen koͤnne, und zeigt ihnen zugleich das Verzeich- niß. Wenn das Verzeichniß den jungen Menſchen gefaͤllt, ſo ſchreibt er ſeinen Nahmen dazu, und nach- dem ſich alſo verſchiedene unterſchrieben haben, ſo uͤbergiebt ſie das Papier denjenigen wieder, die ſie ſchickten; hierauf unterſuchen die Aeltern den Charak- ter und die Umſtaͤnde derer, ſo ſich unterſchrieben ha- ben, und wenn ſie deren dreye oder viere gewaͤhlet ha- ben, ſo werden ſie vom Vater auf ein Gaſtgebot ge- beten, da denn die Freunde zuſammen kommen und bey dieſer Gelegenheit tuͤchtig herum getrunken wird.
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nehmen Mode, bis es der Czar aufhob und den jun-
gen Leuten erlaubte ihre Werbungen perſoͤnlich zu
thun, ohne einander eine Heirath wider ihre Neigun-
gen aufzudringen, wodurch denn viele ungluͤckliche
Heirathen verhuͤtet wurden; die alte Mode iſt indeſſen
noch bey Niedrigen uͤblich. Wenn die Jungfer
mannbar wird, ſo ſchicken die Aeltern nach einem
Kuppler, (welches gemeiniglich eine alte Frau iſt,)
und ſagen ihr, daß ſie einen geſchickten Ehemann fuͤr
ihre Tochter ſuchen ſoll. Sie uͤbergeben ihr zugleich
ein Verzeichniß, was ſie der Jungfer an Gelde, Ju-
welen, Geſchirre, Hausrath und Kleidern, auch ſo
gar an Hemden, mitgeben wollen, desgleichen auch
die Anzahl der Bauern oder Vaſallen, deren einer
gemeiniglich auf zehn Rubel des Jahres geſchaͤtzt
wird. Mit dieſem Verzeichniſſe gehet dieſe Frau
von einem Junggeſellen zu dem andern, von welchen
ſie glaubt, daß ſie ſich zur Heirath fuͤr dieſes Frauen-
zimmer ſchicken, und fragt ſie, ob ſie geſonnen ſind,
zu heirathen, indem ſie ſie einem ſchoͤnen jungen
Frauenzimmer mit einem anſehnlichen Vermoͤgen em-
pfehlen koͤnne, und zeigt ihnen zugleich das Verzeich-
niß. Wenn das Verzeichniß den jungen Menſchen
gefaͤllt, ſo ſchreibt er ſeinen Nahmen dazu, und nach-
dem ſich alſo verſchiedene unterſchrieben haben, ſo
uͤbergiebt ſie das Papier denjenigen wieder, die ſie
ſchickten; hierauf unterſuchen die Aeltern den Charak-
ter und die Umſtaͤnde derer, ſo ſich unterſchrieben ha-
ben, und wenn ſie deren dreye oder viere gewaͤhlet ha-
ben, ſo werden ſie vom Vater auf ein Gaſtgebot ge-
beten, da denn die Freunde zuſammen kommen und
bey dieſer Gelegenheit tuͤchtig herum getrunken wird.
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/110>, abgerufen am 23.11.2024.
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