außer dem Weine, Meeth und dem Branntweine, ziem- lich gutes Bier in Astrakan. Jhr Vieh ist fast wie der Kalmucken ihres. Die Nogayer sind schöner von Person als die Kalmucken, besonders ihre Wei- ber. Die Männer tragen einen weiten Rock von grobem Tuche, und über diesen eine Art eines Man- tels von Schaffellen, die Wolle auswärts gekehret, wie auch dergleichen Mütze, nur daß diese gemeinig- lich schwarz ist. Jhre Weiber sind in weiße Lein- wand gekleidet, und haben eine Haube mit Falten auf ihren Köpfen, woran eine Menge Silbermünze auf beyden Seiten herab hängt. Das Clima ist hier sehr heiß, und im Monat September und October ist die Hitze viel größer als in England in den Hundsta- gen; dessen ungeachtet ist der Winter, der aber sel- ten über zwey Monate dauert, so außerordentlich kalt, daß dieser große Fluß über und über gefriert, und das Eis dick genug ist, Pferde und Schlitten zu tragen.
An der Seite der Wolga gegen Westen, nach demSalzsteppen um Astrakan. Euxinischen Meere zu, liegt eine große Steppe, die über 350 Werste lang ist, und gegen Süden am Ufer des Caspischen Meeres ist ebenfalls eine befind- lich, die fast 400 Werste lang ist. Jn diesen uner- meßlichen Weiten ist weder eine Stadt noch ein Dorf zu sehen, wie man denn auch weder einen Hügel noch ei- nen Baum, sondern nur hier und da einen mit Gras bewachsenen Fleck findet. Es giebt auch kein Wasser daselbst, als den Fluß Kisliar oder einige stehende Sümpfe gesalzenen Wassers. Dessen ungeachtet fin- det man häufiges Salz in diesen Wüsteneyen; denn 10 oder 20 Werste von Astrakan giebt es große
Salzadern,
T 3
außer dem Weine, Meeth und dem Branntweine, ziem- lich gutes Bier in Aſtrakan. Jhr Vieh iſt faſt wie der Kalmucken ihres. Die Nogayer ſind ſchoͤner von Perſon als die Kalmucken, beſonders ihre Wei- ber. Die Maͤnner tragen einen weiten Rock von grobem Tuche, und uͤber dieſen eine Art eines Man- tels von Schaffellen, die Wolle auswaͤrts gekehret, wie auch dergleichen Muͤtze, nur daß dieſe gemeinig- lich ſchwarz iſt. Jhre Weiber ſind in weiße Lein- wand gekleidet, und haben eine Haube mit Falten auf ihren Koͤpfen, woran eine Menge Silbermuͤnze auf beyden Seiten herab haͤngt. Das Clima iſt hier ſehr heiß, und im Monat September und October iſt die Hitze viel groͤßer als in England in den Hundsta- gen; deſſen ungeachtet iſt der Winter, der aber ſel- ten uͤber zwey Monate dauert, ſo außerordentlich kalt, daß dieſer große Fluß uͤber und uͤber gefriert, und das Eis dick genug iſt, Pferde und Schlitten zu tragen.
An der Seite der Wolga gegen Weſten, nach demSalzſteppen um Aſtrakan. Euxiniſchen Meere zu, liegt eine große Steppe, die uͤber 350 Werſte lang iſt, und gegen Suͤden am Ufer des Caspiſchen Meeres iſt ebenfalls eine befind- lich, die faſt 400 Werſte lang iſt. Jn dieſen uner- meßlichen Weiten iſt weder eine Stadt noch ein Dorf zu ſehen, wie man denn auch weder einen Huͤgel noch ei- nen Baum, ſondern nur hier und da einen mit Gras bewachſenen Fleck findet. Es giebt auch kein Waſſer daſelbſt, als den Fluß Kisliar oder einige ſtehende Suͤmpfe geſalzenen Waſſers. Deſſen ungeachtet fin- det man haͤufiges Salz in dieſen Wuͤſteneyen; denn 10 oder 20 Werſte von Aſtrakan giebt es große
Salzadern,
T 3
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0303"n="293"/>
außer dem Weine, Meeth und dem Branntweine, ziem-<lb/>
lich gutes Bier in Aſtrakan. Jhr Vieh iſt faſt wie<lb/>
der Kalmucken ihres. Die Nogayer ſind ſchoͤner<lb/>
von Perſon als die Kalmucken, beſonders ihre Wei-<lb/>
ber. Die Maͤnner tragen einen weiten Rock von<lb/>
grobem Tuche, und uͤber dieſen eine Art eines Man-<lb/>
tels von Schaffellen, die Wolle auswaͤrts gekehret,<lb/>
wie auch dergleichen Muͤtze, nur daß dieſe gemeinig-<lb/>
lich ſchwarz iſt. Jhre Weiber ſind in weiße Lein-<lb/>
wand gekleidet, und haben eine Haube mit Falten auf<lb/>
ihren Koͤpfen, woran eine Menge Silbermuͤnze auf<lb/>
beyden Seiten herab haͤngt. Das Clima iſt hier<lb/>ſehr heiß, und im Monat September und October iſt<lb/>
die Hitze viel groͤßer als in England in den Hundsta-<lb/>
gen; deſſen ungeachtet iſt der Winter, der aber ſel-<lb/>
ten uͤber zwey Monate dauert, ſo außerordentlich kalt,<lb/>
daß dieſer große Fluß uͤber und uͤber gefriert, und<lb/>
das Eis dick genug iſt, Pferde und Schlitten zu<lb/>
tragen.</p><lb/><p>An der Seite der Wolga gegen Weſten, nach dem<noteplace="right">Salzſteppen<lb/>
um Aſtrakan.</note><lb/>
Euxiniſchen Meere zu, liegt eine große Steppe, die<lb/>
uͤber 350 Werſte lang iſt, und gegen Suͤden am<lb/>
Ufer des Caspiſchen Meeres iſt ebenfalls eine befind-<lb/>
lich, die faſt 400 Werſte lang iſt. Jn dieſen uner-<lb/>
meßlichen Weiten iſt weder eine Stadt noch ein Dorf zu<lb/>ſehen, wie man denn auch weder einen Huͤgel noch ei-<lb/>
nen Baum, ſondern nur hier und da einen mit Gras<lb/>
bewachſenen Fleck findet. Es giebt auch kein Waſſer<lb/>
daſelbſt, als den Fluß Kisliar oder einige ſtehende<lb/>
Suͤmpfe geſalzenen Waſſers. Deſſen ungeachtet fin-<lb/>
det man haͤufiges Salz in dieſen Wuͤſteneyen; denn<lb/>
10 oder 20 Werſte von Aſtrakan giebt es große<lb/><fwplace="bottom"type="sig">T 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Salzadern,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[293/0303]
außer dem Weine, Meeth und dem Branntweine, ziem-
lich gutes Bier in Aſtrakan. Jhr Vieh iſt faſt wie
der Kalmucken ihres. Die Nogayer ſind ſchoͤner
von Perſon als die Kalmucken, beſonders ihre Wei-
ber. Die Maͤnner tragen einen weiten Rock von
grobem Tuche, und uͤber dieſen eine Art eines Man-
tels von Schaffellen, die Wolle auswaͤrts gekehret,
wie auch dergleichen Muͤtze, nur daß dieſe gemeinig-
lich ſchwarz iſt. Jhre Weiber ſind in weiße Lein-
wand gekleidet, und haben eine Haube mit Falten auf
ihren Koͤpfen, woran eine Menge Silbermuͤnze auf
beyden Seiten herab haͤngt. Das Clima iſt hier
ſehr heiß, und im Monat September und October iſt
die Hitze viel groͤßer als in England in den Hundsta-
gen; deſſen ungeachtet iſt der Winter, der aber ſel-
ten uͤber zwey Monate dauert, ſo außerordentlich kalt,
daß dieſer große Fluß uͤber und uͤber gefriert, und
das Eis dick genug iſt, Pferde und Schlitten zu
tragen.
An der Seite der Wolga gegen Weſten, nach dem
Euxiniſchen Meere zu, liegt eine große Steppe, die
uͤber 350 Werſte lang iſt, und gegen Suͤden am
Ufer des Caspiſchen Meeres iſt ebenfalls eine befind-
lich, die faſt 400 Werſte lang iſt. Jn dieſen uner-
meßlichen Weiten iſt weder eine Stadt noch ein Dorf zu
ſehen, wie man denn auch weder einen Huͤgel noch ei-
nen Baum, ſondern nur hier und da einen mit Gras
bewachſenen Fleck findet. Es giebt auch kein Waſſer
daſelbſt, als den Fluß Kisliar oder einige ſtehende
Suͤmpfe geſalzenen Waſſers. Deſſen ungeachtet fin-
det man haͤufiges Salz in dieſen Wuͤſteneyen; denn
10 oder 20 Werſte von Aſtrakan giebt es große
Salzadern,
Salzſteppen
um Aſtrakan.
T 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/303>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.