Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

muß, hielt um Dienste bey der Armee an. Der
Feldmarschall sragte ihn durch seinen deutschen Dol-
metscher, in was für einem Posten er gedienet hätte,
und bekam zur Antwort, als Capitän des Armes.
Da das Wort arm in der deutschen Sprache arm
bedeutet, so sagte der Dolmetscher, daß er ein armer
Capitän gewesen sey. Wenn das der Fall ist, sagte
der Feldmarschall, so will ich ihn zum reichen Capi-
tän machen, und fertigte ein Capitäns-Diplom für
ihn aus. Allein der Czar, anstatt selbiges zu bestä-
tigen, machte ihn nur zum Fähndrich, und schon die-
ses machte den armen Capitän sehr glücklich.

Beste Art
aus Russi-
schem Dien-
ste zu kom-
men.

Damals war es viel leichter, Dienste zu erhal-
ten, als wieder los zukommen, wie man aus des Ge-
neralmajors Gordon Beyspiele sehen konnte, dem viel
daran gelegen war, den Dienst zu verlassen, und der da-
her, so oft er nur konnte, um seine Erlassung, aber alles
vergebens, anhielt. Als er daher nach dem Treffen
bey Pultawa allein mit einem Commando in Pohlen
stand, ergriff er diese Gelegenheit, ließ seine Frau
und Töchter nach Pohlen kommen, und gieng mit ih-
nen nach Danzig, und von da zu Schiffe nach Schott-
land. Ein gleicher Fall trug sich zu meiner Zeit mit
einem Rittmeister bey den Dragonern zu, der, nach-
dem er lange gedienet hatte, um seinen Abschied ansuch-
te, und ihn zwar ohne große Schwierigkeit erhielt, aber
kein Mittel ausfündig machen konnte einen Paß zu er-
halten, um aus dem Lande zu kommen, weil er bestän-
dig mit schönen Worten abgewiesen wurde, womit sie
ihn so lange aufhielten, daß er sich endlich genöthiget
sahe, Wechselbriefe an seine Freunde in Deutschland
zu stellen, um in Rußland leben zu können. Die

Russische

muß, hielt um Dienſte bey der Armee an. Der
Feldmarſchall ſragte ihn durch ſeinen deutſchen Dol-
metſcher, in was fuͤr einem Poſten er gedienet haͤtte,
und bekam zur Antwort, als Capitaͤn des Armes.
Da das Wort arm in der deutſchen Sprache arm
bedeutet, ſo ſagte der Dolmetſcher, daß er ein armer
Capitaͤn geweſen ſey. Wenn das der Fall iſt, ſagte
der Feldmarſchall, ſo will ich ihn zum reichen Capi-
taͤn machen, und fertigte ein Capitaͤns-Diplom fuͤr
ihn aus. Allein der Czar, anſtatt ſelbiges zu beſtaͤ-
tigen, machte ihn nur zum Faͤhndrich, und ſchon die-
ſes machte den armen Capitaͤn ſehr gluͤcklich.

Beſte Art
aus Ruſſi-
ſchem Dien-
ſte zu kom-
men.

Damals war es viel leichter, Dienſte zu erhal-
ten, als wieder los zukommen, wie man aus des Ge-
neralmajors Gordon Beyſpiele ſehen konnte, dem viel
daran gelegen war, den Dienſt zu verlaſſen, und der da-
her, ſo oft er nur konnte, um ſeine Erlaſſung, aber alles
vergebens, anhielt. Als er daher nach dem Treffen
bey Pultawa allein mit einem Commando in Pohlen
ſtand, ergriff er dieſe Gelegenheit, ließ ſeine Frau
und Toͤchter nach Pohlen kommen, und gieng mit ih-
nen nach Danzig, und von da zu Schiffe nach Schott-
land. Ein gleicher Fall trug ſich zu meiner Zeit mit
einem Rittmeiſter bey den Dragonern zu, der, nach-
dem er lange gedienet hatte, um ſeinen Abſchied anſuch-
te, und ihn zwar ohne große Schwierigkeit erhielt, aber
kein Mittel ausfuͤndig machen konnte einen Paß zu er-
halten, um aus dem Lande zu kommen, weil er beſtaͤn-
dig mit ſchoͤnen Worten abgewieſen wurde, womit ſie
ihn ſo lange aufhielten, daß er ſich endlich genoͤthiget
ſahe, Wechſelbriefe an ſeine Freunde in Deutſchland
zu ſtellen, um in Rußland leben zu koͤnnen. Die

Ruſſiſche
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0142" n="132"/>
muß, hielt um Dien&#x017F;te bey der Armee an. Der<lb/>
Feldmar&#x017F;chall &#x017F;ragte ihn durch &#x017F;einen deut&#x017F;chen Dol-<lb/>
met&#x017F;cher, in was fu&#x0364;r einem Po&#x017F;ten er gedienet ha&#x0364;tte,<lb/>
und bekam zur Antwort, als Capita&#x0364;n des Armes.<lb/>
Da das Wort <hi rendition="#fr">arm</hi> in der deut&#x017F;chen Sprache <hi rendition="#fr">arm</hi><lb/>
bedeutet, &#x017F;o &#x017F;agte der Dolmet&#x017F;cher, daß er ein armer<lb/>
Capita&#x0364;n gewe&#x017F;en &#x017F;ey. Wenn das der Fall i&#x017F;t, &#x017F;agte<lb/>
der Feldmar&#x017F;chall, &#x017F;o will ich ihn zum reichen Capi-<lb/>
ta&#x0364;n machen, und fertigte ein Capita&#x0364;ns-Diplom fu&#x0364;r<lb/>
ihn aus. Allein der Czar, an&#x017F;tatt &#x017F;elbiges zu be&#x017F;ta&#x0364;-<lb/>
tigen, machte ihn nur zum Fa&#x0364;hndrich, und &#x017F;chon die-<lb/>
&#x017F;es machte den armen Capita&#x0364;n &#x017F;ehr glu&#x0364;cklich.</p><lb/>
        <note place="left">Be&#x017F;te Art<lb/>
aus Ru&#x017F;&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;chem Dien-<lb/>
&#x017F;te zu kom-<lb/>
men.</note>
        <p>Damals war es viel leichter, Dien&#x017F;te zu erhal-<lb/>
ten, als wieder los zukommen, wie man aus des Ge-<lb/>
neralmajors Gordon Bey&#x017F;piele &#x017F;ehen konnte, dem viel<lb/>
daran gelegen war, den Dien&#x017F;t zu verla&#x017F;&#x017F;en, und der da-<lb/>
her, &#x017F;o oft er nur konnte, um &#x017F;eine Erla&#x017F;&#x017F;ung, aber alles<lb/>
vergebens, anhielt. Als er daher nach dem Treffen<lb/>
bey Pultawa allein mit einem Commando in Pohlen<lb/>
&#x017F;tand, ergriff er die&#x017F;e Gelegenheit, ließ &#x017F;eine Frau<lb/>
und To&#x0364;chter nach Pohlen kommen, und gieng mit ih-<lb/>
nen nach Danzig, und von da zu Schiffe nach Schott-<lb/>
land. Ein gleicher Fall trug &#x017F;ich zu meiner Zeit mit<lb/>
einem Rittmei&#x017F;ter bey den Dragonern zu, der, nach-<lb/>
dem er lange gedienet hatte, um &#x017F;einen Ab&#x017F;chied an&#x017F;uch-<lb/>
te, und ihn zwar ohne große Schwierigkeit erhielt, aber<lb/>
kein Mittel ausfu&#x0364;ndig machen konnte einen Paß zu er-<lb/>
halten, um aus dem Lande zu kommen, weil er be&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
dig mit &#x017F;cho&#x0364;nen Worten abgewie&#x017F;en wurde, womit &#x017F;ie<lb/>
ihn &#x017F;o lange aufhielten, daß er &#x017F;ich endlich geno&#x0364;thiget<lb/>
&#x017F;ahe, Wech&#x017F;elbriefe an &#x017F;eine Freunde in Deut&#x017F;chland<lb/>
zu &#x017F;tellen, um in Rußland leben zu ko&#x0364;nnen. Die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0142] muß, hielt um Dienſte bey der Armee an. Der Feldmarſchall ſragte ihn durch ſeinen deutſchen Dol- metſcher, in was fuͤr einem Poſten er gedienet haͤtte, und bekam zur Antwort, als Capitaͤn des Armes. Da das Wort arm in der deutſchen Sprache arm bedeutet, ſo ſagte der Dolmetſcher, daß er ein armer Capitaͤn geweſen ſey. Wenn das der Fall iſt, ſagte der Feldmarſchall, ſo will ich ihn zum reichen Capi- taͤn machen, und fertigte ein Capitaͤns-Diplom fuͤr ihn aus. Allein der Czar, anſtatt ſelbiges zu beſtaͤ- tigen, machte ihn nur zum Faͤhndrich, und ſchon die- ſes machte den armen Capitaͤn ſehr gluͤcklich. Damals war es viel leichter, Dienſte zu erhal- ten, als wieder los zukommen, wie man aus des Ge- neralmajors Gordon Beyſpiele ſehen konnte, dem viel daran gelegen war, den Dienſt zu verlaſſen, und der da- her, ſo oft er nur konnte, um ſeine Erlaſſung, aber alles vergebens, anhielt. Als er daher nach dem Treffen bey Pultawa allein mit einem Commando in Pohlen ſtand, ergriff er dieſe Gelegenheit, ließ ſeine Frau und Toͤchter nach Pohlen kommen, und gieng mit ih- nen nach Danzig, und von da zu Schiffe nach Schott- land. Ein gleicher Fall trug ſich zu meiner Zeit mit einem Rittmeiſter bey den Dragonern zu, der, nach- dem er lange gedienet hatte, um ſeinen Abſchied anſuch- te, und ihn zwar ohne große Schwierigkeit erhielt, aber kein Mittel ausfuͤndig machen konnte einen Paß zu er- halten, um aus dem Lande zu kommen, weil er beſtaͤn- dig mit ſchoͤnen Worten abgewieſen wurde, womit ſie ihn ſo lange aufhielten, daß er ſich endlich genoͤthiget ſahe, Wechſelbriefe an ſeine Freunde in Deutſchland zu ſtellen, um in Rußland leben zu koͤnnen. Die Ruſſiſche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/142
Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/142>, abgerufen am 25.11.2024.