dung in Schonen, und bey andern Vorfällen sehen werden, geahndet. Es lag dem Czar beständig sehr am Herzen, einen Fuß in Deutschland zu bekommen. Er bot daher anfänglich dem Kaiser an, ihm mit 25000 Mann, auf seine eigene Kosten, wider Frank- reich beyzustehen, wenn man ihm zum Gliede des Rö- mischen Reichs aufnehmen wolle; dieses wurde ihm aber abgeschlagen. Hierauf suchte er es durch die Vermählung seiner Nichte an den Herzog von Meck- lenburg zu erhalten, indem er ihm Wißmar versprach, und dadurch einen sichern Hafen, in diese Länder zu schiffen, zu bekommen gedachte. Hierauf wurde dem Herzoge vorgeschlagen, Mecklenburg gegen ein Aequi- valent zu vertauschen, welches entweder Curland oder Liefland hätte seyn müssen. Weil aber die Reichsfür- sten über des Czars außerordentliche Macht eifersüch- tig waren, so vereitelten sie ihm alle Absichten, einen Fuß in diesem Reiche zu erlangen. So gar der Re- gent in Frankreich ruhete nicht eher, bis der Czar ver- sprochen hatte, seine Truppen aus Deutschland zu ziehen.
Den 16ten May reisete ich von Stolpe ab, und kam den 27sten mit meinen Leuten, die alle gesund und frisch waren, in Berlin an. Jch ward von dem wachthabenden Officier zu dem Feldmarschall, Graf Wartensleben, geführet, dem ich den Brief von dem Fürsten Menzikof übergab. Der Feldmarschall ließ den Leuten sogleich Quartiere zu ihrer Erholung geben, bis der König von Potsdam zurück kommen würde, welches in zwey Tagen hernach erfolgte, und als der König sie besahe, sagte er, daß es die schönsten und wohlgestaltesten Leute wären, die er jemals von ihrer
Größe
M 5
dung in Schonen, und bey andern Vorfaͤllen ſehen werden, geahndet. Es lag dem Czar beſtaͤndig ſehr am Herzen, einen Fuß in Deutſchland zu bekommen. Er bot daher anfaͤnglich dem Kaiſer an, ihm mit 25000 Mann, auf ſeine eigene Koſten, wider Frank- reich beyzuſtehen, wenn man ihm zum Gliede des Roͤ- miſchen Reichs aufnehmen wolle; dieſes wurde ihm aber abgeſchlagen. Hierauf ſuchte er es durch die Vermaͤhlung ſeiner Nichte an den Herzog von Meck- lenburg zu erhalten, indem er ihm Wißmar verſprach, und dadurch einen ſichern Hafen, in dieſe Laͤnder zu ſchiffen, zu bekommen gedachte. Hierauf wurde dem Herzoge vorgeſchlagen, Mecklenburg gegen ein Aequi- valent zu vertauſchen, welches entweder Curland oder Liefland haͤtte ſeyn muͤſſen. Weil aber die Reichsfuͤr- ſten uͤber des Czars außerordentliche Macht eiferſuͤch- tig waren, ſo vereitelten ſie ihm alle Abſichten, einen Fuß in dieſem Reiche zu erlangen. So gar der Re- gent in Frankreich ruhete nicht eher, bis der Czar ver- ſprochen hatte, ſeine Truppen aus Deutſchland zu ziehen.
Den 16ten May reiſete ich von Stolpe ab, und kam den 27ſten mit meinen Leuten, die alle geſund und friſch waren, in Berlin an. Jch ward von dem wachthabenden Officier zu dem Feldmarſchall, Graf Wartensleben, gefuͤhret, dem ich den Brief von dem Fuͤrſten Menzikof uͤbergab. Der Feldmarſchall ließ den Leuten ſogleich Quartiere zu ihrer Erholung geben, bis der Koͤnig von Potsdam zuruͤck kommen wuͤrde, welches in zwey Tagen hernach erfolgte, und als der Koͤnig ſie beſahe, ſagte er, daß es die ſchoͤnſten und wohlgeſtalteſten Leute waͤren, die er jemals von ihrer
Groͤße
M 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0195"n="185"/>
dung in Schonen, und bey andern Vorfaͤllen ſehen<lb/>
werden, geahndet. Es lag dem Czar beſtaͤndig ſehr<lb/>
am Herzen, einen Fuß in Deutſchland zu bekommen.<lb/>
Er bot daher anfaͤnglich dem Kaiſer an, ihm mit<lb/>
25000 Mann, auf ſeine eigene Koſten, wider Frank-<lb/>
reich beyzuſtehen, wenn man ihm zum Gliede des Roͤ-<lb/>
miſchen Reichs aufnehmen wolle; dieſes wurde ihm<lb/>
aber abgeſchlagen. Hierauf ſuchte er es durch die<lb/>
Vermaͤhlung ſeiner Nichte an den Herzog von Meck-<lb/>
lenburg zu erhalten, indem er ihm Wißmar verſprach,<lb/>
und dadurch einen ſichern Hafen, in dieſe Laͤnder zu<lb/>ſchiffen, zu bekommen gedachte. Hierauf wurde dem<lb/>
Herzoge vorgeſchlagen, Mecklenburg gegen ein Aequi-<lb/>
valent zu vertauſchen, welches entweder Curland oder<lb/>
Liefland haͤtte ſeyn muͤſſen. Weil aber die Reichsfuͤr-<lb/>ſten uͤber des Czars außerordentliche Macht eiferſuͤch-<lb/>
tig waren, ſo vereitelten ſie ihm alle Abſichten, einen<lb/>
Fuß in dieſem Reiche zu erlangen. So gar der Re-<lb/>
gent in Frankreich ruhete nicht eher, bis der Czar ver-<lb/>ſprochen hatte, ſeine Truppen aus Deutſchland zu<lb/>
ziehen.</p><lb/><p>Den 16ten May reiſete ich von Stolpe ab, und<lb/>
kam den 27ſten mit meinen Leuten, die alle geſund<lb/>
und friſch waren, in Berlin an. Jch ward von dem<lb/>
wachthabenden Officier zu dem Feldmarſchall, Graf<lb/>
Wartensleben, gefuͤhret, dem ich den Brief von dem<lb/>
Fuͤrſten Menzikof uͤbergab. Der Feldmarſchall ließ<lb/>
den Leuten ſogleich Quartiere zu ihrer Erholung geben,<lb/>
bis der Koͤnig von Potsdam zuruͤck kommen wuͤrde,<lb/>
welches in zwey Tagen hernach erfolgte, und als der<lb/>
Koͤnig ſie beſahe, ſagte er, daß es die ſchoͤnſten und<lb/>
wohlgeſtalteſten Leute waͤren, die er jemals von ihrer<lb/><fwplace="bottom"type="sig">M 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Groͤße</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[185/0195]
dung in Schonen, und bey andern Vorfaͤllen ſehen
werden, geahndet. Es lag dem Czar beſtaͤndig ſehr
am Herzen, einen Fuß in Deutſchland zu bekommen.
Er bot daher anfaͤnglich dem Kaiſer an, ihm mit
25000 Mann, auf ſeine eigene Koſten, wider Frank-
reich beyzuſtehen, wenn man ihm zum Gliede des Roͤ-
miſchen Reichs aufnehmen wolle; dieſes wurde ihm
aber abgeſchlagen. Hierauf ſuchte er es durch die
Vermaͤhlung ſeiner Nichte an den Herzog von Meck-
lenburg zu erhalten, indem er ihm Wißmar verſprach,
und dadurch einen ſichern Hafen, in dieſe Laͤnder zu
ſchiffen, zu bekommen gedachte. Hierauf wurde dem
Herzoge vorgeſchlagen, Mecklenburg gegen ein Aequi-
valent zu vertauſchen, welches entweder Curland oder
Liefland haͤtte ſeyn muͤſſen. Weil aber die Reichsfuͤr-
ſten uͤber des Czars außerordentliche Macht eiferſuͤch-
tig waren, ſo vereitelten ſie ihm alle Abſichten, einen
Fuß in dieſem Reiche zu erlangen. So gar der Re-
gent in Frankreich ruhete nicht eher, bis der Czar ver-
ſprochen hatte, ſeine Truppen aus Deutſchland zu
ziehen.
Den 16ten May reiſete ich von Stolpe ab, und
kam den 27ſten mit meinen Leuten, die alle geſund
und friſch waren, in Berlin an. Jch ward von dem
wachthabenden Officier zu dem Feldmarſchall, Graf
Wartensleben, gefuͤhret, dem ich den Brief von dem
Fuͤrſten Menzikof uͤbergab. Der Feldmarſchall ließ
den Leuten ſogleich Quartiere zu ihrer Erholung geben,
bis der Koͤnig von Potsdam zuruͤck kommen wuͤrde,
welches in zwey Tagen hernach erfolgte, und als der
Koͤnig ſie beſahe, ſagte er, daß es die ſchoͤnſten und
wohlgeſtalteſten Leute waͤren, die er jemals von ihrer
Groͤße
M 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/195>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.