Geburts- und Sterbetag gestochen war; dergleichen Ringe wurden beynahe 700 unter die Gesellschaft vertheilet.
Bey dieser Gelegenheit entstand eine Zwistigkeit zwischen dem Fürsten Menzikof und dem Fürsten Galitzin, die einander ziemlich unhöflich begegneten. Der Czar, der im nächsten Zimmer war und sie be- horchte, ließ den Menzikof holen, und gab ihm ei- nen derben Verweis, indem er zu ihm sagte, daß er sich nicht vergessen, sondern überlegen sollte, daß er nur von gestern, hingegen der Fürst Galitzin von der alten Familie der Jagellons sey, die Fürsten von Li- thauen und nachher Könige von Pohlen gewesen wä- ren. Hierauf befahl er ihm, es dem Fürsten Gali- tzin vor der ganzen Gesellschaft abzubitten, welches er auch thun mußte. Beyde Fürsten lebten hernach be- ständig in Feindschaft; allein die Familie des Gali- tzin war zu mächtig, als daß sie sich vor dem Zorne Menzikofs hätte fürchten sollen.
Der Verfas- ser hält um seinen Ab- schied an.
Den Tag nach dem Begräbnisse wurde der Knes Repnin zum Feldmarschall gemacht, der sogleich nach mir schickte und mich fragte, ob ich kein Adjutant werden wollte. Jch antwortete ihm, daß ich dieses bereits unter zwey Feldmarschällen gewesen sey, und hoffte also, da ich so lange in dieser Stelle gewesen wäre, daß er mich entschuldigen würde. Er nahm meine abschlägige Antwort sehr übel, und drohete mir, daß ich es bereuen sollte. Da ich nun der Russi- schen Dienste bereits überdrüßig war, so sahe ich die- ses für eine günstige Gelegenheit an, um meinen Ab- schied anzuhalten, welches ich auch den folgenden Tag that, und dem Czar selbst ein Bittschreiben über-
gab.
Geburts- und Sterbetag geſtochen war; dergleichen Ringe wurden beynahe 700 unter die Geſellſchaft vertheilet.
Bey dieſer Gelegenheit entſtand eine Zwiſtigkeit zwiſchen dem Fuͤrſten Menzikof und dem Fuͤrſten Galitzin, die einander ziemlich unhoͤflich begegneten. Der Czar, der im naͤchſten Zimmer war und ſie be- horchte, ließ den Menzikof holen, und gab ihm ei- nen derben Verweis, indem er zu ihm ſagte, daß er ſich nicht vergeſſen, ſondern uͤberlegen ſollte, daß er nur von geſtern, hingegen der Fuͤrſt Galitzin von der alten Familie der Jagellons ſey, die Fuͤrſten von Li- thauen und nachher Koͤnige von Pohlen geweſen waͤ- ren. Hierauf befahl er ihm, es dem Fuͤrſten Gali- tzin vor der ganzen Geſellſchaft abzubitten, welches er auch thun mußte. Beyde Fuͤrſten lebten hernach be- ſtaͤndig in Feindſchaft; allein die Familie des Gali- tzin war zu maͤchtig, als daß ſie ſich vor dem Zorne Menzikofs haͤtte fuͤrchten ſollen.
Der Verfaſ- ſer haͤlt um ſeinen Ab- ſchied an.
Den Tag nach dem Begraͤbniſſe wurde der Knes Repnin zum Feldmarſchall gemacht, der ſogleich nach mir ſchickte und mich fragte, ob ich kein Adjutant werden wollte. Jch antwortete ihm, daß ich dieſes bereits unter zwey Feldmarſchaͤllen geweſen ſey, und hoffte alſo, da ich ſo lange in dieſer Stelle geweſen waͤre, daß er mich entſchuldigen wuͤrde. Er nahm meine abſchlaͤgige Antwort ſehr uͤbel, und drohete mir, daß ich es bereuen ſollte. Da ich nun der Ruſſi- ſchen Dienſte bereits uͤberdruͤßig war, ſo ſahe ich die- ſes fuͤr eine guͤnſtige Gelegenheit an, um meinen Ab- ſchied anzuhalten, welches ich auch den folgenden Tag that, und dem Czar ſelbſt ein Bittſchreiben uͤber-
gab.
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Geburts- und Sterbetag geſtochen war; dergleichen
Ringe wurden beynahe 700 unter die Geſellſchaft
vertheilet.
Bey dieſer Gelegenheit entſtand eine Zwiſtigkeit
zwiſchen dem Fuͤrſten Menzikof und dem Fuͤrſten
Galitzin, die einander ziemlich unhoͤflich begegneten.
Der Czar, der im naͤchſten Zimmer war und ſie be-
horchte, ließ den Menzikof holen, und gab ihm ei-
nen derben Verweis, indem er zu ihm ſagte, daß er
ſich nicht vergeſſen, ſondern uͤberlegen ſollte, daß er
nur von geſtern, hingegen der Fuͤrſt Galitzin von der
alten Familie der Jagellons ſey, die Fuͤrſten von Li-
thauen und nachher Koͤnige von Pohlen geweſen waͤ-
ren. Hierauf befahl er ihm, es dem Fuͤrſten Gali-
tzin vor der ganzen Geſellſchaft abzubitten, welches er
auch thun mußte. Beyde Fuͤrſten lebten hernach be-
ſtaͤndig in Feindſchaft; allein die Familie des Gali-
tzin war zu maͤchtig, als daß ſie ſich vor dem Zorne
Menzikofs haͤtte fuͤrchten ſollen.
Den Tag nach dem Begraͤbniſſe wurde der Knes
Repnin zum Feldmarſchall gemacht, der ſogleich nach
mir ſchickte und mich fragte, ob ich kein Adjutant
werden wollte. Jch antwortete ihm, daß ich dieſes
bereits unter zwey Feldmarſchaͤllen geweſen ſey, und
hoffte alſo, da ich ſo lange in dieſer Stelle geweſen
waͤre, daß er mich entſchuldigen wuͤrde. Er nahm
meine abſchlaͤgige Antwort ſehr uͤbel, und drohete
mir, daß ich es bereuen ſollte. Da ich nun der Ruſſi-
ſchen Dienſte bereits uͤberdruͤßig war, ſo ſahe ich die-
ſes fuͤr eine guͤnſtige Gelegenheit an, um meinen Ab-
ſchied anzuhalten, welches ich auch den folgenden
Tag that, und dem Czar ſelbſt ein Bittſchreiben uͤber-
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/256>, abgerufen am 22.11.2024.
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