mit vieler Heftigkeit sagte, er wolle seine Länder lieber einem würdigen Ausländer, als einem so unwürdigen Sohne geben. Zu der Zeit, als er dieses sagte, hat- te er keinen andern Sohn als den Czarowitz, welches also deutlich bewies, daß ihm das Wohl seines Lan- des mehr als die Thronfolge seiner Familie am Her- zen lag.
Der Schwedische Feldmarschall, Graf Rein-Der Schwe- dische Gene- ral Rein- schield gehet zurück. schield, der seit dem Treffen bey Pultawa als Gefan- gener in Casan gewesen war, kam jetzt nebst 20 Offi- cieren in Petersburg an, um gegen zwey Russische Geuerale, den Knes Trubetzkoi und den Grafen Gol- lowin, die beyde, seit der Bataille bey Narva, als Gefangene in Stockholm gewesen waren, ausgewech- selt zu werden. Der Graf Reinschield wurde sehr gnädig von dem Czar aufgenommen, und er empfahl ihn dem Feldmarschall Weyde zu ganz besonderer Sorgfalt. Er war täglich bey einem oder dem an- dern von den Großen zu Gaste, wobey sich der Czar jederzeit gleichfalls befand, und bey diesen Gelegenhei- ten gieng er sehr vetraut mit dem Grafen um, und sagte einmal zu ihm, daß er nichts so sehr wünsche, als mit seinem Bruder, dem Könige Carl, persönlich bekannt zu seyn, welches, wie er hoffe, in kurzem ge- schehen würde, wenn sie zu ihrem beiderseitigen Ver- gnügen einen dauerhaften Frieden würden geschlossen haben. Er hoffe in kurzem eine persönliche Zusam- menkunft mit demselben zu haben, wo sie Sachen mit einander verabreden wollten, wobey nicht viel Zeugen zugegen seyn sollten. Da der Graf Reinschield viel länger, als er vermuthet hatte, aufgehalten ward, so befürchtete er, der König, sein Herr, möchte nicht in
die
mit vieler Heftigkeit ſagte, er wolle ſeine Laͤnder lieber einem wuͤrdigen Auslaͤnder, als einem ſo unwuͤrdigen Sohne geben. Zu der Zeit, als er dieſes ſagte, hat- te er keinen andern Sohn als den Czarowitz, welches alſo deutlich bewies, daß ihm das Wohl ſeines Lan- des mehr als die Thronfolge ſeiner Familie am Her- zen lag.
Der Schwediſche Feldmarſchall, Graf Rein-Der Schwe- diſche Gene- ral Rein- ſchield gehet zuruͤck. ſchield, der ſeit dem Treffen bey Pultawa als Gefan- gener in Caſan geweſen war, kam jetzt nebſt 20 Offi- cieren in Petersburg an, um gegen zwey Ruſſiſche Geuerale, den Knes Trubetzkoi und den Grafen Gol- lowin, die beyde, ſeit der Bataille bey Narva, als Gefangene in Stockholm geweſen waren, ausgewech- ſelt zu werden. Der Graf Reinſchield wurde ſehr gnaͤdig von dem Czar aufgenommen, und er empfahl ihn dem Feldmarſchall Weyde zu ganz beſonderer Sorgfalt. Er war taͤglich bey einem oder dem an- dern von den Großen zu Gaſte, wobey ſich der Czar jederzeit gleichfalls befand, und bey dieſen Gelegenhei- ten gieng er ſehr vetraut mit dem Grafen um, und ſagte einmal zu ihm, daß er nichts ſo ſehr wuͤnſche, als mit ſeinem Bruder, dem Koͤnige Carl, perſoͤnlich bekannt zu ſeyn, welches, wie er hoffe, in kurzem ge- ſchehen wuͤrde, wenn ſie zu ihrem beiderſeitigen Ver- gnuͤgen einen dauerhaften Frieden wuͤrden geſchloſſen haben. Er hoffe in kurzem eine perſoͤnliche Zuſam- menkunft mit demſelben zu haben, wo ſie Sachen mit einander verabreden wollten, wobey nicht viel Zeugen zugegen ſeyn ſollten. Da der Graf Reinſchield viel laͤnger, als er vermuthet hatte, aufgehalten ward, ſo befuͤrchtete er, der Koͤnig, ſein Herr, moͤchte nicht in
die
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0231"n="221"/>
mit vieler Heftigkeit ſagte, er wolle ſeine Laͤnder lieber<lb/>
einem wuͤrdigen Auslaͤnder, als einem ſo unwuͤrdigen<lb/>
Sohne geben. Zu der Zeit, als er dieſes ſagte, hat-<lb/>
te er keinen andern Sohn als den Czarowitz, welches<lb/>
alſo deutlich bewies, daß ihm das Wohl ſeines Lan-<lb/>
des mehr als die Thronfolge ſeiner Familie am Her-<lb/>
zen lag.</p><lb/><p>Der Schwediſche Feldmarſchall, Graf Rein-<noteplace="right">Der Schwe-<lb/>
diſche Gene-<lb/>
ral Rein-<lb/>ſchield gehet<lb/>
zuruͤck.</note><lb/>ſchield, der ſeit dem Treffen bey Pultawa als Gefan-<lb/>
gener in Caſan geweſen war, kam jetzt nebſt 20 Offi-<lb/>
cieren in Petersburg an, um gegen zwey Ruſſiſche<lb/>
Geuerale, den Knes Trubetzkoi und den Grafen Gol-<lb/>
lowin, die beyde, ſeit der Bataille bey Narva, als<lb/>
Gefangene in Stockholm geweſen waren, ausgewech-<lb/>ſelt zu werden. Der Graf Reinſchield wurde ſehr<lb/>
gnaͤdig von dem Czar aufgenommen, und er empfahl<lb/>
ihn dem Feldmarſchall Weyde zu ganz beſonderer<lb/>
Sorgfalt. Er war taͤglich bey einem oder dem an-<lb/>
dern von den Großen zu Gaſte, wobey ſich der Czar<lb/>
jederzeit gleichfalls befand, und bey dieſen Gelegenhei-<lb/>
ten gieng er ſehr vetraut mit dem Grafen um, und<lb/>ſagte einmal zu ihm, daß er nichts ſo ſehr wuͤnſche,<lb/>
als mit ſeinem Bruder, dem Koͤnige Carl, perſoͤnlich<lb/>
bekannt zu ſeyn, welches, wie er hoffe, in kurzem ge-<lb/>ſchehen wuͤrde, wenn ſie zu ihrem beiderſeitigen Ver-<lb/>
gnuͤgen einen dauerhaften Frieden wuͤrden geſchloſſen<lb/>
haben. Er hoffe in kurzem eine perſoͤnliche Zuſam-<lb/>
menkunft mit demſelben zu haben, wo ſie Sachen mit<lb/>
einander verabreden wollten, wobey nicht viel Zeugen<lb/>
zugegen ſeyn ſollten. Da der Graf Reinſchield viel<lb/>
laͤnger, als er vermuthet hatte, aufgehalten ward, ſo<lb/>
befuͤrchtete er, der Koͤnig, ſein Herr, moͤchte nicht in<lb/><fwplace="bottom"type="catch">die</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[221/0231]
mit vieler Heftigkeit ſagte, er wolle ſeine Laͤnder lieber
einem wuͤrdigen Auslaͤnder, als einem ſo unwuͤrdigen
Sohne geben. Zu der Zeit, als er dieſes ſagte, hat-
te er keinen andern Sohn als den Czarowitz, welches
alſo deutlich bewies, daß ihm das Wohl ſeines Lan-
des mehr als die Thronfolge ſeiner Familie am Her-
zen lag.
Der Schwediſche Feldmarſchall, Graf Rein-
ſchield, der ſeit dem Treffen bey Pultawa als Gefan-
gener in Caſan geweſen war, kam jetzt nebſt 20 Offi-
cieren in Petersburg an, um gegen zwey Ruſſiſche
Geuerale, den Knes Trubetzkoi und den Grafen Gol-
lowin, die beyde, ſeit der Bataille bey Narva, als
Gefangene in Stockholm geweſen waren, ausgewech-
ſelt zu werden. Der Graf Reinſchield wurde ſehr
gnaͤdig von dem Czar aufgenommen, und er empfahl
ihn dem Feldmarſchall Weyde zu ganz beſonderer
Sorgfalt. Er war taͤglich bey einem oder dem an-
dern von den Großen zu Gaſte, wobey ſich der Czar
jederzeit gleichfalls befand, und bey dieſen Gelegenhei-
ten gieng er ſehr vetraut mit dem Grafen um, und
ſagte einmal zu ihm, daß er nichts ſo ſehr wuͤnſche,
als mit ſeinem Bruder, dem Koͤnige Carl, perſoͤnlich
bekannt zu ſeyn, welches, wie er hoffe, in kurzem ge-
ſchehen wuͤrde, wenn ſie zu ihrem beiderſeitigen Ver-
gnuͤgen einen dauerhaften Frieden wuͤrden geſchloſſen
haben. Er hoffe in kurzem eine perſoͤnliche Zuſam-
menkunft mit demſelben zu haben, wo ſie Sachen mit
einander verabreden wollten, wobey nicht viel Zeugen
zugegen ſeyn ſollten. Da der Graf Reinſchield viel
laͤnger, als er vermuthet hatte, aufgehalten ward, ſo
befuͤrchtete er, der Koͤnig, ſein Herr, moͤchte nicht in
die
Der Schwe-
diſche Gene-
ral Rein-
ſchield gehet
zuruͤck.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/231>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.