Den 3ten Februar hatten wir starken Wind und eine so unruhige See, daß das Schiff seine Bram- stange und die obere blinde Stange verlor, die beyde auf das Verdeck herunter fielen. Nach diesem hat- ten wir ziemlich gutes Wetter. Den 16ten jagten wir abermals des Morgens im 30. Grade 40. Min. ein Schiff, und holten es gegen zehn Uhr ein. Es steckte eine Holländische Flagge auf, und strich, als wir auf selbiges feuerten. Als wir nahe kamen, gab unser Capitain Befehl, daß der Capitain desselben auf unser Schiff kommen sollte; sie thaten aber als ob sie ihn nicht verstünden. Unser Lieutenant wurde also mit zwölf Mann in der Schaluppe abgeschickt, ihre Briefe zu untersuchen, der denn die Nachricht brachte, daß es ein Holländisches mit Thalern und Tobak beladenes Schiff sey, welches von Curaßoa nach Amsterdam gehe, und vier Französische Passa- giere habe. Wir waren aber alle (den Gouverneur Tinker ausgenommen) der Meynung, daß es, wenn es genau untersucht würde, eine rechtmäßige Prise sey, und der Capitain schien entschlossen zu seyn, es zu behalten. Herr Tinker gab sich alle Mühe es ihm auszureden, und stellte ihm den Verdruß und die Kosten vor, die sich verschiedene Capitains zugezogen hatten, wenn sie Holländische Schiffe an ihrer Fahrt verhindert hatten. Der Capitain Frankland fragte mich um meine Meynung; ich gab ihm zur Antwort, daß ich es, wenn es meine Sache wäre, nicht an sei- ner Fahrt hindern, sondern so lange mit ihm fahren würde, bis ich es genau untersucht hätte, und da ich sowohl die Holländische als Französische Sprache ver- stand, bot ich ihm meinen Beystand an. Allein der
Gouver-
Wir kommen um eine Priſe.
Den 3ten Februar hatten wir ſtarken Wind und eine ſo unruhige See, daß das Schiff ſeine Bram- ſtange und die obere blinde Stange verlor, die beyde auf das Verdeck herunter fielen. Nach dieſem hat- ten wir ziemlich gutes Wetter. Den 16ten jagten wir abermals des Morgens im 30. Grade 40. Min. ein Schiff, und holten es gegen zehn Uhr ein. Es ſteckte eine Hollaͤndiſche Flagge auf, und ſtrich, als wir auf ſelbiges feuerten. Als wir nahe kamen, gab unſer Capitain Befehl, daß der Capitain deſſelben auf unſer Schiff kommen ſollte; ſie thaten aber als ob ſie ihn nicht verſtuͤnden. Unſer Lieutenant wurde alſo mit zwoͤlf Mann in der Schaluppe abgeſchickt, ihre Briefe zu unterſuchen, der denn die Nachricht brachte, daß es ein Hollaͤndiſches mit Thalern und Tobak beladenes Schiff ſey, welches von Curaßoa nach Amſterdam gehe, und vier Franzoͤſiſche Paſſa- giere habe. Wir waren aber alle (den Gouverneur Tinker ausgenommen) der Meynung, daß es, wenn es genau unterſucht wuͤrde, eine rechtmaͤßige Priſe ſey, und der Capitain ſchien entſchloſſen zu ſeyn, es zu behalten. Herr Tinker gab ſich alle Muͤhe es ihm auszureden, und ſtellte ihm den Verdruß und die Koſten vor, die ſich verſchiedene Capitains zugezogen hatten, wenn ſie Hollaͤndiſche Schiffe an ihrer Fahrt verhindert hatten. Der Capitain Frankland fragte mich um meine Meynung; ich gab ihm zur Antwort, daß ich es, wenn es meine Sache waͤre, nicht an ſei- ner Fahrt hindern, ſondern ſo lange mit ihm fahren wuͤrde, bis ich es genau unterſucht haͤtte, und da ich ſowohl die Hollaͤndiſche als Franzoͤſiſche Sprache ver- ſtand, bot ich ihm meinen Beyſtand an. Allein der
Gouver-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0458"n="448"/><noteplace="left">Wir kommen<lb/>
um eine<lb/>
Priſe.</note><p>Den 3ten Februar hatten wir ſtarken Wind und<lb/>
eine ſo unruhige See, daß das Schiff ſeine Bram-<lb/>ſtange und die obere blinde Stange verlor, die beyde<lb/>
auf das Verdeck herunter fielen. Nach dieſem hat-<lb/>
ten wir ziemlich gutes Wetter. Den 16ten jagten<lb/>
wir abermals des Morgens im 30. Grade 40. Min.<lb/>
ein Schiff, und holten es gegen zehn Uhr ein. Es<lb/>ſteckte eine Hollaͤndiſche Flagge auf, und ſtrich, als<lb/>
wir auf ſelbiges feuerten. Als wir nahe kamen, gab<lb/>
unſer Capitain Befehl, daß der Capitain deſſelben<lb/>
auf unſer Schiff kommen ſollte; ſie thaten aber als<lb/>
ob ſie ihn nicht verſtuͤnden. Unſer Lieutenant wurde<lb/>
alſo mit zwoͤlf Mann in der Schaluppe abgeſchickt,<lb/>
ihre Briefe zu unterſuchen, der denn die Nachricht<lb/>
brachte, daß es ein Hollaͤndiſches mit Thalern und<lb/>
Tobak beladenes Schiff ſey, welches von Curaßoa<lb/>
nach Amſterdam gehe, und vier Franzoͤſiſche Paſſa-<lb/>
giere habe. Wir waren aber alle (den Gouverneur<lb/>
Tinker ausgenommen) der Meynung, daß es, wenn<lb/>
es genau unterſucht wuͤrde, eine rechtmaͤßige Priſe<lb/>ſey, und der Capitain ſchien entſchloſſen zu ſeyn, es<lb/>
zu behalten. Herr Tinker gab ſich alle Muͤhe es ihm<lb/>
auszureden, und ſtellte ihm den Verdruß und die<lb/>
Koſten vor, die ſich verſchiedene Capitains zugezogen<lb/>
hatten, wenn ſie Hollaͤndiſche Schiffe an ihrer Fahrt<lb/>
verhindert hatten. Der Capitain Frankland fragte<lb/>
mich um meine Meynung; ich gab ihm zur Antwort,<lb/>
daß ich es, wenn es meine Sache waͤre, nicht an ſei-<lb/>
ner Fahrt hindern, ſondern ſo lange mit ihm fahren<lb/>
wuͤrde, bis ich es genau unterſucht haͤtte, und da ich<lb/>ſowohl die Hollaͤndiſche als Franzoͤſiſche Sprache ver-<lb/>ſtand, bot ich ihm meinen Beyſtand an. Allein der<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Gouver-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[448/0458]
Den 3ten Februar hatten wir ſtarken Wind und
eine ſo unruhige See, daß das Schiff ſeine Bram-
ſtange und die obere blinde Stange verlor, die beyde
auf das Verdeck herunter fielen. Nach dieſem hat-
ten wir ziemlich gutes Wetter. Den 16ten jagten
wir abermals des Morgens im 30. Grade 40. Min.
ein Schiff, und holten es gegen zehn Uhr ein. Es
ſteckte eine Hollaͤndiſche Flagge auf, und ſtrich, als
wir auf ſelbiges feuerten. Als wir nahe kamen, gab
unſer Capitain Befehl, daß der Capitain deſſelben
auf unſer Schiff kommen ſollte; ſie thaten aber als
ob ſie ihn nicht verſtuͤnden. Unſer Lieutenant wurde
alſo mit zwoͤlf Mann in der Schaluppe abgeſchickt,
ihre Briefe zu unterſuchen, der denn die Nachricht
brachte, daß es ein Hollaͤndiſches mit Thalern und
Tobak beladenes Schiff ſey, welches von Curaßoa
nach Amſterdam gehe, und vier Franzoͤſiſche Paſſa-
giere habe. Wir waren aber alle (den Gouverneur
Tinker ausgenommen) der Meynung, daß es, wenn
es genau unterſucht wuͤrde, eine rechtmaͤßige Priſe
ſey, und der Capitain ſchien entſchloſſen zu ſeyn, es
zu behalten. Herr Tinker gab ſich alle Muͤhe es ihm
auszureden, und ſtellte ihm den Verdruß und die
Koſten vor, die ſich verſchiedene Capitains zugezogen
hatten, wenn ſie Hollaͤndiſche Schiffe an ihrer Fahrt
verhindert hatten. Der Capitain Frankland fragte
mich um meine Meynung; ich gab ihm zur Antwort,
daß ich es, wenn es meine Sache waͤre, nicht an ſei-
ner Fahrt hindern, ſondern ſo lange mit ihm fahren
wuͤrde, bis ich es genau unterſucht haͤtte, und da ich
ſowohl die Hollaͤndiſche als Franzoͤſiſche Sprache ver-
ſtand, bot ich ihm meinen Beyſtand an. Allein der
Gouver-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/458>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.