wenn sie nicht herbey gebracht würde. Es war den Aeltern, außer den bündigsten Versicherungen und außer den Thränen, die auf ihren Wangen herunter liefen, nichts übrig, ihn von ihrer Unschuld und Un- wissenheit zu überzeugen, und sie versicherten ihn, daß ihr ein unglücklicher Zufall begegnet seyn müsse, da sie nichts, was ihr zugehöre, vermißten, als was sie damals angehabt hätte. Als der Czar von ihrer Aufrichtigkeit überzeugt war, so befahl er, daß sie mit allem Fleiß gesucht werden sollte, und bot demje- nigen eine große Belohnung an, der entdecken würde, wo sie hingekommen sey. Allein es war alles verge- bens, daher die Aeltern und Verwandten glaubten, sie sey todt, und die Trauer anlegten.
Ein Jahr darnach wurde sie durch einen Zufall entdeckt. Ein Oberster, der von der Armee zurück gekommen war und seine Freunde besuchte, gieng in diesen Wald auf die Jagd, kam, als er sein Wild durch den Morast verfolgte, zu dieser Hütte, und wurde, indem er hineinsahe, ein schönes junges Frauenzimmer in geringer Kleidung gewahr. Nach- dem er sie gefragt hatte, wer sie sey, und wie sie an einen so einsamen Ort gekommen, entdeckte er endlich, daß sie das Frauenzimmer sey, dessen Entfernung so großen Lärm gemacht hatte. Sie bat ihn mit der größten Bestürzung und auf das beweglichste auf ih- ren Knien, sie nicht zu verrathen, worauf er antwor- tete, er glaube, daß ihre Gefahr nunmehr vorüber sey, da sich der Czar mit einer andern eingelassen habe, und daß sie sich nunmehr sicher, zum wenigsten ihren Aeltern entdecken könne, mit denen er sich darüber be- rathschlagen wolle, wie die Sache anzufangen sey.
Das
wenn ſie nicht herbey gebracht wuͤrde. Es war den Aeltern, außer den buͤndigſten Verſicherungen und außer den Thraͤnen, die auf ihren Wangen herunter liefen, nichts uͤbrig, ihn von ihrer Unſchuld und Un- wiſſenheit zu uͤberzeugen, und ſie verſicherten ihn, daß ihr ein ungluͤcklicher Zufall begegnet ſeyn muͤſſe, da ſie nichts, was ihr zugehoͤre, vermißten, als was ſie damals angehabt haͤtte. Als der Czar von ihrer Aufrichtigkeit uͤberzeugt war, ſo befahl er, daß ſie mit allem Fleiß geſucht werden ſollte, und bot demje- nigen eine große Belohnung an, der entdecken wuͤrde, wo ſie hingekommen ſey. Allein es war alles verge- bens, daher die Aeltern und Verwandten glaubten, ſie ſey todt, und die Trauer anlegten.
Ein Jahr darnach wurde ſie durch einen Zufall entdeckt. Ein Oberſter, der von der Armee zuruͤck gekommen war und ſeine Freunde beſuchte, gieng in dieſen Wald auf die Jagd, kam, als er ſein Wild durch den Moraſt verfolgte, zu dieſer Huͤtte, und wurde, indem er hineinſahe, ein ſchoͤnes junges Frauenzimmer in geringer Kleidung gewahr. Nach- dem er ſie gefragt hatte, wer ſie ſey, und wie ſie an einen ſo einſamen Ort gekommen, entdeckte er endlich, daß ſie das Frauenzimmer ſey, deſſen Entfernung ſo großen Laͤrm gemacht hatte. Sie bat ihn mit der groͤßten Beſtuͤrzung und auf das beweglichſte auf ih- ren Knien, ſie nicht zu verrathen, worauf er antwor- tete, er glaube, daß ihre Gefahr nunmehr voruͤber ſey, da ſich der Czar mit einer andern eingelaſſen habe, und daß ſie ſich nunmehr ſicher, zum wenigſten ihren Aeltern entdecken koͤnne, mit denen er ſich daruͤber be- rathſchlagen wolle, wie die Sache anzufangen ſey.
Das
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wenn ſie nicht herbey gebracht wuͤrde. Es war den
Aeltern, außer den buͤndigſten Verſicherungen und
außer den Thraͤnen, die auf ihren Wangen herunter
liefen, nichts uͤbrig, ihn von ihrer Unſchuld und Un-
wiſſenheit zu uͤberzeugen, und ſie verſicherten ihn,
daß ihr ein ungluͤcklicher Zufall begegnet ſeyn muͤſſe,
da ſie nichts, was ihr zugehoͤre, vermißten, als was
ſie damals angehabt haͤtte. Als der Czar von ihrer
Aufrichtigkeit uͤberzeugt war, ſo befahl er, daß ſie
mit allem Fleiß geſucht werden ſollte, und bot demje-
nigen eine große Belohnung an, der entdecken wuͤrde,
wo ſie hingekommen ſey. Allein es war alles verge-
bens, daher die Aeltern und Verwandten glaubten,
ſie ſey todt, und die Trauer anlegten.
Ein Jahr darnach wurde ſie durch einen Zufall
entdeckt. Ein Oberſter, der von der Armee zuruͤck
gekommen war und ſeine Freunde beſuchte, gieng in
dieſen Wald auf die Jagd, kam, als er ſein Wild
durch den Moraſt verfolgte, zu dieſer Huͤtte, und
wurde, indem er hineinſahe, ein ſchoͤnes junges
Frauenzimmer in geringer Kleidung gewahr. Nach-
dem er ſie gefragt hatte, wer ſie ſey, und wie ſie an
einen ſo einſamen Ort gekommen, entdeckte er endlich,
daß ſie das Frauenzimmer ſey, deſſen Entfernung ſo
großen Laͤrm gemacht hatte. Sie bat ihn mit der
groͤßten Beſtuͤrzung und auf das beweglichſte auf ih-
ren Knien, ſie nicht zu verrathen, worauf er antwor-
tete, er glaube, daß ihre Gefahr nunmehr voruͤber ſey,
da ſich der Czar mit einer andern eingelaſſen habe,
und daß ſie ſich nunmehr ſicher, zum wenigſten ihren
Aeltern entdecken koͤnne, mit denen er ſich daruͤber be-
rathſchlagen wolle, wie die Sache anzufangen ſey.
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/117>, abgerufen am 24.11.2024.
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