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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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sen sei. Darin liegt bei so vielen analogen Erscheinungen
künstlerischer Vielseitigkeit nichts Auffallendes. Schwierig-
keiten der Erklärung sind nur die Worte des Plinius unter-
worfen, mit denen er eines der Werke des Phidias berührt:
er habe clypeum oder Olympium Athenis gemalt. Die
erste Lesart hat die Auctorität der besten Handschrift für sich;
und einen guten Sinn giebt auch sie; denn wenige Zeilen wei-
ter lesen wir von Panaenos: clypeum intus pinxit Elide Mi-
nervae. Nur vermisst man freilich ungern den Namen dessen,
welcher den Schild trug. Wenn ich früher 1) an die Proma-
chos gedacht habe, so nehme ich diese Deutung auf die Mah-
nung Preller's 2) jetzt zurück, da allerdings Malereien an dem
Schilde einer Statue aus Erz schwer denkbar sind. Aber auch
die andere Lesart Olympium, welche man auf Malereien am
Tempel des olympischen Zeus zu Athen bezogen hat 3), bietet
der Erklärung Schwierigkeiten. Dieser Tempel war zu Phi-
dias Zeit nur halb vollendet, und bewundert ward an ihm
vorzugsweise die Grossartigkeit der Anlage. Nun hätte freilich
ein Theil, die Celle, welche Raum für Gemälde darbot, voll-
endet sein können. Allein darüber fehlen ausdrückliche Zeug-
nisse, wenigstens aber müsste nachgewiesen werden, dass in
ihm vor der späteren Fortsetzung des Baues wirklich Handlun-
gen des Cultus vorgenommen wurden. Dazu kommt nun noch
die bestimmte Ueberlieferung, dass der Bau aus Hass gegen
die Pisistratiden, welche ihn begonnen, liegen geblieben sei.
Um dieser Schwierigkeit zu begegnen, hat man zu einer wei-
teren Hypothese greifen müssen, nemlich: nicht Hass gegen
die Pisistratiden sei der Grund der Unterbrechung gewesen,
sondern die Besorgniss des Perikles, durch Förderung dieses
Baues ähnlicher politischer Bestrebungen verdächtig zu werden,
wie die waren, welche Pisistratos verhasst gemacht hatten;
Kimon dagegen habe noch ohne Hehl an dem Baue fortarbeiten
lassen. Wie dem auch sei, so viel ist klar, dass wir nicht
über Vermuthungen hinauskommen, und da für die Zwecke
unserer Untersuchungen wenig darauf ankommt, so mag auch
die Frage für jetzt unentschieden bleiben.

1) Art. lib. Gr. temp. p. 29.
2) S. 167.
3) Jacobs in der Amalthea II,
S. 247 flgd.

sen sei. Darin liegt bei so vielen analogen Erscheinungen
künstlerischer Vielseitigkeit nichts Auffallendes. Schwierig-
keiten der Erklärung sind nur die Worte des Plinius unter-
worfen, mit denen er eines der Werke des Phidias berührt:
er habe clypeum oder Olympium Athenis gemalt. Die
erste Lesart hat die Auctorität der besten Handschrift für sich;
und einen guten Sinn giebt auch sie; denn wenige Zeilen wei-
ter lesen wir von Panaenos: clypeum intus pinxit Elide Mi-
nervae. Nur vermisst man freilich ungern den Namen dessen,
welcher den Schild trug. Wenn ich früher 1) an die Proma-
chos gedacht habe, so nehme ich diese Deutung auf die Mah-
nung Preller’s 2) jetzt zurück, da allerdings Malereien an dem
Schilde einer Statue aus Erz schwer denkbar sind. Aber auch
die andere Lesart Olympium, welche man auf Malereien am
Tempel des olympischen Zeus zu Athen bezogen hat 3), bietet
der Erklärung Schwierigkeiten. Dieser Tempel war zu Phi-
dias Zeit nur halb vollendet, und bewundert ward an ihm
vorzugsweise die Grossartigkeit der Anlage. Nun hätte freilich
ein Theil, die Celle, welche Raum für Gemälde darbot, voll-
endet sein können. Allein darüber fehlen ausdrückliche Zeug-
nisse, wenigstens aber müsste nachgewiesen werden, dass in
ihm vor der späteren Fortsetzung des Baues wirklich Handlun-
gen des Cultus vorgenommen wurden. Dazu kommt nun noch
die bestimmte Ueberlieferung, dass der Bau aus Hass gegen
die Pisistratiden, welche ihn begonnen, liegen geblieben sei.
Um dieser Schwierigkeit zu begegnen, hat man zu einer wei-
teren Hypothese greifen müssen, nemlich: nicht Hass gegen
die Pisistratiden sei der Grund der Unterbrechung gewesen,
sondern die Besorgniss des Perikles, durch Förderung dieses
Baues ähnlicher politischer Bestrebungen verdächtig zu werden,
wie die waren, welche Pisistratos verhasst gemacht hatten;
Kimon dagegen habe noch ohne Hehl an dem Baue fortarbeiten
lassen. Wie dem auch sei, so viel ist klar, dass wir nicht
über Vermuthungen hinauskommen, und da für die Zwecke
unserer Untersuchungen wenig darauf ankommt, so mag auch
die Frage für jetzt unentschieden bleiben.

1) Art. lib. Gr. temp. p. 29.
2) S. 167.
3) Jacobs in der Amalthea II,
S. 247 flgd.
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[188/0201] sen sei. Darin liegt bei so vielen analogen Erscheinungen künstlerischer Vielseitigkeit nichts Auffallendes. Schwierig- keiten der Erklärung sind nur die Worte des Plinius unter- worfen, mit denen er eines der Werke des Phidias berührt: er habe clypeum oder Olympium Athenis gemalt. Die erste Lesart hat die Auctorität der besten Handschrift für sich; und einen guten Sinn giebt auch sie; denn wenige Zeilen wei- ter lesen wir von Panaenos: clypeum intus pinxit Elide Mi- nervae. Nur vermisst man freilich ungern den Namen dessen, welcher den Schild trug. Wenn ich früher 1) an die Proma- chos gedacht habe, so nehme ich diese Deutung auf die Mah- nung Preller’s 2) jetzt zurück, da allerdings Malereien an dem Schilde einer Statue aus Erz schwer denkbar sind. Aber auch die andere Lesart Olympium, welche man auf Malereien am Tempel des olympischen Zeus zu Athen bezogen hat 3), bietet der Erklärung Schwierigkeiten. Dieser Tempel war zu Phi- dias Zeit nur halb vollendet, und bewundert ward an ihm vorzugsweise die Grossartigkeit der Anlage. Nun hätte freilich ein Theil, die Celle, welche Raum für Gemälde darbot, voll- endet sein können. Allein darüber fehlen ausdrückliche Zeug- nisse, wenigstens aber müsste nachgewiesen werden, dass in ihm vor der späteren Fortsetzung des Baues wirklich Handlun- gen des Cultus vorgenommen wurden. Dazu kommt nun noch die bestimmte Ueberlieferung, dass der Bau aus Hass gegen die Pisistratiden, welche ihn begonnen, liegen geblieben sei. Um dieser Schwierigkeit zu begegnen, hat man zu einer wei- teren Hypothese greifen müssen, nemlich: nicht Hass gegen die Pisistratiden sei der Grund der Unterbrechung gewesen, sondern die Besorgniss des Perikles, durch Förderung dieses Baues ähnlicher politischer Bestrebungen verdächtig zu werden, wie die waren, welche Pisistratos verhasst gemacht hatten; Kimon dagegen habe noch ohne Hehl an dem Baue fortarbeiten lassen. Wie dem auch sei, so viel ist klar, dass wir nicht über Vermuthungen hinauskommen, und da für die Zwecke unserer Untersuchungen wenig darauf ankommt, so mag auch die Frage für jetzt unentschieden bleiben. 1) Art. lib. Gr. temp. p. 29. 2) S. 167. 3) Jacobs in der Amalthea II, S. 247 flgd.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/201>, abgerufen am 22.11.2024.