Märsche und Gegenmärsche sehr abmattete. Gegen den Winter rückte die Armee nach Asche, wo wir uns trennten, und in die Winterquartiere giengen. Um diese Zeit ward der Prinz von Oranien zum Befehls- haber der Holländischen Truppen ernannt, ob er gleich erst 21 Jahr alt war. Unser Regiment gieng nach Huy in die Winterquartiere, wo der Schwe- dische General Oxenstein Gouverneur war. Diese Stadt liegt zu beyden Seiten der Maaß und ist nur schlecht befestiget; doch hat sie ein Castell und noch drey Forts, welche auf Anhöhen liegen und die Stadt decken. Jch zog eines Mahls mit einem Holländi- schen Lieutenant auf die Wache, der sehr einfältig war, und weder lesen noch schreiben konnte, indem er we- gen eines außerordentlichen Beyspiels persönlichen Muthes und guten Verhaltens von einem Sergeanten zum Lieutenant war gemacht worden. Die Franzo- sen hatten nämlich eine gewisse Stadt mit allen ihren Festungen eingenommen, einen einigen Thurm aus- genommen, auf welchem dieser Sergeant mit 20 Mann stand, und welchen er gegen alle Versuche des Feindes behauptete, bis der Platz im folgenden Jahre wieder erobert ward, wozu er folglich durch seine Stel- lung viel beygetragen hatte.
Als ich an einem Tage mit einer Patrouille aus- gieng und bey einem Kloster vorbey kam, sahen wir ein Frauenzimmer laufen, welches von verschiedenen Personen verfolgt ward, daher wir auf sie zu giengen. Als sie hörte, daß wir zu der Besatzung von Huy ge- hörten, war sie vor Freude außer sich, und nachdem sie von ihrer Furcht ein wenig zu sich selbst gekommen war, sagte sie uns, daß sie nach Namur gehöre, und
sich
Maͤrſche und Gegenmaͤrſche ſehr abmattete. Gegen den Winter ruͤckte die Armee nach Aſche, wo wir uns trennten, und in die Winterquartiere giengen. Um dieſe Zeit ward der Prinz von Oranien zum Befehls- haber der Hollaͤndiſchen Truppen ernannt, ob er gleich erſt 21 Jahr alt war. Unſer Regiment gieng nach Huy in die Winterquartiere, wo der Schwe- diſche General Oxenſtein Gouverneur war. Dieſe Stadt liegt zu beyden Seiten der Maaß und iſt nur ſchlecht befeſtiget; doch hat ſie ein Caſtell und noch drey Forts, welche auf Anhoͤhen liegen und die Stadt decken. Jch zog eines Mahls mit einem Hollaͤndi- ſchen Lieutenant auf die Wache, der ſehr einfaͤltig war, und weder leſen noch ſchreiben konnte, indem er we- gen eines außerordentlichen Beyſpiels perſoͤnlichen Muthes und guten Verhaltens von einem Sergeanten zum Lieutenant war gemacht worden. Die Franzo- ſen hatten naͤmlich eine gewiſſe Stadt mit allen ihren Feſtungen eingenommen, einen einigen Thurm aus- genommen, auf welchem dieſer Sergeant mit 20 Mann ſtand, und welchen er gegen alle Verſuche des Feindes behauptete, bis der Platz im folgenden Jahre wieder erobert ward, wozu er folglich durch ſeine Stel- lung viel beygetragen hatte.
Als ich an einem Tage mit einer Patrouille aus- gieng und bey einem Kloſter vorbey kam, ſahen wir ein Frauenzimmer laufen, welches von verſchiedenen Perſonen verfolgt ward, daher wir auf ſie zu giengen. Als ſie hoͤrte, daß wir zu der Beſatzung von Huy ge- hoͤrten, war ſie vor Freude außer ſich, und nachdem ſie von ihrer Furcht ein wenig zu ſich ſelbſt gekommen war, ſagte ſie uns, daß ſie nach Namur gehoͤre, und
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Maͤrſche und Gegenmaͤrſche ſehr abmattete. Gegen
den Winter ruͤckte die Armee nach Aſche, wo wir uns
trennten, und in die Winterquartiere giengen. Um
dieſe Zeit ward der Prinz von Oranien zum Befehls-
haber der Hollaͤndiſchen Truppen ernannt, ob er
gleich erſt 21 Jahr alt war. Unſer Regiment gieng
nach Huy in die Winterquartiere, wo der Schwe-
diſche General Oxenſtein Gouverneur war. Dieſe
Stadt liegt zu beyden Seiten der Maaß und iſt nur
ſchlecht befeſtiget; doch hat ſie ein Caſtell und noch
drey Forts, welche auf Anhoͤhen liegen und die Stadt
decken. Jch zog eines Mahls mit einem Hollaͤndi-
ſchen Lieutenant auf die Wache, der ſehr einfaͤltig war,
und weder leſen noch ſchreiben konnte, indem er we-
gen eines außerordentlichen Beyſpiels perſoͤnlichen
Muthes und guten Verhaltens von einem Sergeanten
zum Lieutenant war gemacht worden. Die Franzo-
ſen hatten naͤmlich eine gewiſſe Stadt mit allen ihren
Feſtungen eingenommen, einen einigen Thurm aus-
genommen, auf welchem dieſer Sergeant mit 20
Mann ſtand, und welchen er gegen alle Verſuche des
Feindes behauptete, bis der Platz im folgenden Jahre
wieder erobert ward, wozu er folglich durch ſeine Stel-
lung viel beygetragen hatte.
Als ich an einem Tage mit einer Patrouille aus-
gieng und bey einem Kloſter vorbey kam, ſahen wir
ein Frauenzimmer laufen, welches von verſchiedenen
Perſonen verfolgt ward, daher wir auf ſie zu giengen.
Als ſie hoͤrte, daß wir zu der Beſatzung von Huy ge-
hoͤrten, war ſie vor Freude außer ſich, und nachdem
ſie von ihrer Furcht ein wenig zu ſich ſelbſt gekommen
war, ſagte ſie uns, daß ſie nach Namur gehoͤre, und
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/22>, abgerufen am 21.11.2024.
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