Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

ganze Flotte rudern, und sich so viel als möglich an
das Ufer halten, wiewohl man wegen des seichten
Wassers und des vielen starken Rohres, das daselbst
am ganzen Ufer wächst, 4 bis 5 Werste entfernt blei-
ben muß, und man also nicht einmal mit einem Kah-
ne landen kann. Gegen die Nacht erleichterte ein
günstiger Wind die armen müden Soldaten, die den
ganzen Tag mit sauerer Arbeit gerudert hatten. Um
1 Uhr des Morgens regnete es sehr stark; zugleich
donnerte und blitzte es. Des Morgens den 22sten
klärte sich das Wetter wieder auf, und da uns der
Wind den ganzen Tag günstig blieb, so fuhren wir so,
daß wir das Ufer im Gesichte hatten, ankerten diese
Nacht nahe bey Labugin, und hatten 10 Fuß Was-
ser. Diesen Tag machte uns eine Art Fische von derHeringe in
dem Caspi-
schen Meere.

Größe und Gestalt eines Herings, vieles Vergnügen.
Sie schwammen und hüpften beständig auf der Ober-
fläche des Wassers, ohne in die Tiefe zu gehen, ob
wir sie gleich verfolgten und sehr viele davon tödteten.
Wir glaubten, daß dieses ihre beständige Gewohnheit
sey; als wir aber etliche an die Angel gesteckt hatten,
so fiengen wir einen Stöhr und zwey Belugas mit
ihnen, welches uns überzeugte, daß sie deswegen auf
die Oberfläche gehen, damit sie diesen Raubfischen
entgehen mögen, eben so wie sich der fliegende Fisch
erhebt und dadurch der Verfolgung des Delphins ent-
gehet. Diese kleinen Fische haben die Gestalt und
den Geschmack der Heringe, und ich bin überzeugt,
daß sie nichts anders sind.

Den 22sten des Morgens lichteten wir abermalsReise nach
Bustrow.

sehr früh die Anker, hatten noch guten Wind und
verlohren nunmehr das Land aus unserm Gesichte, wie

denn
U 2

ganze Flotte rudern, und ſich ſo viel als moͤglich an
das Ufer halten, wiewohl man wegen des ſeichten
Waſſers und des vielen ſtarken Rohres, das daſelbſt
am ganzen Ufer waͤchſt, 4 bis 5 Werſte entfernt blei-
ben muß, und man alſo nicht einmal mit einem Kah-
ne landen kann. Gegen die Nacht erleichterte ein
guͤnſtiger Wind die armen muͤden Soldaten, die den
ganzen Tag mit ſauerer Arbeit gerudert hatten. Um
1 Uhr des Morgens regnete es ſehr ſtark; zugleich
donnerte und blitzte es. Des Morgens den 22ſten
klaͤrte ſich das Wetter wieder auf, und da uns der
Wind den ganzen Tag guͤnſtig blieb, ſo fuhren wir ſo,
daß wir das Ufer im Geſichte hatten, ankerten dieſe
Nacht nahe bey Labugin, und hatten 10 Fuß Waſ-
ſer. Dieſen Tag machte uns eine Art Fiſche von derHeringe in
dem Caspi-
ſchen Meere.

Groͤße und Geſtalt eines Herings, vieles Vergnuͤgen.
Sie ſchwammen und huͤpften beſtaͤndig auf der Ober-
flaͤche des Waſſers, ohne in die Tiefe zu gehen, ob
wir ſie gleich verfolgten und ſehr viele davon toͤdteten.
Wir glaubten, daß dieſes ihre beſtaͤndige Gewohnheit
ſey; als wir aber etliche an die Angel geſteckt hatten,
ſo fiengen wir einen Stoͤhr und zwey Belugas mit
ihnen, welches uns uͤberzeugte, daß ſie deswegen auf
die Oberflaͤche gehen, damit ſie dieſen Raubfiſchen
entgehen moͤgen, eben ſo wie ſich der fliegende Fiſch
erhebt und dadurch der Verfolgung des Delphins ent-
gehet. Dieſe kleinen Fiſche haben die Geſtalt und
den Geſchmack der Heringe, und ich bin uͤberzeugt,
daß ſie nichts anders ſind.

Den 22ſten des Morgens lichteten wir abermalsReiſe nach
Buſtrow.

ſehr fruͤh die Anker, hatten noch guten Wind und
verlohren nunmehr das Land aus unſerm Geſichte, wie

denn
U 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0317" n="307"/>
ganze Flotte rudern, und &#x017F;ich &#x017F;o viel als mo&#x0364;glich an<lb/>
das Ufer halten, wiewohl man wegen des &#x017F;eichten<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;ers und des vielen &#x017F;tarken Rohres, das da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
am ganzen Ufer wa&#x0364;ch&#x017F;t, 4 bis 5 Wer&#x017F;te entfernt blei-<lb/>
ben muß, und man al&#x017F;o nicht einmal mit einem Kah-<lb/>
ne landen kann. Gegen die Nacht erleichterte ein<lb/>
gu&#x0364;n&#x017F;tiger Wind die armen mu&#x0364;den Soldaten, die den<lb/>
ganzen Tag mit &#x017F;auerer Arbeit gerudert hatten. Um<lb/>
1 Uhr des Morgens regnete es &#x017F;ehr &#x017F;tark; zugleich<lb/>
donnerte und blitzte es. Des Morgens den 22&#x017F;ten<lb/>
kla&#x0364;rte &#x017F;ich das Wetter wieder auf, und da uns der<lb/>
Wind den ganzen Tag gu&#x0364;n&#x017F;tig blieb, &#x017F;o fuhren wir &#x017F;o,<lb/>
daß wir das Ufer im Ge&#x017F;ichte hatten, ankerten die&#x017F;e<lb/>
Nacht nahe bey Labugin, und hatten 10 Fuß Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er. Die&#x017F;en Tag machte uns eine Art Fi&#x017F;che von der<note place="right">Heringe in<lb/>
dem Caspi-<lb/>
&#x017F;chen Meere.</note><lb/>
Gro&#x0364;ße und Ge&#x017F;talt eines Herings, vieles Vergnu&#x0364;gen.<lb/>
Sie &#x017F;chwammen und hu&#x0364;pften be&#x017F;ta&#x0364;ndig auf der Ober-<lb/>
fla&#x0364;che des Wa&#x017F;&#x017F;ers, ohne in die Tiefe zu gehen, ob<lb/>
wir &#x017F;ie gleich verfolgten und &#x017F;ehr viele davon to&#x0364;dteten.<lb/>
Wir glaubten, daß die&#x017F;es ihre be&#x017F;ta&#x0364;ndige Gewohnheit<lb/>
&#x017F;ey; als wir aber etliche an die Angel ge&#x017F;teckt hatten,<lb/>
&#x017F;o fiengen wir einen Sto&#x0364;hr und zwey Belugas mit<lb/>
ihnen, welches uns u&#x0364;berzeugte, daß &#x017F;ie deswegen auf<lb/>
die Oberfla&#x0364;che gehen, damit &#x017F;ie die&#x017F;en Raubfi&#x017F;chen<lb/>
entgehen mo&#x0364;gen, eben &#x017F;o wie &#x017F;ich der fliegende Fi&#x017F;ch<lb/>
erhebt und dadurch der Verfolgung des Delphins ent-<lb/>
gehet. Die&#x017F;e kleinen Fi&#x017F;che haben die Ge&#x017F;talt und<lb/>
den Ge&#x017F;chmack der Heringe, und ich bin u&#x0364;berzeugt,<lb/>
daß &#x017F;ie nichts anders &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>Den 22&#x017F;ten des Morgens lichteten wir abermals<note place="right">Rei&#x017F;e nach<lb/>
Bu&#x017F;trow.</note><lb/>
&#x017F;ehr fru&#x0364;h die Anker, hatten noch guten Wind und<lb/>
verlohren nunmehr das Land aus un&#x017F;erm Ge&#x017F;ichte, wie<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U 2</fw><fw place="bottom" type="catch">denn</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[307/0317] ganze Flotte rudern, und ſich ſo viel als moͤglich an das Ufer halten, wiewohl man wegen des ſeichten Waſſers und des vielen ſtarken Rohres, das daſelbſt am ganzen Ufer waͤchſt, 4 bis 5 Werſte entfernt blei- ben muß, und man alſo nicht einmal mit einem Kah- ne landen kann. Gegen die Nacht erleichterte ein guͤnſtiger Wind die armen muͤden Soldaten, die den ganzen Tag mit ſauerer Arbeit gerudert hatten. Um 1 Uhr des Morgens regnete es ſehr ſtark; zugleich donnerte und blitzte es. Des Morgens den 22ſten klaͤrte ſich das Wetter wieder auf, und da uns der Wind den ganzen Tag guͤnſtig blieb, ſo fuhren wir ſo, daß wir das Ufer im Geſichte hatten, ankerten dieſe Nacht nahe bey Labugin, und hatten 10 Fuß Waſ- ſer. Dieſen Tag machte uns eine Art Fiſche von der Groͤße und Geſtalt eines Herings, vieles Vergnuͤgen. Sie ſchwammen und huͤpften beſtaͤndig auf der Ober- flaͤche des Waſſers, ohne in die Tiefe zu gehen, ob wir ſie gleich verfolgten und ſehr viele davon toͤdteten. Wir glaubten, daß dieſes ihre beſtaͤndige Gewohnheit ſey; als wir aber etliche an die Angel geſteckt hatten, ſo fiengen wir einen Stoͤhr und zwey Belugas mit ihnen, welches uns uͤberzeugte, daß ſie deswegen auf die Oberflaͤche gehen, damit ſie dieſen Raubfiſchen entgehen moͤgen, eben ſo wie ſich der fliegende Fiſch erhebt und dadurch der Verfolgung des Delphins ent- gehet. Dieſe kleinen Fiſche haben die Geſtalt und den Geſchmack der Heringe, und ich bin uͤberzeugt, daß ſie nichts anders ſind. Heringe in dem Caspi- ſchen Meere. Den 22ſten des Morgens lichteten wir abermals ſehr fruͤh die Anker, hatten noch guten Wind und verlohren nunmehr das Land aus unſerm Geſichte, wie denn Reiſe nach Buſtrow. U 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/317
Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/317>, abgerufen am 24.11.2024.