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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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beladenen Kameele und Vieh über den Fluß schwim-
men, wobey die sich darinn besindlichen Jnseln ihre
Ueberkunft erleichtern. Man muß wissen, daß die
Kalmucken, wenn sie auf eine Unternehmung ausge-
hen, weder nach Brücken noch Bothen fragen; denn
sobald sie an einen Fluß kommen, setzen sie mit ihren
Pferden hinein, springen von selbigen herunter,
halten sich fest an ihre Mähnen bis sie durch sind, se-
tzen sich alsdann wieder auf, und reiten fort. Doch
ich komme wieder auf unsere Fahrt den Fluß hinunter.

Den 2ten Julii kamen wir nach Kamusinski,
welches eine wohlbefestigte Stadt ist, die am Flusse
Kamus liegt, und eine starke Besatzung von Solda-
ten und Kosaken hat. Man hatte hier angefangen,
einen Canal zwischen den beyden Flüssen, der Wolga
und dem Don oder Tanais, zu machen, um eine Com-
munication zwischen diesen Flüssen herzustellen, der
aber, nachdem man schon weit damit gekommen war,
wegen der vielen harten Felsen, die man antraf, und
bloß durch Sprengen mit vieler Zeit und großen Ko-
sten weggeschafft werden mußten, für unmöglich be-
funden wurde. Kamus gegenüber gehet ein Arm
von der Wolga eine Werste lang gegen Nordost in
das Land hinein, dem Laufe des großen Flusses gerade
entgegen, nimmt aber alsdann seinen gewöhnlichen
Lauf gegen Südosten, und geht so fort, bis er in das
Caspische Meer fällt. Ungefähr 40 Meilen von
hier, und in einer kleinen Entfernung auf der Seite
des Flusses, siehet man die Ruinen einer großen
Stadt, die vor diesem Czarefgorod geheißen hat, und,
wie erzählet wird, vom Tamerlan erbauet worden ist.
Jhr Schloß und Mauern waren von Ziegelsteinen,

welche

beladenen Kameele und Vieh uͤber den Fluß ſchwim-
men, wobey die ſich darinn beſindlichen Jnſeln ihre
Ueberkunft erleichtern. Man muß wiſſen, daß die
Kalmucken, wenn ſie auf eine Unternehmung ausge-
hen, weder nach Bruͤcken noch Bothen fragen; denn
ſobald ſie an einen Fluß kommen, ſetzen ſie mit ihren
Pferden hinein, ſpringen von ſelbigen herunter,
halten ſich feſt an ihre Maͤhnen bis ſie durch ſind, ſe-
tzen ſich alsdann wieder auf, und reiten fort. Doch
ich komme wieder auf unſere Fahrt den Fluß hinunter.

Den 2ten Julii kamen wir nach Kamuſinski,
welches eine wohlbefeſtigte Stadt iſt, die am Fluſſe
Kamus liegt, und eine ſtarke Beſatzung von Solda-
ten und Koſaken hat. Man hatte hier angefangen,
einen Canal zwiſchen den beyden Fluͤſſen, der Wolga
und dem Don oder Tanais, zu machen, um eine Com-
munication zwiſchen dieſen Fluͤſſen herzuſtellen, der
aber, nachdem man ſchon weit damit gekommen war,
wegen der vielen harten Felſen, die man antraf, und
bloß durch Sprengen mit vieler Zeit und großen Ko-
ſten weggeſchafft werden mußten, fuͤr unmoͤglich be-
funden wurde. Kamus gegenuͤber gehet ein Arm
von der Wolga eine Werſte lang gegen Nordoſt in
das Land hinein, dem Laufe des großen Fluſſes gerade
entgegen, nimmt aber alsdann ſeinen gewoͤhnlichen
Lauf gegen Suͤdoſten, und geht ſo fort, bis er in das
Caspiſche Meer faͤllt. Ungefaͤhr 40 Meilen von
hier, und in einer kleinen Entfernung auf der Seite
des Fluſſes, ſiehet man die Ruinen einer großen
Stadt, die vor dieſem Czarefgorod geheißen hat, und,
wie erzaͤhlet wird, vom Tamerlan erbauet worden iſt.
Jhr Schloß und Mauern waren von Ziegelſteinen,

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[286/0296] beladenen Kameele und Vieh uͤber den Fluß ſchwim- men, wobey die ſich darinn beſindlichen Jnſeln ihre Ueberkunft erleichtern. Man muß wiſſen, daß die Kalmucken, wenn ſie auf eine Unternehmung ausge- hen, weder nach Bruͤcken noch Bothen fragen; denn ſobald ſie an einen Fluß kommen, ſetzen ſie mit ihren Pferden hinein, ſpringen von ſelbigen herunter, halten ſich feſt an ihre Maͤhnen bis ſie durch ſind, ſe- tzen ſich alsdann wieder auf, und reiten fort. Doch ich komme wieder auf unſere Fahrt den Fluß hinunter. Den 2ten Julii kamen wir nach Kamuſinski, welches eine wohlbefeſtigte Stadt iſt, die am Fluſſe Kamus liegt, und eine ſtarke Beſatzung von Solda- ten und Koſaken hat. Man hatte hier angefangen, einen Canal zwiſchen den beyden Fluͤſſen, der Wolga und dem Don oder Tanais, zu machen, um eine Com- munication zwiſchen dieſen Fluͤſſen herzuſtellen, der aber, nachdem man ſchon weit damit gekommen war, wegen der vielen harten Felſen, die man antraf, und bloß durch Sprengen mit vieler Zeit und großen Ko- ſten weggeſchafft werden mußten, fuͤr unmoͤglich be- funden wurde. Kamus gegenuͤber gehet ein Arm von der Wolga eine Werſte lang gegen Nordoſt in das Land hinein, dem Laufe des großen Fluſſes gerade entgegen, nimmt aber alsdann ſeinen gewoͤhnlichen Lauf gegen Suͤdoſten, und geht ſo fort, bis er in das Caspiſche Meer faͤllt. Ungefaͤhr 40 Meilen von hier, und in einer kleinen Entfernung auf der Seite des Fluſſes, ſiehet man die Ruinen einer großen Stadt, die vor dieſem Czarefgorod geheißen hat, und, wie erzaͤhlet wird, vom Tamerlan erbauet worden iſt. Jhr Schloß und Mauern waren von Ziegelſteinen, welche

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/296>, abgerufen am 22.11.2024.