antwortet, Woistin wos Chrest, das ist, er ist gewiß auferstanden -- und dann küssen sie einander. Derjenige, der zuerst grüßet, ist verbunden, dem an- dern ein Ey zu geben. Niemand, von was für Stande oder Geschlechte er auch sey, unterstehet sich, das Ey oder den Kuß auszuschlagen. Personen von Stande lassen sie mit goldnen oder silbernen Blättchen belegen, oder lassen sie aus- und inwendig niedlich malen.
Sie begehen die meisten Feste mit Processionen, davon die am Palmsonntage, die unsers Heilandes Einzug in Jerusalem vorstellet, besonders sehr feyer- lich ist. Ehe die Würde des Patriarchen aufgehoben worden, pflegte der Patriarch bey der Procession auf einem Esel zu reiten, den der Czar von dem Schlosse bis an die Kirche Jerusalem genannt, die außer dem Schlosse liegt, beym Zaume führte, und der Pa- triarch gab ihm, zur Erkenntlichkeit der ihm dadurch erwiesenen Ehre, einen Beutel mit 100 Rubeln.
Viertes
antwortet, Woiſtin wos Chreſt, das iſt, er iſt gewiß auferſtanden — und dann kuͤſſen ſie einander. Derjenige, der zuerſt gruͤßet, iſt verbunden, dem an- dern ein Ey zu geben. Niemand, von was fuͤr Stande oder Geſchlechte er auch ſey, unterſtehet ſich, das Ey oder den Kuß auszuſchlagen. Perſonen von Stande laſſen ſie mit goldnen oder ſilbernen Blaͤttchen belegen, oder laſſen ſie aus- und inwendig niedlich malen.
Sie begehen die meiſten Feſte mit Proceſſionen, davon die am Palmſonntage, die unſers Heilandes Einzug in Jeruſalem vorſtellet, beſonders ſehr feyer- lich iſt. Ehe die Wuͤrde des Patriarchen aufgehoben worden, pflegte der Patriarch bey der Proceſſion auf einem Eſel zu reiten, den der Czar von dem Schloſſe bis an die Kirche Jeruſalem genannt, die außer dem Schloſſe liegt, beym Zaume fuͤhrte, und der Pa- triarch gab ihm, zur Erkenntlichkeit der ihm dadurch erwieſenen Ehre, einen Beutel mit 100 Rubeln.
Viertes
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0135"n="125"/>
antwortet, <hirendition="#fr">Woiſtin wos Chreſt,</hi> das iſt, er iſt<lb/>
gewiß auferſtanden — und dann kuͤſſen ſie einander.<lb/>
Derjenige, der zuerſt gruͤßet, iſt verbunden, dem an-<lb/>
dern ein Ey zu geben. Niemand, von was fuͤr<lb/>
Stande oder Geſchlechte er auch ſey, unterſtehet ſich,<lb/>
das Ey oder den Kuß auszuſchlagen. Perſonen von<lb/>
Stande laſſen ſie mit goldnen oder ſilbernen Blaͤttchen<lb/>
belegen, oder laſſen ſie aus- und inwendig niedlich<lb/>
malen.</p><lb/><p>Sie begehen die meiſten Feſte mit Proceſſionen,<lb/>
davon die am Palmſonntage, die unſers Heilandes<lb/>
Einzug in Jeruſalem vorſtellet, beſonders ſehr feyer-<lb/>
lich iſt. Ehe die Wuͤrde des Patriarchen aufgehoben<lb/>
worden, pflegte der Patriarch bey der Proceſſion auf<lb/>
einem Eſel zu reiten, den der Czar von dem Schloſſe<lb/>
bis an die Kirche Jeruſalem genannt, die außer dem<lb/>
Schloſſe liegt, beym Zaume fuͤhrte, und der Pa-<lb/>
triarch gab ihm, zur Erkenntlichkeit der ihm dadurch<lb/>
erwieſenen Ehre, einen Beutel mit 100 Rubeln.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">Viertes</hi></fw><lb/></body></text></TEI>
[125/0135]
antwortet, Woiſtin wos Chreſt, das iſt, er iſt
gewiß auferſtanden — und dann kuͤſſen ſie einander.
Derjenige, der zuerſt gruͤßet, iſt verbunden, dem an-
dern ein Ey zu geben. Niemand, von was fuͤr
Stande oder Geſchlechte er auch ſey, unterſtehet ſich,
das Ey oder den Kuß auszuſchlagen. Perſonen von
Stande laſſen ſie mit goldnen oder ſilbernen Blaͤttchen
belegen, oder laſſen ſie aus- und inwendig niedlich
malen.
Sie begehen die meiſten Feſte mit Proceſſionen,
davon die am Palmſonntage, die unſers Heilandes
Einzug in Jeruſalem vorſtellet, beſonders ſehr feyer-
lich iſt. Ehe die Wuͤrde des Patriarchen aufgehoben
worden, pflegte der Patriarch bey der Proceſſion auf
einem Eſel zu reiten, den der Czar von dem Schloſſe
bis an die Kirche Jeruſalem genannt, die außer dem
Schloſſe liegt, beym Zaume fuͤhrte, und der Pa-
triarch gab ihm, zur Erkenntlichkeit der ihm dadurch
erwieſenen Ehre, einen Beutel mit 100 Rubeln.
Viertes
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/135>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.