herrscher wäre, so sey er auch die geschickteste Person- ihnen zu helfen. Er versetzte, daß er kein Geld bey sich habe, worauf sie antworteten, wenn er auch wel- ches hätte, so würden sie doch keines von ihm nehmen, sondern baten ihn, daß er ihnen eine geschriebene Or- dre an den Gouverneur von Novogorod auf die Sum- me, die es ihm gefällig sey, ihnen zu bewilligen, ge- ben möchte, die aber so beschaffen seyn müßte, daß sie dadurch aus ihrer Noth kämen. Hierauf fragte sie der Czar, ob 1000 Rubel genug seyn würden, und als sie ja sagten, so schrieb er, diese Summe so gleich beym ersten Anblicke zahlbar, worauf sie sogleich ei- nem von ihrer Anzahl abschickten, der auch sehr bald mit dem Gelde zurück kam. Sie nöthigten hierauf den Czar nach Twer zurück zu gehen, und sein kaiser- liches Wort zu geben, sie niemals zu verfolgen, oder sich nach ihnen zu erkundigen, wogegen sie verspra- chen, ihr Leben zu bessern und in Zukunft gute Unter- thanen zu werden. Anstatt also nach Novogorod zu gehen, begab sich der Czar wieder nach Mokau.
Ermordung eines Schwe- dischen Of- ficiers.
Jch kann nicht umhin, dasjenige anzuführen, was zu meiner Zeit zwey Schwedischen Officieren, die bey Pultawa waren gefangen worden, widerfuhr. Sie wurden vermißt, und es wurde große Untersu- chung und vieles Nachfragen angestellt; man konn- te aber nichts von ihnen erfahren, woraus denn ge- schlossen wurde, daß sie wären ermordet worden. Ei- ne kurze Zeit darnach verlohren sich vier andere, die aber nicht eher vermißt wurden, als bis einer von ih- nen, der Capitän Horn, zurück kam, der mit einer Pistolenkugel durch die Schulter geschossen war, sich ins geheim an einen Lieutenant von unserer Artillerie
wandte,
herrſcher waͤre, ſo ſey er auch die geſchickteſte Perſon- ihnen zu helfen. Er verſetzte, daß er kein Geld bey ſich habe, worauf ſie antworteten, wenn er auch wel- ches haͤtte, ſo wuͤrden ſie doch keines von ihm nehmen, ſondern baten ihn, daß er ihnen eine geſchriebene Or- dre an den Gouverneur von Novogorod auf die Sum- me, die es ihm gefaͤllig ſey, ihnen zu bewilligen, ge- ben moͤchte, die aber ſo beſchaffen ſeyn muͤßte, daß ſie dadurch aus ihrer Noth kaͤmen. Hierauf fragte ſie der Czar, ob 1000 Rubel genug ſeyn wuͤrden, und als ſie ja ſagten, ſo ſchrieb er, dieſe Summe ſo gleich beym erſten Anblicke zahlbar, worauf ſie ſogleich ei- nem von ihrer Anzahl abſchickten, der auch ſehr bald mit dem Gelde zuruͤck kam. Sie noͤthigten hierauf den Czar nach Twer zuruͤck zu gehen, und ſein kaiſer- liches Wort zu geben, ſie niemals zu verfolgen, oder ſich nach ihnen zu erkundigen, wogegen ſie verſpra- chen, ihr Leben zu beſſern und in Zukunft gute Unter- thanen zu werden. Anſtatt alſo nach Novogorod zu gehen, begab ſich der Czar wieder nach Mokau.
Ermordung eines Schwe- diſchen Of- ficiers.
Jch kann nicht umhin, dasjenige anzufuͤhren, was zu meiner Zeit zwey Schwediſchen Officieren, die bey Pultawa waren gefangen worden, widerfuhr. Sie wurden vermißt, und es wurde große Unterſu- chung und vieles Nachfragen angeſtellt; man konn- te aber nichts von ihnen erfahren, woraus denn ge- ſchloſſen wurde, daß ſie waͤren ermordet worden. Ei- ne kurze Zeit darnach verlohren ſich vier andere, die aber nicht eher vermißt wurden, als bis einer von ih- nen, der Capitaͤn Horn, zuruͤck kam, der mit einer Piſtolenkugel durch die Schulter geſchoſſen war, ſich ins geheim an einen Lieutenant von unſerer Artillerie
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herrſcher waͤre, ſo ſey er auch die geſchickteſte Perſon-
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ſich habe, worauf ſie antworteten, wenn er auch wel-
ches haͤtte, ſo wuͤrden ſie doch keines von ihm nehmen,
ſondern baten ihn, daß er ihnen eine geſchriebene Or-
dre an den Gouverneur von Novogorod auf die Sum-
me, die es ihm gefaͤllig ſey, ihnen zu bewilligen, ge-
ben moͤchte, die aber ſo beſchaffen ſeyn muͤßte, daß ſie
dadurch aus ihrer Noth kaͤmen. Hierauf fragte ſie
der Czar, ob 1000 Rubel genug ſeyn wuͤrden, und
als ſie ja ſagten, ſo ſchrieb er, dieſe Summe ſo gleich
beym erſten Anblicke zahlbar, worauf ſie ſogleich ei-
nem von ihrer Anzahl abſchickten, der auch ſehr bald
mit dem Gelde zuruͤck kam. Sie noͤthigten hierauf
den Czar nach Twer zuruͤck zu gehen, und ſein kaiſer-
liches Wort zu geben, ſie niemals zu verfolgen, oder
ſich nach ihnen zu erkundigen, wogegen ſie verſpra-
chen, ihr Leben zu beſſern und in Zukunft gute Unter-
thanen zu werden. Anſtatt alſo nach Novogorod zu
gehen, begab ſich der Czar wieder nach Mokau.
Jch kann nicht umhin, dasjenige anzufuͤhren,
was zu meiner Zeit zwey Schwediſchen Officieren,
die bey Pultawa waren gefangen worden, widerfuhr.
Sie wurden vermißt, und es wurde große Unterſu-
chung und vieles Nachfragen angeſtellt; man konn-
te aber nichts von ihnen erfahren, woraus denn ge-
ſchloſſen wurde, daß ſie waͤren ermordet worden. Ei-
ne kurze Zeit darnach verlohren ſich vier andere, die
aber nicht eher vermißt wurden, als bis einer von ih-
nen, der Capitaͤn Horn, zuruͤck kam, der mit einer
Piſtolenkugel durch die Schulter geſchoſſen war, ſich
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/122>, abgerufen am 24.11.2024.
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