Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 7. 6. Aufl. Leipzig, 1913.
Ste am 3. April 1860 zu Reval in Estlandgeboren, verlebte seine Jugend in Friedrichsheim, besuchte 1872-75 das Gymnasium in Dorpat, 1875-76 dasjenige zu Fellin und trat 1876, um sich der militärischen Karriere zu widmen, in Riga in das russische Heer ein. Wegen eines Jnsubordi- nationsvergehens mußte er 1879 seinen Abschied nehmen, worauf er erst Bahnbeamter, dann Mitarbeiter an der "Revalschen Zeitung" in Re- val wurde. Jm Mai 1881 wanderte er nach Deutschland und kurze Zeit darauf nach Nordamerika aus. Hier teilte er arbeitend das Dasein der Arbeiter, meist in niederster mecha- nischer Berufssphäre -- als Dock- arbeiter, Clerk, Grubenarbeiter und Eisengießer -- u. stand bald -- auch als Reporter und Redakteur der von ihm gegründeten "Neuyersey-Ar- beiter-Zeitung" mitten im sozial- politischen Treiben. Seine schwan- kende Gesundheit nötigte ihn indes- sen, im Frühling 1885 nach Europa zurückzukehren. Über London, Paris und Basel begab er sich nach Zürich, wo er sich an der Hochschule philo- sophischen Studien widmete. Ver- mögensverhältnisse und andere, hier nicht näher zu erörternde Umstände zwangen ihn, im Frühling 1888 sein Studium zu unterbrechen, um die Stellung eines Redakteurs am demo- kratischen "Züricher Volksblatt" zu übernehmen, die er bis zum Herbst 1890 innehatte. Danach bekleidete er eine literarische Stellung an der Verlags- und Kunstanstalt "Helve- tia" in Zürich und begründete am 1. Juli 1892 daselbst zugleich mit einer Verlagsanstalt die Monats- schrift "Sterns Literarisches Bulletin der Schweiz", die beide bis 1898 Be- stand hatten. Jn dieser ganzen Zeit war er Gegenstand maßloser politi- scher Verfolgungen gewesen, die schließlich mit seinem wirtschaftlichen Ruin endeten. Er verließ die Schweiz, [Spaltenumbruch] Ste lebte einige Jahre auf Reisen u. ließ sich1903 in Linz a. Donau nieder. - Außer einer Reihe sozialpolitischer Schriften veröffentlichte er S: Proletarier-Lie- Stern, Max Emanuel, psd. Ernst *
Ste am 3. April 1860 zu Reval in Eſtlandgeboren, verlebte ſeine Jugend in Friedrichsheim, beſuchte 1872–75 das Gymnaſium in Dorpat, 1875–76 dasjenige zu Fellin und trat 1876, um ſich der militäriſchen Karriere zu widmen, in Riga in das ruſſiſche Heer ein. Wegen eines Jnſubordi- nationsvergehens mußte er 1879 ſeinen Abſchied nehmen, worauf er erſt Bahnbeamter, dann Mitarbeiter an der „Revalſchen Zeitung“ in Re- val wurde. Jm Mai 1881 wanderte er nach Deutſchland und kurze Zeit darauf nach Nordamerika aus. Hier teilte er arbeitend das Daſein der Arbeiter, meiſt in niederſter mecha- niſcher Berufsſphäre — als Dock- arbeiter, Clerk, Grubenarbeiter und Eiſengießer — u. ſtand bald — auch als Reporter und Redakteur der von ihm gegründeten „Neuyerſey-Ar- beiter-Zeitung“ mitten im ſozial- politiſchen Treiben. Seine ſchwan- kende Geſundheit nötigte ihn indeſ- ſen, im Frühling 1885 nach Europa zurückzukehren. Über London, Paris und Baſel begab er ſich nach Zürich, wo er ſich an der Hochſchule philo- ſophiſchen Studien widmete. Ver- mögensverhältniſſe und andere, hier nicht näher zu erörternde Umſtände zwangen ihn, im Frühling 1888 ſein Studium zu unterbrechen, um die Stellung eines Redakteurs am demo- kratiſchen „Züricher Volksblatt“ zu übernehmen, die er bis zum Herbſt 1890 innehatte. Danach bekleidete er eine literariſche Stellung an der Verlags- und Kunſtanſtalt „Helve- tia“ in Zürich und begründete am 1. Juli 1892 daſelbſt zugleich mit einer Verlagsanſtalt die Monats- ſchrift „Sterns Literariſches Bulletin der Schweiz“, die beide bis 1898 Be- ſtand hatten. Jn dieſer ganzen Zeit war er Gegenſtand maßloſer politi- ſcher Verfolgungen geweſen, die ſchließlich mit ſeinem wirtſchaftlichen Ruin endeten. Er verließ die Schweiz, [Spaltenumbruch] Ste lebte einige Jahre auf Reiſen u. ließ ſich1903 in Linz a. Donau nieder. – Außer einer Reihe ſozialpolitiſcher Schriften veröffentlichte er S: Proletarier-Lie- Stern, Max Emanuel, pſd. Ernſt *
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Ste
Ste
am 3. April 1860 zu Reval in Eſtland
geboren, verlebte ſeine Jugend in
Friedrichsheim, beſuchte 1872–75
das Gymnaſium in Dorpat, 1875–76
dasjenige zu Fellin und trat 1876,
um ſich der militäriſchen Karriere zu
widmen, in Riga in das ruſſiſche
Heer ein. Wegen eines Jnſubordi-
nationsvergehens mußte er 1879
ſeinen Abſchied nehmen, worauf er
erſt Bahnbeamter, dann Mitarbeiter
an der „Revalſchen Zeitung“ in Re-
val wurde. Jm Mai 1881 wanderte
er nach Deutſchland und kurze Zeit
darauf nach Nordamerika aus. Hier
teilte er arbeitend das Daſein der
Arbeiter, meiſt in niederſter mecha-
niſcher Berufsſphäre — als Dock-
arbeiter, Clerk, Grubenarbeiter und
Eiſengießer — u. ſtand bald — auch
als Reporter und Redakteur der
von ihm gegründeten „Neuyerſey-Ar-
beiter-Zeitung“ mitten im ſozial-
politiſchen Treiben. Seine ſchwan-
kende Geſundheit nötigte ihn indeſ-
ſen, im Frühling 1885 nach Europa
zurückzukehren. Über London, Paris
und Baſel begab er ſich nach Zürich,
wo er ſich an der Hochſchule philo-
ſophiſchen Studien widmete. Ver-
mögensverhältniſſe und andere, hier
nicht näher zu erörternde Umſtände
zwangen ihn, im Frühling 1888 ſein
Studium zu unterbrechen, um die
Stellung eines Redakteurs am demo-
kratiſchen „Züricher Volksblatt“ zu
übernehmen, die er bis zum Herbſt
1890 innehatte. Danach bekleidete
er eine literariſche Stellung an der
Verlags- und Kunſtanſtalt „Helve-
tia“ in Zürich und begründete am
1. Juli 1892 daſelbſt zugleich mit
einer Verlagsanſtalt die Monats-
ſchrift „Sterns Literariſches Bulletin
der Schweiz“, die beide bis 1898 Be-
ſtand hatten. Jn dieſer ganzen Zeit
war er Gegenſtand maßloſer politi-
ſcher Verfolgungen geweſen, die
ſchließlich mit ſeinem wirtſchaftlichen
Ruin endeten. Er verließ die Schweiz,
lebte einige Jahre auf Reiſen u. ließ ſich
1903 in Linz a. Donau nieder. – Außer
einer Reihe ſozialpolitiſcher Schriften
veröffentlichte er
S: Proletarier-Lie-
der (Geſammelte Dn., dem arbeiten-
den Volke gewidmet), 1885. 2. A. u.
d. T.: Stimmen im Sturm, 1888. –
Excelſior! (Neue Lr.), 1889. – Höhen-
rauch (Neue Ge.), 1890. – Sonnen-
ſtaub (Neue Lr.), 1891. – Aus dem
Tagebuch eines Enthaltſamen (Apho-
rismen), 1891. – Ausgewählte Ge-
dichte, 1891. – Nebenſonnen (Neue
Ge.), 1892. – Mattgold (Neue Dn.),
1893. – Die Jnſel Ahasvers (Ep. G.),
1893. – Von jenſeit des Meeres
(Amerik. Sk.), 1890. – Aus den Pa-
pieren eines Schwärmers, 1893. –
Stimmen der Stille (Gedanken über
Gott, Natur und Leben), 1894. –
Erſter Frühling (Son. und andere
Ge.), 1894. – Walter Wendrich (R.
a. d. Gegenwart), 1895. – Dagmar,
Leſſeps und andere Gedichte, 1895. –
Walter Wendrichs neue Lieder, 1897.
– An den ſchweizeriſchen Bundesrat
(G.), 1897. – Lieder eines Buchhänd-
lers (Neue Ge.), 1898. – Diomed
(Schſp.), 1899. – Waldſkizzen aus
Öſterreich, 1901. – Abendlicht (Neue
Ge.), 1901. – Das Richtſchwert von
Tabor und andere Novellen, 1901. –
Blumen und Blitze (Neue Dn.), 1902.
– Typen und Geſtalten moderner
Belletriſtik und Philoſophie, 1902. –
Sonnenwolken (Neue Strophen),
1904. – Der Seiltänzer und andere
Erzählungen, 1905. – Lieder aus
dem Zaubertal, 1905. – Donner und
Lerche (Neue Ge.), 1907. – Geſam-
melte Erzählungen, 1906. – Geſam-
melte Gedichte, 1906. – Wilhelm Jor-
dan, ein deutſches Dichter- und Cha-
rakterbild, 1910. – Wildfeuer (Neue
V.), 1911.
Stern, Max Emanuel, pſd. Ernſt
u. als hebräiſcher Schriftſteller Men-
delbri Stern, wurde am 9. Nov.
1811 zu Preßburg geboren, wo ſein
Vater, ein ſtrenger Talmudiſt, ein
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