gab. Der Czar fragte mich, warum ich seine Dien- ste verlassen wolle? Jch antwortete, daß, da mir der Marschall Repnin, weil ich es ausgeschlagen hätte, sein Aide de Camp zu werden, gedrohet hätte, es un- sicher für mich seyn würde, länger bey der Armee zu bleiben. Der Czar antwortete, daß ich nicht unter des Marschalls Commando stehen sollte, und also nichts von ihm zu befürchten habe. Jch getraute mich also nicht, auf meinen Abschied zu dringen, da- mit es mir nicht wie dem Dean, der Capitän bey der Flotte war, ergehen möchte, der deswegen nach Si- berien geschickt wurde, weil er seinen Dienst, auf Be- fehl des Königs George I, der allen Brittischen Un- terthanen Rußland zu dienen verbot, niedergelegt hat- te. Der Capitän kam nach einiger Zeit wieder los, und wurde, als er nach England zurücke kam, als Consul nach Ostende geschickt.
Nachdem mich der Czar bey seiner eigenen Divi- sion zum Capitän gemacht hatte, bekam ich eine Compagnie bey dem Astrakanischen Regimente, wel- ches damals in Reval stand, und erhielt sogleich Be- fehl, mich an diesen Ort zu begeben, um daselbst die Aufsicht über die Festungswerke, die der Czar im vori- gen Jahre entworfen hatte, zu haben, und sie zu be- schleunigen. Bey meiner Ankunft, den 24sten Julii, fand ich, daß sie seit meiner Abreise sehr weit gekom- men waren. Jch wurde nunmehr bey einem Kauf- manne in der Stadt einquartiret, der mich in sein Lusthaus führte, welches er am Ende seines Gartens hatte, und aus einem Keller, einer Stube für die Bedienten, und zwey schön ausmöblirten Zimmern über denselben, bestand. Als der Wirth sahe, daß
mir
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gab. Der Czar fragte mich, warum ich ſeine Dien- ſte verlaſſen wolle? Jch antwortete, daß, da mir der Marſchall Repnin, weil ich es ausgeſchlagen haͤtte, ſein Aide de Camp zu werden, gedrohet haͤtte, es un- ſicher fuͤr mich ſeyn wuͤrde, laͤnger bey der Armee zu bleiben. Der Czar antwortete, daß ich nicht unter des Marſchalls Commando ſtehen ſollte, und alſo nichts von ihm zu befuͤrchten habe. Jch getraute mich alſo nicht, auf meinen Abſchied zu dringen, da- mit es mir nicht wie dem Dean, der Capitaͤn bey der Flotte war, ergehen moͤchte, der deswegen nach Si- berien geſchickt wurde, weil er ſeinen Dienſt, auf Be- fehl des Koͤnigs George I, der allen Brittiſchen Un- terthanen Rußland zu dienen verbot, niedergelegt hat- te. Der Capitaͤn kam nach einiger Zeit wieder los, und wurde, als er nach England zuruͤcke kam, als Conſul nach Oſtende geſchickt.
Nachdem mich der Czar bey ſeiner eigenen Divi- ſion zum Capitaͤn gemacht hatte, bekam ich eine Compagnie bey dem Aſtrakaniſchen Regimente, wel- ches damals in Reval ſtand, und erhielt ſogleich Be- fehl, mich an dieſen Ort zu begeben, um daſelbſt die Aufſicht uͤber die Feſtungswerke, die der Czar im vori- gen Jahre entworfen hatte, zu haben, und ſie zu be- ſchleunigen. Bey meiner Ankunft, den 24ſten Julii, fand ich, daß ſie ſeit meiner Abreiſe ſehr weit gekom- men waren. Jch wurde nunmehr bey einem Kauf- manne in der Stadt einquartiret, der mich in ſein Luſthaus fuͤhrte, welches er am Ende ſeines Gartens hatte, und aus einem Keller, einer Stube fuͤr die Bedienten, und zwey ſchoͤn ausmoͤblirten Zimmern uͤber denſelben, beſtand. Als der Wirth ſahe, daß
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gab. Der Czar fragte mich, warum ich ſeine Dien-
ſte verlaſſen wolle? Jch antwortete, daß, da mir der
Marſchall Repnin, weil ich es ausgeſchlagen haͤtte,
ſein Aide de Camp zu werden, gedrohet haͤtte, es un-
ſicher fuͤr mich ſeyn wuͤrde, laͤnger bey der Armee zu
bleiben. Der Czar antwortete, daß ich nicht unter
des Marſchalls Commando ſtehen ſollte, und alſo
nichts von ihm zu befuͤrchten habe. Jch getraute
mich alſo nicht, auf meinen Abſchied zu dringen, da-
mit es mir nicht wie dem Dean, der Capitaͤn bey der
Flotte war, ergehen moͤchte, der deswegen nach Si-
berien geſchickt wurde, weil er ſeinen Dienſt, auf Be-
fehl des Koͤnigs George I, der allen Brittiſchen Un-
terthanen Rußland zu dienen verbot, niedergelegt hat-
te. Der Capitaͤn kam nach einiger Zeit wieder los,
und wurde, als er nach England zuruͤcke kam, als
Conſul nach Oſtende geſchickt.
Nachdem mich der Czar bey ſeiner eigenen Divi-
ſion zum Capitaͤn gemacht hatte, bekam ich eine
Compagnie bey dem Aſtrakaniſchen Regimente, wel-
ches damals in Reval ſtand, und erhielt ſogleich Be-
fehl, mich an dieſen Ort zu begeben, um daſelbſt die
Aufſicht uͤber die Feſtungswerke, die der Czar im vori-
gen Jahre entworfen hatte, zu haben, und ſie zu be-
ſchleunigen. Bey meiner Ankunft, den 24ſten Julii,
fand ich, daß ſie ſeit meiner Abreiſe ſehr weit gekom-
men waren. Jch wurde nunmehr bey einem Kauf-
manne in der Stadt einquartiret, der mich in ſein
Luſthaus fuͤhrte, welches er am Ende ſeines Gartens
hatte, und aus einem Keller, einer Stube fuͤr die
Bedienten, und zwey ſchoͤn ausmoͤblirten Zimmern
uͤber denſelben, beſtand. Als der Wirth ſahe, daß
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/257>, abgerufen am 22.11.2024.
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