daß einige Adeliche diese Banden schützen, und an der Beute Antheil nehmen, welches ich aber für ungegrün- det halte.
Die Landstraßen werden gleichfalls sehr von die- sen Rasbonicks, wie sie genennet werden, beunru- higet, welches denn das Reisen in jedem Theile Ruß- lands sehr gefährlich macht. Sie haben ihre Spione in den Städten, die ihnen Nachricht geben, wenn je- mand abreisen, und wie er begleitet werden wird, und vermöge dieser Nachricht machen sie ihre Anstalten zu einem Angriffe, und lauern in einem Busche auf, durch welchen er gehen muß.
Des Czars Gefahr von Räubern.
Ein vornehmer Mann, der Knipercron hieß, des- sen Vater vor dem Kriege Schwedischer Resident ge- wesen war, erzählte mir, daß der Czar in seinen jün- gern Jahren selbst sey angegriffen worden. Er be- suchte seiner Aeltern Haus öfters, und bezeugte eine große Hochachtung für ihre Familie. Als der Czar sie einen Abend besuchen wollte, und nur zwey Be- dienten bey sich hatte, von denen der eine vor dem Schlitten herritt, und der andere darauf stand, so kam ein Schlitten mit 8 Mördern gefahren, die eben im Begriff waren, seinen Schlitten mit einem Haken an den ihrigen zu ziehen, dessen sie sich bey solchen Gelegenheiten gemeiniglich bedienen. Allein der Czar, der damals noch jung, stark und beherzt war, stand auf, ergriff einen von den Räubern bey den Haaren, und zog ihn aus ihrem Schlitten heraus, hielt ihn fest, fuhr so geschwinde, daß sie ihn nicht einholen konnten, und schleppte den Kerl mit sich, bis er an des Residenten Haus kam, welches nicht weit entfernt war, und trat zu ihrem Erstaunen voller
Schweiß
daß einige Adeliche dieſe Banden ſchuͤtzen, und an der Beute Antheil nehmen, welches ich aber fuͤr ungegruͤn- det halte.
Die Landſtraßen werden gleichfalls ſehr von die- ſen Rasbonicks, wie ſie genennet werden, beunru- higet, welches denn das Reiſen in jedem Theile Ruß- lands ſehr gefaͤhrlich macht. Sie haben ihre Spione in den Staͤdten, die ihnen Nachricht geben, wenn je- mand abreiſen, und wie er begleitet werden wird, und vermoͤge dieſer Nachricht machen ſie ihre Anſtalten zu einem Angriffe, und lauern in einem Buſche auf, durch welchen er gehen muß.
Des Czars Gefahr von Raͤubern.
Ein vornehmer Mann, der Knipercron hieß, deſ- ſen Vater vor dem Kriege Schwediſcher Reſident ge- weſen war, erzaͤhlte mir, daß der Czar in ſeinen juͤn- gern Jahren ſelbſt ſey angegriffen worden. Er be- ſuchte ſeiner Aeltern Haus oͤfters, und bezeugte eine große Hochachtung fuͤr ihre Familie. Als der Czar ſie einen Abend beſuchen wollte, und nur zwey Be- dienten bey ſich hatte, von denen der eine vor dem Schlitten herritt, und der andere darauf ſtand, ſo kam ein Schlitten mit 8 Moͤrdern gefahren, die eben im Begriff waren, ſeinen Schlitten mit einem Haken an den ihrigen zu ziehen, deſſen ſie ſich bey ſolchen Gelegenheiten gemeiniglich bedienen. Allein der Czar, der damals noch jung, ſtark und beherzt war, ſtand auf, ergriff einen von den Raͤubern bey den Haaren, und zog ihn aus ihrem Schlitten heraus, hielt ihn feſt, fuhr ſo geſchwinde, daß ſie ihn nicht einholen konnten, und ſchleppte den Kerl mit ſich, bis er an des Reſidenten Haus kam, welches nicht weit entfernt war, und trat zu ihrem Erſtaunen voller
Schweiß
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0120"n="110"/>
daß einige Adeliche dieſe Banden ſchuͤtzen, und an der<lb/>
Beute Antheil nehmen, welches ich aber fuͤr ungegruͤn-<lb/>
det halte.</p><lb/><p>Die Landſtraßen werden gleichfalls ſehr von die-<lb/>ſen <hirendition="#fr">Rasbonicks,</hi> wie ſie genennet werden, beunru-<lb/>
higet, welches denn das Reiſen in jedem Theile Ruß-<lb/>
lands ſehr gefaͤhrlich macht. Sie haben ihre Spione<lb/>
in den Staͤdten, die ihnen Nachricht geben, wenn je-<lb/>
mand abreiſen, und wie er begleitet werden wird, und<lb/>
vermoͤge dieſer Nachricht machen ſie ihre Anſtalten zu<lb/>
einem Angriffe, und lauern in einem Buſche auf,<lb/>
durch welchen er gehen muß.</p><lb/><noteplace="left">Des Czars<lb/>
Gefahr von<lb/>
Raͤubern.</note><p>Ein vornehmer Mann, der Knipercron hieß, deſ-<lb/>ſen Vater vor dem Kriege Schwediſcher Reſident ge-<lb/>
weſen war, erzaͤhlte mir, daß der Czar in ſeinen juͤn-<lb/>
gern Jahren ſelbſt ſey angegriffen worden. Er be-<lb/>ſuchte ſeiner Aeltern Haus oͤfters, und bezeugte eine<lb/>
große Hochachtung fuͤr ihre Familie. Als der Czar<lb/>ſie einen Abend beſuchen wollte, und nur zwey Be-<lb/>
dienten bey ſich hatte, von denen der eine vor dem<lb/>
Schlitten herritt, und der andere darauf ſtand, ſo<lb/>
kam ein Schlitten mit 8 Moͤrdern gefahren, die eben<lb/>
im Begriff waren, ſeinen Schlitten mit einem Haken<lb/>
an den ihrigen zu ziehen, deſſen ſie ſich bey ſolchen<lb/>
Gelegenheiten gemeiniglich bedienen. Allein der<lb/>
Czar, der damals noch jung, ſtark und beherzt war,<lb/>ſtand auf, ergriff einen von den Raͤubern bey den<lb/>
Haaren, und zog ihn aus ihrem Schlitten heraus,<lb/>
hielt ihn feſt, fuhr ſo geſchwinde, daß ſie ihn nicht<lb/>
einholen konnten, und ſchleppte den Kerl mit ſich, bis<lb/>
er an des Reſidenten Haus kam, welches nicht weit<lb/>
entfernt war, und trat zu ihrem Erſtaunen voller<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Schweiß</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[110/0120]
daß einige Adeliche dieſe Banden ſchuͤtzen, und an der
Beute Antheil nehmen, welches ich aber fuͤr ungegruͤn-
det halte.
Die Landſtraßen werden gleichfalls ſehr von die-
ſen Rasbonicks, wie ſie genennet werden, beunru-
higet, welches denn das Reiſen in jedem Theile Ruß-
lands ſehr gefaͤhrlich macht. Sie haben ihre Spione
in den Staͤdten, die ihnen Nachricht geben, wenn je-
mand abreiſen, und wie er begleitet werden wird, und
vermoͤge dieſer Nachricht machen ſie ihre Anſtalten zu
einem Angriffe, und lauern in einem Buſche auf,
durch welchen er gehen muß.
Ein vornehmer Mann, der Knipercron hieß, deſ-
ſen Vater vor dem Kriege Schwediſcher Reſident ge-
weſen war, erzaͤhlte mir, daß der Czar in ſeinen juͤn-
gern Jahren ſelbſt ſey angegriffen worden. Er be-
ſuchte ſeiner Aeltern Haus oͤfters, und bezeugte eine
große Hochachtung fuͤr ihre Familie. Als der Czar
ſie einen Abend beſuchen wollte, und nur zwey Be-
dienten bey ſich hatte, von denen der eine vor dem
Schlitten herritt, und der andere darauf ſtand, ſo
kam ein Schlitten mit 8 Moͤrdern gefahren, die eben
im Begriff waren, ſeinen Schlitten mit einem Haken
an den ihrigen zu ziehen, deſſen ſie ſich bey ſolchen
Gelegenheiten gemeiniglich bedienen. Allein der
Czar, der damals noch jung, ſtark und beherzt war,
ſtand auf, ergriff einen von den Raͤubern bey den
Haaren, und zog ihn aus ihrem Schlitten heraus,
hielt ihn feſt, fuhr ſo geſchwinde, daß ſie ihn nicht
einholen konnten, und ſchleppte den Kerl mit ſich, bis
er an des Reſidenten Haus kam, welches nicht weit
entfernt war, und trat zu ihrem Erſtaunen voller
Schweiß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/120>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.